David und seine Bande
David ging nicht mehr allein in die Neubausiedlung. Stets begleiteten ihn Rudi, Heiner und Rolf. Wenn die Kinder diese vier sahen, flüchteten sie in den Forsthausgarten. Dort waren sie am sichersten, denn um das ganze Haus des Försters gab es einen Zaun. Da konnte Rudi nicht drüber steigen.
Einmal aber erwischten sie Nele. Sie kam gerade aus dem Laden. Heiner befahl ihr mit ihm zu gehen, sie sollte etwas für die Bande erledigen. Nele weigerte sich. Heiner packte sie grob am Arm und Rudi drohte: „Wenn du jemand davon erzählst, verhauen wir dich und deine Freunde.“ Heiner verstärkte den Druck auf ihrem Arm. Kein Erwachsener war in der Nähe. Niemand konnte ihr helfen. Ihr blieb nichts anderes übrig, als mit zu laufen.
Bei Frau Böhlers Haus blieben sie stehen. Rudi lachte meckernd. Ein freches Lachen war das, fand Nele. Sie musste den Briefkastendeckel aufhalten. Rudi holte aus einem Behälter, den er bisher unterm Arm geklemmt hatte, einen kleinen toten Fisch. Diesen wollte er in den Briefkasten werfen. Die anderen Buben passten auf, ob jemand kam. Als Nele den toten Fisch sah, schrie sie entsetzt auf, klappte den Briefkastendeckel zu und rannte nach Hause. Das musste Nele unbedingt der Mutter berichten. Doch Nele traf Zuhause nur ihren Bruder an und sie erzählte Michael diese Geschichte.
„Sprich mit niemand darüber, du weißt doch, wie grob und frech Rudi und Heiner sind“, warnte er sie.
Am Abend begleitete Michael seinen Vater ins Milchhäuschen. Frau Böhler fauchte alle an. Vater mochte das nicht. Doch bevor sie etwas zu ihm sagen konnte, strich er ihr freundlich über den Arm. Er meinte, dass sie heute sicher einen harten Tag hinter sich hätte. Frau Böhler schüttelte unwirsch Vaters Hand von ihrem Arm. Doch dann lächelte sie ihn kurz an. Sie erzählte von dem toten Fisch, der ihre ganze Post verdorben hatte. Die Briefe waren völlig aufgeweicht und stanken entsetzlich.
Vater verstand ihren Kummer und fragte sie, wer ihr diesen üblen Streich gespielt hatte. Frau Böhler schüttelte nur den Kopf. Michael rührte sich nicht. Sein Herz klopfte heftig, er dachte Frau Böhler würde das gleich hören und atmete erleichtert auf, als sie das Milchhäuschen wieder verließen.
Auf dem Heimweg sagte der Vater: „Das Schlimmste für Frau Böhler war nicht der tote Fisch. Es tat ihr weh, dass sie die Briefe nicht lesen konnte. Sie wohnt ganz allein in ihrem Häuschen und freut sich über jede Nachricht von ihren Kindern. Die sind schon längst erwachsen und leben weit entfernt von ihr.“
Michael kannte die Täter. Musste er wirklich schweigen? Weil er Angst vor der Bande hatte? Er zupfte den Vater am Ärmel und sagte: „Denk dir, du kennst die Täter. Was würdest du dann tun?"
„Schwer zu sagen“, brummelte der Vater, „auf jeden Fall würde ich dafür sorgen, dass so etwas nicht wieder passiert!"
„Wie denn?" erkundigte er sich. Vater beugte sich vor und flüsterte ihm was ins Ohr. Michael lachte laut. Nicht nur weil Vaters Bartstoppeln ihn am Ohr kitzelten. Er fühlte sich auf einmal so wohl. Am liebsten hätte er gesungen. Die geflüsterten Worte des Vaters fand er einfach super.
Am nächsten Tag erzählte er in der Schule David und Rolf von den verdorbenen Briefen. Dann sagte er ihnen, was sein Vater ihm zuflüstert hatte: „Wenn ihr das noch einmal macht, verpetz ich euch bei Frau Böhler und bei Frau Meier im Laden. Außerdem sage ich euren Vätern, dass ihr uns schlagen wollt! Das könnt ihr auch Rudi und Heiner ausrichten.“
Seither tauchte nie wieder ein toter Fisch am falschen Platz auf.
Einige Zeit später verschwanden im Neubaugebiet alle Fußmatten vor den Haustüren. Die Kinder suchten die Matten überall, im Garten bei den Nachbarn, am Bach, fanden sie jedoch nicht. Da kam die Mutter mit einer Nachricht vom Einkaufen zurück. Frau Meier hatte vom Bürgermeister erfahren, dass mindestens zwölf Matten vor dem Rathaus lägen.
„Das war sicher ein Streich von David und seiner Bande!" sagte Nele. Mutter seufzte und bat Michael, die Matte beim Rathaus abzuholen. Frau Weber, Florians und Sabinchens Mutter, begleitete sie. David stand mit seiner Bande auf dem Hof. Sie kicherten, als die Kinder mit den Matten unterm Arm an ihnen vorbei gingen. Frau Weber beachtete sie nicht und sie taten es ihr nach.
Abends sprachen Michael und Nele mit ihrer Mutter über David und seine Bande. Sie hatte nichts dagegen, wenn gleichaltrige Kinder mit einander stritten. Da mischte sie sich nie ein. Wenn sich jedoch große Kinder auf kleine stürzten, dann half Mutter stets den Schwächeren. Diesmal jedoch achtete sie nicht auf die Klagen ihrer Kinder, sondern erzählte, dass Davids Vater wieder im Krankenhaus lag. Sein Bein musste noch einmal operiert werden. Vielleicht konnte er danach besser gehen.
„David ist sehr traurig und auch wütend, weil sein Vater leiden muss und weil er sich ohne ihn Zuhause schutzlos fühlt. Er denkt, mit Rudi, Rolf und Heiner zusammen ist er stark und er ist sicher, dass niemand ihm auf der Straße ein Leid zufügt.“
„Aber ich würde doch auch zu ihm halten“, wandte Michael ein.
Die Mutter legte ihm die Hände auf die Schultern: „Ich weiß“, sagte sie.
Sie wünschte den Kindern eine gute Nacht und ging zu Vater ins Wohnzimmer.
„Verstehst du das“, fragte Nele ihren Bruder.
„Ein wenig, aber ich weiß auch, dass David es toll findet, wenn Rudi alles macht, was er ihm befiehlt."
"Dann müssen wir jetzt wieder sehr aufpassen, wenn wir ins Dorf gehen", meinte Nele.
************************************************
In der nächsten Geschichte geht es um einen Schulausflug mit bösen Folgen.
David ging nicht mehr allein in die Neubausiedlung. Stets begleiteten ihn Rudi, Heiner und Rolf. Wenn die Kinder diese vier sahen, flüchteten sie in den Forsthausgarten. Dort waren sie am sichersten, denn um das ganze Haus des Försters gab es einen Zaun. Da konnte Rudi nicht drüber steigen.
Einmal aber erwischten sie Nele. Sie kam gerade aus dem Laden. Heiner befahl ihr mit ihm zu gehen, sie sollte etwas für die Bande erledigen. Nele weigerte sich. Heiner packte sie grob am Arm und Rudi drohte: „Wenn du jemand davon erzählst, verhauen wir dich und deine Freunde.“ Heiner verstärkte den Druck auf ihrem Arm. Kein Erwachsener war in der Nähe. Niemand konnte ihr helfen. Ihr blieb nichts anderes übrig, als mit zu laufen.
Bei Frau Böhlers Haus blieben sie stehen. Rudi lachte meckernd. Ein freches Lachen war das, fand Nele. Sie musste den Briefkastendeckel aufhalten. Rudi holte aus einem Behälter, den er bisher unterm Arm geklemmt hatte, einen kleinen toten Fisch. Diesen wollte er in den Briefkasten werfen. Die anderen Buben passten auf, ob jemand kam. Als Nele den toten Fisch sah, schrie sie entsetzt auf, klappte den Briefkastendeckel zu und rannte nach Hause. Das musste Nele unbedingt der Mutter berichten. Doch Nele traf Zuhause nur ihren Bruder an und sie erzählte Michael diese Geschichte.
„Sprich mit niemand darüber, du weißt doch, wie grob und frech Rudi und Heiner sind“, warnte er sie.
Am Abend begleitete Michael seinen Vater ins Milchhäuschen. Frau Böhler fauchte alle an. Vater mochte das nicht. Doch bevor sie etwas zu ihm sagen konnte, strich er ihr freundlich über den Arm. Er meinte, dass sie heute sicher einen harten Tag hinter sich hätte. Frau Böhler schüttelte unwirsch Vaters Hand von ihrem Arm. Doch dann lächelte sie ihn kurz an. Sie erzählte von dem toten Fisch, der ihre ganze Post verdorben hatte. Die Briefe waren völlig aufgeweicht und stanken entsetzlich.
Vater verstand ihren Kummer und fragte sie, wer ihr diesen üblen Streich gespielt hatte. Frau Böhler schüttelte nur den Kopf. Michael rührte sich nicht. Sein Herz klopfte heftig, er dachte Frau Böhler würde das gleich hören und atmete erleichtert auf, als sie das Milchhäuschen wieder verließen.
Auf dem Heimweg sagte der Vater: „Das Schlimmste für Frau Böhler war nicht der tote Fisch. Es tat ihr weh, dass sie die Briefe nicht lesen konnte. Sie wohnt ganz allein in ihrem Häuschen und freut sich über jede Nachricht von ihren Kindern. Die sind schon längst erwachsen und leben weit entfernt von ihr.“
Michael kannte die Täter. Musste er wirklich schweigen? Weil er Angst vor der Bande hatte? Er zupfte den Vater am Ärmel und sagte: „Denk dir, du kennst die Täter. Was würdest du dann tun?"
„Schwer zu sagen“, brummelte der Vater, „auf jeden Fall würde ich dafür sorgen, dass so etwas nicht wieder passiert!"
„Wie denn?" erkundigte er sich. Vater beugte sich vor und flüsterte ihm was ins Ohr. Michael lachte laut. Nicht nur weil Vaters Bartstoppeln ihn am Ohr kitzelten. Er fühlte sich auf einmal so wohl. Am liebsten hätte er gesungen. Die geflüsterten Worte des Vaters fand er einfach super.
Am nächsten Tag erzählte er in der Schule David und Rolf von den verdorbenen Briefen. Dann sagte er ihnen, was sein Vater ihm zuflüstert hatte: „Wenn ihr das noch einmal macht, verpetz ich euch bei Frau Böhler und bei Frau Meier im Laden. Außerdem sage ich euren Vätern, dass ihr uns schlagen wollt! Das könnt ihr auch Rudi und Heiner ausrichten.“
Seither tauchte nie wieder ein toter Fisch am falschen Platz auf.
Einige Zeit später verschwanden im Neubaugebiet alle Fußmatten vor den Haustüren. Die Kinder suchten die Matten überall, im Garten bei den Nachbarn, am Bach, fanden sie jedoch nicht. Da kam die Mutter mit einer Nachricht vom Einkaufen zurück. Frau Meier hatte vom Bürgermeister erfahren, dass mindestens zwölf Matten vor dem Rathaus lägen.
„Das war sicher ein Streich von David und seiner Bande!" sagte Nele. Mutter seufzte und bat Michael, die Matte beim Rathaus abzuholen. Frau Weber, Florians und Sabinchens Mutter, begleitete sie. David stand mit seiner Bande auf dem Hof. Sie kicherten, als die Kinder mit den Matten unterm Arm an ihnen vorbei gingen. Frau Weber beachtete sie nicht und sie taten es ihr nach.
Abends sprachen Michael und Nele mit ihrer Mutter über David und seine Bande. Sie hatte nichts dagegen, wenn gleichaltrige Kinder mit einander stritten. Da mischte sie sich nie ein. Wenn sich jedoch große Kinder auf kleine stürzten, dann half Mutter stets den Schwächeren. Diesmal jedoch achtete sie nicht auf die Klagen ihrer Kinder, sondern erzählte, dass Davids Vater wieder im Krankenhaus lag. Sein Bein musste noch einmal operiert werden. Vielleicht konnte er danach besser gehen.
„David ist sehr traurig und auch wütend, weil sein Vater leiden muss und weil er sich ohne ihn Zuhause schutzlos fühlt. Er denkt, mit Rudi, Rolf und Heiner zusammen ist er stark und er ist sicher, dass niemand ihm auf der Straße ein Leid zufügt.“
„Aber ich würde doch auch zu ihm halten“, wandte Michael ein.
Die Mutter legte ihm die Hände auf die Schultern: „Ich weiß“, sagte sie.
Sie wünschte den Kindern eine gute Nacht und ging zu Vater ins Wohnzimmer.
„Verstehst du das“, fragte Nele ihren Bruder.
„Ein wenig, aber ich weiß auch, dass David es toll findet, wenn Rudi alles macht, was er ihm befiehlt."
"Dann müssen wir jetzt wieder sehr aufpassen, wenn wir ins Dorf gehen", meinte Nele.
************************************************
In der nächsten Geschichte geht es um einen Schulausflug mit bösen Folgen.