19. Das Geburtstagsfest

molly

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Das Geburtstagsfest

Herrliche Zeiten brachen für die Kinder an, im Winter lag viel Schnee im Dorf. Sie bauten Schneemänner und Schneeburgen, rodelten von der Straße den Weg hinunter bis fast zum Bach und übten sich an den kleinen Hängen im Ski laufen. Wenn Michaels Vater die Kinder begleitete, ging David mit, sprach aber nur sehr wenig. Sein Vater litt noch an den schlimmen Unfallverletzungen. Es würde sehr lange dauern, bis er mit David wieder Ski fahren konnte.
In jenem Winter lebte David mehr bei Michael als bei sich zu Hause. An manchen Tagen aß er mit, half auch beim Tischdecken und abräumen. Sie stritten selten, nur wenn die Prinzessin dazu kam, gab es Krach.
„Ich kann dich nicht leiden!" schimpfte David einmal und die Prinzessin rümpfte die Nase. Sie spielte viel lieber nur mit Nele.

Diese friedliche Zeit endete mit Sabinchens Geburtstag, Mitte Februar. Florians kleine Schwester wurde drei Jahre alt. Sie lud die Prinzessin, Klaus, Nele, David und Michael zu ihrem Fest ein.
„Heute ist mein Geburtstag!" verkündete sie stolz, „ihr dürft mir alle etwas schenken!" Sie klatschte dabei in die Hände und drehte sich im Kreis. Neles kleines Stoffpüppchen gefiel ihr am besten. „Das ist lieb“, jauchzte sie, „das darf mit mir schlafen!"
„Und meine Farbstifte gefallen dir gar nicht?" fragte David.
„Sind nicht mehr deine, du hast sie ihr geschenkt!" bemerkte Florian. Sabinchen lächelte David an und sagte: „Ja, sind jetzt meine schönen Farbstifte!" David nickte zufrieden. Die Kinder aßen Torte und danach spielten sie, aber nicht lange. Jedes Mal, wenn David bei einem Spiel nicht gewann, schimpfte er.
„Das macht euch richtig Spaß, wenn ich verliere“, fauchte er beim Dominospiel. Beim Memory stöhnte er: „Ihr nehmt mir alle Karten weg! Ihr gönnt mir nichts und lacht auch noch darüber!"

Die Prinzessin warf die Zöpfe zurück und rümpfte die Nase. Michael rief: „Ach hör doch auf!“ Sabinchen starrte David mit offenem Mund und großen Augen an. Sie begriff nicht, warum er bei jedem Spiel etwas zu meckern hatte.
Frau Weber, Sabinchens und Florians Mutter, räumte die Spiele weg und las eine Geschichte vor. David legte sich dabei auf den Boden und gähnte laut. Dann lud das Geburtstagskind zur Kissenschlacht in ihr Zimmer ein. Auf dem Boden lagen viele, kleine Kissen, die Kinder schnappten sie sich begeistert. Sie tobten gemeinsam, bis David von Michaels Kissen im Gesicht getroffen wurde. Er versuchte noch nach hinten ausweichen, purzelte dabei aber über Sabinchen. Nun lagen sie weinend am Boden, Sabinchen mit blutender Nase und David hatte eine Beule am Kopf. Frau Weber tröstete die beiden.

„Michael ist an allem schuld!" klagte David. Doch Frau Weber meinte, dass David auch keinen guten Tag habe.
„Ja, ja, immer ich“, jammerte er und presste das nasse Taschentuch auf die Stirn. Michael entschuldigte sich bei Sabinchen und David. Sabinchen lachte schon wieder, David verzieh ihm nicht so schnell.
„Was möchtest du jetzt gerne machen, David?“ fragte Frau Weber.
„Malen“, antwortete er. Sie gab ihm Papier und Buntstifte und David setzte sich zufrieden an den Tisch.
„Sabinchen, wir feiern heute deinen Geburtstag. Was möchtest du spielen?" erkundigte sie sich.
„Watte pusten, verstecken und raten“, antwortete Sabinchen und in genau dieser Reihenfolge spielten sie.
„Warum muss ich immer alleine malen?" maulte David. Aber Frau Weber hatte genug von den Streitereien und sagte: „Du hast dir das gewünscht. Mit uns kannst du nur spielen, wenn du dich nicht mehr über ein verlorenes Spiel ärgerst!"
„Ich möchte lieber mit euch spielen“, bat er.
„Na, gut, aber bitte denke daran, dass ich mich nicht mehr ärgern mag!" entschied sie. David nickte und die Kinder spielten friedlich, bis Sabinchens Vater nach Hause kam. Frau Weber richtete das Festessen an und alle schlürften Spagetti und Tomatensoße.

Nach dem Essen stellte Herr Weber eine große Tüte auf den Tisch und hielt sie geheimnisvoll zu.
„Was habe ich hier?" fragte er und die Kinder rieten: Äpfel, Bücher, Rollschuhe. Aber er schüttelte nur den Kopf und half ihnen weiter. „Es ist etwas zum Aufsetzen!" sagte er.
„Eine Mütze“ riefen David und die Prinzessin gleichzeitig. Herr Weber holte sieben rote Mützen aus der Tüte. Er hatte sie in seiner Firma geschenkt bekommen. Die erste setzte er Sabinchen auf.
„Jetzt bekomme ich eine, ich, ich habe es erraten!" rief David.
"Die Prinzessin auch“, sagte Florian. Der Vater hielt David eine Mütze hin, doch nun wollte er sie nicht mehr.
„Gib sie doch der Zicke, ich brauche nichts von euch!" schrie er und lief in den Flur. Er riss seine Jacke vom Haken und verließ das Haus. Erst wollte Michael ihn aufhalten. Doch Frau Weber meinte, eines Tages würde er sich die Mütze schon holen und legte sie in den Schrank. Sie scheuchte die Kinder alle noch einmal in Sabinchens Zimmer und erzählte ihnen zum Abschluss eine schöne Geschichte. Schade, dass David sie nicht hören konnte, diese Geschichte hätte ihm sicher gefallen.
*
Michaels Mutter freute sich mit den Kindern über die hübschen Mützen und nannte sie "Rotkäppchenfreunde"! Das gefiel ihnen und sie setzten die leuchtenden Käppchen immer auf, wenn sie draußen zusammen spielten. Nur Sabinchen klemmte ihre manchmal unter den rechten Arm und nuckelte am rechten Daumen.
Seit Sabinchens Geburtstagsfeier vor drei Tagen hatte David sich nicht wieder sehen lassen. Als Frau Weber vom Einkaufen zurückkam, blieb sie bei den Kindern auf der Straße stehen.
„Wollt ihr nicht David besuchen? Er spielt allein in seinem Hof“, sagte sie. Die Prinzessin schüttelte den Kopf und antwortete: „Der ärgert uns nur!"
„Ihr könnt ihn einladen, seine Mütze zu holen!" schlug sie vor.
„Mal sehen“, meinte Florian und sie ging zufrieden nach Hause.

„Wir stimmen ab“, sagte Michael. „Wer ist dafür, David zu besuchen?" Die Buben und Sabinchen hoben die Hand. „Dann sind wir zwei dagegen“, stellte die Prinzessin zu Nele gewandt fest.
„Ich bin auch dagegen“, sagte Sabinchen.
„Eben wolltest du aber zu David gehen“, erwiderte Michael.
Sie nahm den Daumen wieder aus dem Mund und erklärte: „Ich will alles beide." Dann nuckelte sie weiter. Die Kinder redeten noch eine Weile darüber, entschlossen sich aber doch, David zu besuchen. Sie setzten ihre Mützen auf. Sabinchen hielt ihre daumenlutschend unterm Arm fest. So zogen sie bis zur Querstraße. David, gegenüber auf dem Bauernhof, war nicht mehr allein. Rudi und dessen Freunde Rolf und Heiner, standen neben ihm.
„He, David, kommst du morgen zu uns?" fragte Michael. David kam zur Straße, blieb aber auf der anderen Seite stehen.
„Ich? Zu euch kommen? Nie und nimmer, ich spiele nicht mehr mit kleinen Kindern." Er deutete auf Rudi, Rolf und Heiner und sagte: „Meine Freunde gehören jetzt zu mir, zur David Bande."
Die Prinzessin rümpfte die Nase. Sie warf ihre Zöpfe zurück und rief David erbost zu: „Wir sind die Rotkäppchen, wir haben auch eine Bande!"
„Jawohl, wir haben auch eine Tante!" bekräftigte Sabinchen. Sie setzte die Mütze wieder auf, natürlich verkehrt herum. David und seine Freunde lachten spöttisch.

„Seht euch diesen Kindergarten an“, rief David aus. Dann hob er drohend die Faust. „Haut ab, wir wollen euch hier nicht mehr sehen!" Er hängte sich bei Rudi und Heiner ein und verschwand mit ihnen in der Scheune.
Die Kinder trotteten nach Hause und erzählten Frau Weber von der Begegnung. Sie meinte: „Eines Tages kommt David wieder zu euch. Vielleicht wird er eure Freundschaft brauchen!"
„Wir sind genug Freunde. Ich will David nicht mehr dabei haben“, sagte die Prinzessin. Alle nickten und Michael kam sich vor wie Klaus, der auch nur nickte, wenn seine Schwester etwas sagte.
„Jedenfalls werden wir Rotkäppchen der David Bande aus dem Weg gehen“, erklärte Michael. Wie freute er sich, als bei seinem Vorschlag die Prinzessin nickte.

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Die nächste Geschichte berichtet von Davids Bande
 



 
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