20 Jahre danach

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Bo-ehd

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Armand Corbeau beugte sich über die schwere Eisenpfanne und genoss das Aroma seines raffiniert gewürzten Saucenfonds aus Zwiebeln und Knoblauch und Kräutern. Als wollte er den würzigen Duft in seine Bestandteile zerlegen, kostete er einen Löffel seines strohblonden Meisterwerkes, schnalzte mit der Zunge, ließ sie mehrmals über den Gaumen gleiten, schmatzte dezent einige Male in kurzen Abständen und griff abermals in das Regal mit den Gewürzen. Seiner Mischung aus Zwiebeln, Knoblauch, orientalischer Würze und einem winzigen Schuss Tawny Port, um dem Knoblauch die Schärfe zu nehmen, fehlte der letzte Peak, befand er ganz dezent kopfschüttelnd. „Noch eine Prise frisch geriebenen Korianders en plus, dann passt alles“, zwitscherte er und schmeckte erneut ab. „Voilaah“, kam es ihm erleichtert über die Lippen. „Das ist exactement die richtige Ergänzung zur Marinade des Fleisches!“ Aber noch fehlte eine Messerspitze Pfeffer. Er entschied sich nicht für irgendeinen, sondern für den Grünen Malabar mit dem zarten Zitronengeschmack. Stolz rührte er ihn ein, fügte noch eine Prise frischen Ingwers hinzu, stellte die Pfanne zur Seite und widmete sich dem eingelegten Fleisch. Bevor er es in die heiße Pfanne legte, vergewisserte er sich noch einmal, dass der Marinade, die er später der Sauce hinzufügen wollte, nichts fehlte. Dann strich er sie vom Fleisch. Kurz anbraten, um die Poren zu schließen und dann foliert ab in den Herd und in aller Ruhe garen lassen …
Armand war Perfektionist mit den höchsten Ansprüchen, die ein Spitzenkoch haben kann. Am Herd zu stehen, war seine Welt, er liebte es, innovativ zu sein und Bestehendes zur Perfektion zu verfeinern. Die Ergebnisse seiner Expertise brachten ihm internationale Anerkennung und schließlich Sterne ein. Kein Wunder, dass es ihn herausforderte, es mit den besten Köchen der Welt aufzunehmen. Ihm war bewusst, welches Ansehen ihm vor allem in der heimischen Bevölkerung zuteil wurde, und er genoss es. Wann immer man zu ihm aufsah, er lebte sichtbar jede Sekunde der Bewunderung aus. Armand war Narziss mit dem Kochlöffel in der Hand. Punkt.
Beruhigt schaute er auf die Uhr. In einer halben Stunde würde er Gäste bekommen: Henry Velten, seinen Verleger, Jens Kulmann, den Lektor seiner Kochbücher, jeweils mit Ehegattin, und Leister Carlson, ein Amerikaner, der für die englischsprachige Ausgabe zuständig war.

*

Der Abend begann wie erwartet. Sonja servierte den Aperitif und die Vorspeise, und schon begann die übliche Unterhaltung.
„Woher haben Sie denn diese junge hübsche Bedienung, Armand?“, fragte Velten nicht ohne Hintergedanken. „Arbeitet sie bei Ihnen?“
Non, Monsieur Velten, sie bedient im Café Ludwig, wo ich meinen Morgenkaffee zu mir nehme. Haben Sie Interesse an Ihren Diensten? Ich könnte das für Sie arrangieren.“
„Nein, nein. Und wenn ja, dann komme ich auf Sie zurück. Kommen wir zur Sache: Wir haben uns für den zweiten Titelvorschlag für Ihr neues Buch entschieden: Die besten Gerichte der Welt – verfeinert von Armand Corbeau.“
„Das beruhigt mich sehr.“
„Und das Titelbild ist die Aufnahme, wo Sie diesen sehr hohen weißen Hut tragen. Was hat dieses Unding überhaupt zu bedeuten, außer dass es dafür sorgt, dass kein Haar in die Suppe fällt?“ Die beiden Frauen verbargen ein Grinsen hinter ihren Händen.
„Dass Sie das nicht wissen, M. Velten! Die Höhe des Hutes zeigt die Stellung des Kochs an. Sie haben bestimmt schon ein Foto von Paul Bocuse gesehen. Sie gilt nicht nur für die Hierarchie in der Küche, sondern wie in meinem Fall auch die internationale Einordnung.“
„Und wie hoch kann …“
„Ich habe die höchste Stufe erreicht. Bien sure!“
„Das war eine phantastische Vorspeise, M. Corbeau. Ich bin gespannt, womit Sie uns heute überraschen. Ist es ein Gericht aus Ihrem neuen Buch?“, fragte Kulmann, nur um am Gespräch teilzunehmen.
„Oui, es ist maurische Küche, ein uraltes Rezept, das im Languedoc sehr bekannt ist. Ich habe es optimiert.“
„Aha, ich bin gespannt.“
Die Zutaten sahen auf dem Teller tatsächlich wie ein Arrangement aus Künstlerhand aus, und alle am Tisch zeigten sich begeistert. Es hagelte von allen Seiten Komplimente, nur der Mann aus Texas hielt sich zurück. Nachdem er den zweiten Bissen des Entrecote heruntergeschluckt hatte, gab er Sonja ein Zeichen, an den Tisch zu kommen.
„Wäre es möglich, etwas Pfeffer und Salz zu bekommen?“, gab er sich betont höflich.
Da riss es Armand von seinem Stuhl. „Non! Non Monsieur! Faites pas ca!“, erboste er sich bereits im Aufstehen, und sein Kopf wurde innerhalb von Sekunden knallrot. „Das ist nicht möglich! Dieses Fleisch ist perfekt abgeschmeckt."
Carlson erstarrte. So etwas war ihm in seiner Heimat noch nie widerfahren, aber er behielt die Fassung.
Nach wenigen Sekunden betroffenen Schweigens wandte sich Armand erneut dem Amerikaner zu. „Entschuldigen Sie, M. Carlson, dass ich so ungehalten reagiert habe. Natürlich bekommen Sie Pfeffer und Salz zum Nachwürzen. Sie sind mein Gast.“
Während Carlson auf das Salz wartete, fuhren die anderen fort zu essen. Corbeaus Kopf verlor seine Röte, und er widmete sich ganz den löblichen Bemerkungen der anderen Gäste. Da klingelte es an der Tür.
„Sonja, gehen Sie öffnen, s´il vous plait.“
Während sie weiteraßen und mit einem Chateau Neuf anstießen, kam Sonja zurück.
„Es ist eine Dame, die Sie unbedingt sprechen möchte. Ich wollte sie auf morgen vertrösten, aber sie bestand darauf, eingelassen zu werden. Sie ist sehr … hmm resolut.“
Armand war ungehalten und schritt zur Tür. „Ja, Madame? Wer sind Sie und was wollen Sie?“
„Sag nur, du erkennst mich nicht?“, entgegnete die Frau.
„Nein, das tue ich nicht. Also: Wer sind Sie?“
“Du erkennst mich wirklich nicht wieder? Ich bin’s, Christa, deine Frau!“
Mon dieu! Was soll das?“ Er schaute in ihr ungepflegtes Gesicht und konstatierte blitzschnell rote und zum Teil wunde Flecken, die viel zu stark überpudert waren, und ihre schlechten Zähne. Für ihn war klar, dass das Spuren von Alkohol und Drogen waren. Und der Lippenstift! Sein heller Ton vertrug sich überhaupt nicht mit dem Rot ihres abgetragenem Kostüms. Der anschließende Blick auf ihre Schuhe ließ ihn, den gestandenen Ästheten, endgültig erstarren. „In welchem Aufzug du mich aufsuchst!“ Seine Feststellung klang verächtlich.
„Ich erklär dir alles. Willst du mich nicht hereinbitten?“ Sie wartete seine Antwort nicht ab, sondern drängte sich an ihm vorbei in den Flur. Plötzlich stand sie genau an der Stelle, wo man sie vom Esszimmer aus sehen konnte. Und plötzlich waren alle Augen auf den späten Gast gerichtet. Armand erkannte die Situation sofort und schob sie schnell weiter, um weitere Peinlichkeiten zu vermeiden.
Entschlossen schob er sie durch den Flur zum Bad. „Warte einen Moment hier“, knirschte er aufgeregt. „Ich bin in einer Minute wieder da.“ Dann bemühte er sich, die Fassung wieder zu erlangen, straffte sein Jackett und wandte sich seinen Gästen zu.
„Bitte lassen Sie sich nicht stören, mes amis. Ich bedaure diese interruption. Genießen Sie weiterhin das Entrecote mauresque, s‘ il vous plait. Die Dame war meine Putzfrau. Ich habe ihr gekündigt; sie hatte vorgestern ihren letzten Arbeitstag. Wenn ich von einer Perle spreche, ist das noch untertrieben. Leider überwindet sie ihre Trennung von ihrem Partner nicht. Ich fühle mich ihr verpflichtet. Bitte gestatten Sie mir, dass ich mich für ein paar Minuten zurückziehe, um ein Gespräch mit ihr zu führen.“
Erwartungsgemäß nickten alle zustimmend, und Armand eilte ins Bad. „Du bringst mich sehr in Verlegenheit, Christa, das sind Geschäftspartner, von denen ich abhängig bin. Was willst du eigentlich hier?
Vor zwanzig Jahren hast du mich von einem Tag auf den anderen verlassen und bist mit diesem Sonnyboy aus dem Fitnessstudio spurlos verschwunden. Ich habe mich nicht einmal scheiden lassen können.“
„Tut mir leid, damals! Ich suche dich seit zwei Jahren und habe dich nur gefunden, weil ich ein Bild in einem Magazin gesehen habe. Wie sollte ich dich auch schnell finden, wo du diesen schrecklichen Namen angenommen hast. Cor-be-au? Was hat das alles zu bedeuten? Warum hast du deinen richtigen Namen nicht beibehalten?“
„Das ist mein richtiger Name: Heinrich Rabe – Armand Corbeau! Christa, ich muss jetzt zurück zu meinen Gästen. Warum hast du mich eigentlich gesucht?“
„Ich will dich zurückhaben, Heiner – oder wenigstens etwas finanzielle Hilfe. Kannst du mir gleich etwas geben; ich bin ziemlich blank?“
„Non, nein. Ich habe nichts im Haus. Ich habe eine kleine Wohnung in der Innenstadt. Dort fährst du jetzt hin, und von mir aus kannst du die Hausbar leertrinken. Ich bezahle das Taxi, und morgen früh um neun komme ich zu dir. Dann können wir alles besprechen.“
Sie schaute ihn mit großen Augen an. „Du bist so abweisend! So kenne ich dich gar nicht!“
„Christa, es geht nicht anders. Und nun geh! Sonja wird dir ein Taxi bestellen und bezahlen.“
“Du kannst mich nicht einfach hinauswerfen.“
„Doch, kann ich. Oder soll ich die Polizei rufen?“
„Polizei!? Um Gottes Willen nein!“
Sie begab sich in den Flur und blieb einen Augenblick stehen, um den Gästen zuzunicken. An der Haustür wartete sie darauf, von Armand verabschiedet zu werden, aber der kam nicht mehr. Stattdessen stand plötzlich Sonja neben ihr und rief ein Taxi.
„… ja, für sofort … geht es nicht ein bisschen schneller? … nein, keine Fernfahrt … Innenstadt, Reuther Allee Nr. 12 … ja, wir warten vor der Tür.“
Sonja wandte sich an Christa. „Kommen Sie, wir sollen draußen warten.“ Sie schob sie durch die Haustür. Nach wenigen Minuten kam das Taxi.

Armand war derweil an den Tisch zurückgekehrt und nahm ein paar Bissen seines kalt gewordenen Essens. So sehr er sich auch bemühte, er konnte seine Erregung nicht verbergen. Seine Gäste waren neugierig zu erfahren, was wirklich hinter diesem sonderbaren Besuch steckte, aber natürlich waren sie höflich genug, nicht danach zu fragen. Da ihnen die Stimmung am Tisch irreparabel erschien, beeilten sie sich, die noch offenen geschäftlichen Fragen zügig abzuarbeiten.

*

Armand erkannte das Problem sofort: Entweder blieb sie in seiner Nähe und belastete ihn mit ihren täglichen Ansprüchen, oder sie kamen nicht zusammen, was bedeutete, dass er sie in irgendeiner Form finanziell unterstützen oder auszahlen müsste. Er war anfangs der Meinung, durch die 20jährige Trennung wären ihre Ansprüche erloschen, aber bald wurde ihm bewusst, dass sie eine Notlage geltend machen könnte. Damit wäre er, der Noch-Ehemann, unterstützungspflichtig. Jedes Gericht würde gegen ihn entscheiden. Die Vorstellung marterte ihn. Und so kam er auf schlimme Gedanken. Er entschloss sich, sie nicht erst am Morgen des kommenden Tages aufzusuchen, sondern sofort. Mir ist nur geholfen, wenn sie aus meinem Leben verschwindet, folgerte er, alles andere ist wie das Schwert des Damokles, und wenn es fällt, ist mein ganzes Leben nichts mehr wert.
Er zog das Stromkabel aus dem Toaster, rollte es zusammen und verstaute es in seinem Jackett. Dann fuhr er los, sein Werk zu vollbringen.
Er parkte in einer Nebenstraße und blieb noch ein paar Minuten sitzen, um seinen Plan noch einmal zu durchdenken. Dann brach er auf, betrat das Haus und blieb vor der Haustür stehen. Sein Gewissen begann, ihn zu beißen. Sollte wirklich aus ihm, dem Liebhaber guter Speisen, der sich nichts mehr wünschte, als den Menschen wenigstens für ein oder zwei Stunden eine Freude zu bereiten, sollte aus diesem Menschen wirklich ein Mörder werden? Und würde er es überhaupt fertigbringen, eine andere Person solange zu drosseln, bis sie sich nicht einmal mehr zuckte?
Er erkannte hundert Argumente, die dagegen sprachen, sie zu töten, aber nicht ein einziges, das ihm den Weg aus dieser Misere wies.
Er öffnete die Tür mit dem Zweitschlüssel, und als er sie hinter sich schließen wollte, stand Christa schon hinter ihm. „Lass uns jetzt reden“, herrschte er sie an.
„Wie du willst. Setzen wir uns in die Küche.“
„Warum nicht ins Wohnzimmer?
Sie antwortete nicht, sondern ging voran in die Küche und setzte sich an den Platz am Tisch, auf dem eine Flasche Wodka stand. Armand sah sie jetzt vor sich sitzen – die ideale Position, um das Kabel von hinten um ihren Hals zu legen. Er war selbst erschrocken, wie schnell sich die Gelegenheit ergeben hatte. Er griff in seine Jackentasche, umfasste das zusammengerollte Kabel und wollte es herausziehen, als er aus dem Wohnzimmer ein Geräusch wahrnahm, das sich anhörte, als würde jemand aufstehen und dabei den Sessel ein Stück zurückschieben. Sofort hielt er inne und beließ das Kabel in seiner Jacke. Christa schenkte sich in aller Ruhe einen doppelten Wodka ein.
In diesem Moment erschien Frau Velten in der Tür. „Armand?“, stammelte sie. „Ich wollte nicht stören; ich wusste nicht, dass Sie noch verabredet sind. Ich gehe gleich.“
Non, non, madame, bleiben Sie ruhig! Was hat Sie denn hierher in meine Wohnung geführt?“
„Ach, ist mir das peinlich jetzt. Ich habe mich mit Christa unterhalten, ob sie nicht Lust hat, bei mir zu putzen, wo Sie ihr doch gekündigt haben. Wir suchen schon seit über einem Jahr! Es ist so schwierig, Personal zu bekommen, wissen Sie.“
Bien sure, madam.“
 

rubber sole

Mitglied
Hallo Bo-ehd,

auch diese Geschichte liest sich wieder gut, regt den Appetit an und lässt auf eine erneut so nicht erwartete Schlusspointe hoffen - die dann auch folgt. Der klischeehafte Ami muss sein, die kleinen 'Ungenauigkeiten', geriebener? statt gemahlener Koriander, und der übersetzte Name von Armand, Heinrich statt Hermann, schmälern das Lesevergnügen nicht.

Gruß von rubber sole
 

Heinrich VII

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Hallo Bo-edh,

am Anfang dachte ich, es geht um einen Spitzenkoch. Ich hätte eher einen heimlichen Testgast von einem kulinarischen Magazin erwartet, der sich unter die übrigen Gäste mischt und sich später mit einem Urteil zu erkennen gibt - oder so etwas. Dann kommt plötzlich eine ziemlich verratzte Ehefrau, die er 20 Jahre nicht gesehen hat, ins Spiel. Also, für mich als Leser, ist das eine völlig andere Baustelle. Ich habe mich auch gefragt warum er sie nicht achtkant und auf der Stelle raus wirft. Dann will er sie umbringen? Warum? Weil er nicht fähig ist, sie raus zu schmeissen, Der Schluss ist lustig: Ist diese Christa jetzt eine Putzfrau, die er raus geworfen hat oder ein verschollene Ehefrau? So ganz durchsteigen tue ich da nicht - was an mir liegen kann.
Es ist gut geschrieben, von der Sprache her. Aber eine kohärente Geschichte ist es nur bis zum Erscheinen der Frau.

Wenn dieser Armand am Anfang gerade beim Abschmecken einer besonderen Soße wäre, könnte seine Frau plötzlich in der Küche stehen und er verwundert fragen: "Was machst du denn hier?" Man könnte in einer Rückblende schnell den Werdegang der beiden beleuchten und dann mit der Story fort fahren.
Ich würde die Frau aber nicht so abstoßend darstellen. Sie könnten beide in seine Wohnung fahren. Am Anfang sieht alles gut aus - dann verfallen sie in alte Strukturen, die zur Trennung geführt haben. Am Schluss wird er so wütend auf sie, dass er versucht sie umzubringen ...

Ok, ok - ich will nicht deine Geschichte schreiben. Wollte dir nur auf dem Weg klar machen, dass du dich für das eine oder das andere entscheiden solltest, um eine Geschichte hin zu kriegen, die beim Thema bleibt. ;)

Gruß, Heinrich
 
Zuletzt bearbeitet:

Bo-ehd

Mitglied
Hallo rubber sole,
danke fürs Kommentieren und Bewerten. Ja, mit den drei Anmerkungen hast du Recht. Der Ami ist klischeehaft, aber zwischenzeitlich ist das Klischee von der Realität überholt worden. Allein schon, wenn ich sehe, wie die große Mehrheit von ihnen Messer und Gabel halten (das Messer in der Faust, Klinge nach unten, die Gabel ganz unten mit dem Daumen am Griffende) ... Genauso ist es mit dem Würzen. 60% der US-Lebensmittel sind fabrikgefertigt, daher für mich kein Wunder, wenn sie beim Abschmecken die Dosierung von Zucker und Salz nicht mehr hinkriegen.
Die beiden anderen Sachen sind richtige Patzer. Im Plot steht Henry, was mir bei der Korrektur zu banal war, deshalb habe ich ihn in der Endkorrektur ohne weiterzulesen ausgetauscht.
Der Koriander war ursprünglich eine Muskatnuss, die frisch gerieben wird. Gewollt habe ich die geriebene Petersilienwurzel, was auch besser zum Saucenfond gepasst hätte.
Ich habe hier eine mir selbst auferlegte Grundregel verletzt: Fertigen Text eine Woche liegen lassen, dann Endkorrektur.
Gruß Bo-ehd
 

Bo-ehd

Mitglied
Hallo Heinrich,

es gibt an deinem Post soviel anzumerken, dass ich ihn kopiert habe und meinen Kommentar an die entsprechende Stelle gesetzt habe. Dazwischen ist nochmal der Plot aufgeführt, damit klar wird, wie ich meine Story konzipiert habe.


Hallo Bo-edh,

am Anfang dachte ich, es geht um einen Spitzenkoch. Das tut es. Ich hätte eher einen heimlichen Testgast von einem kulinarischen Magazin erwartet, das ist abwegig, weil die Gäste altbekannt sind der sich unter die übrigen Gäste mischt und sich später mit einem Urteil zu erkennen gibt - oder so etwas. Dann kommt plötzlich eine ziemlich verratzte Ehefrau, die er 20 Jahre nicht gesehen hat, ins Spiel. Also, für mich als Leser, ist das eine völlig andere Baustelle.

Deine Herangehensweise ist nicht optimal. Du denkst viel zu intensiv darüber nach, wie du die Geschichte geschrieben hättest. Aber es ist die Geschichte des Autors, und deshalb solltest du zunächst ganz neutral bewerten, was er dir vorträgt. Du musst immer davon ausgehen, dass sich der Autor etwas dabei gedacht, seine Story so und nicht anders auszudenken. Wenn du sehr von dir ausgehst, kannst du die Geschichte nie richtig begreifen.



Ich habe mich auch gefragt warum er sie nicht achtkant und auf der Stelle raus wirft. Dann will er sie umbringen? Warum? Weil er nicht fähig ist, sie raus zu schmeissen, Der Schluss ist lustig: Ist diese Christa jetzt eine Putzfrau, die er raus geworfen hat oder ein verschollene Ehefrau? So ganz durchsteigen tue ich da nicht - was an mir liegen kann.

Ja, es liegt an dir. Bitte mal nachlesen, warum er sie nicht rausschmeißt. Seine Gründe sind expressis verbis genannt.

Es ist gut geschrieben, von der Sprache her. Aber eine kohärente Geschichte ist es nur bis zum Erscheinen der Frau.

Nicht kohärent? Hier der Plot in Kürzestfassung:

Armand ist ein Starkoch mit den Marotten eines Poirot: eitel, von sich eingenommen, intolerant, tuntig, profilgeil und selbstverliebt. Ein Narzisst, der in seiner eigenen Bubble lebt. Er lädt seinen Verleger, Lektor jeweils mit Frauen, und einen Vertriebsleiter aus den USA ein. Beim Essen erscheint seine Noch-Ehefrau, die ihn vor 20 Jahren verlassen hat. Er will wegen ihres Aussehens nicht mit ihr in Verbindung gebracht werden und gibt sie für seine Ex-Putzfrau aus.
Er will sie ohne Aufhebens schnell aus der Wohnung bekommen, damit gar nicht erst ein Gespräch oder ein Kontakt zu den Gästen zustande kommt. So lässt er sie zu seiner Zweitwohnung fahren.

Als Ehefrau hat sie trotz der Trennung finanzielle Ansprüche gegen ihm. Er will aber weder zahlen noch sie um sich haben. Er sieht daher keinen anderen Ausweg, als sie umzubringen. Jetzt treffen die verschiedenen Armands aufeinander: Der tuntige Künstler vom Herd und der angehende Mörder. Als er ihr die Schlinge um den Hals legen will, erscheint eine der beiden Ehefrauen. Sie glaubt an das Märchen von der Putzfrau und will sie bei sich arbeiten lassen. Der Mord ist verhindert, weil es eine Zeugin seines Besuchs gibt.

Jetzt musst du mir erklären, was daran nicht schlüssig und kohärent ist. Du bist hier dem Fehler verfallen, deine eigene Story lesen zu wollen. Du musst verstehen, dass andere auch gute Ideen für eine Geschichte haben.

Wenn dieser Armand am Anfang gerade beim Abschmecken einer besonderen Soße wäre, könnte seine Frau plötzlich in der Küche stehen und er verwundert fragen: "Was machst du denn hier?" Man könnte in einer Rückblende schnell den Werdegang der beiden beleuchten und dann mit der Story fort fahren.
Ich würde die Frau aber nicht so abstoßend darstellen. Sie könnten beide in seine Wohnung fahren. Am Anfang sieht alles gut aus - dann verfallen sie in alte Strukturen, die zur Trennung geführt haben. Am Schluss wird er so wütend auf sie, dass er versucht sie umzubringen ...

Ok, ok - ich will nicht deine Geschichte schreiben.

Doch, das willst du. Und das steht dir als Leser nicht zu.


Wollte dir nur auf dem Weg klar machen, dass du dich für das eine oder das andere entscheiden solltest, um eine Geschichte hin zu kriegen, die beim Thema bleibt.
Nein, das wäre deine Geschichte, nicht meine.

Gruß Bo-ehd



 

Heinrich VII

Mitglied
Hallo Bo-edh,

Deine Herangehensweise ist nicht optimal. Du denkst viel zu intensiv darüber nach, wie du die Geschichte geschrieben hättest. Aber es ist die Geschichte des Autors, und deshalb solltest du zunächst ganz neutral bewerten, was er dir vorträgt. Du musst immer davon ausgehen, dass sich der Autor etwas dabei gedacht, seine Story so und nicht anders auszudenken. Wenn du sehr von dir ausgehst, kannst du die Geschichte nie richtig begreifen.
Na ja - auch wenn du mir das nicht glaubst: Ich habe mich rein in der Funktion des Lesers gesehen. Beim Lesen habe ich gedacht: Hm - jezt hat der den Spitzenkoch gut eingeführt, was für eine Geschichte erlebt der jetzt? Ich habe dabei an das Restaurant und seine Kochkünste gedacht. Plötzlich taucht diese Frau auf (für mich als Leser eine völlig andere Baustelle) und er will sie dann auch noch ermorden (was ganz und gar nicht begründet wird. Für so eine Entscheidung braucht es schon einen schwer wiegenden Background. Ausstehende Geldzahlungen sind ein wenig schwach - wenn es um Millionen ginge, ok.

Sollte meine Kritik zu hart gewesen sein, entschuldige ich mich. Ach nein - du hast mir ja klar gemacht, dass ich die Geschichte nicht verstanden habe.
Kann sein. Jedenfalls wurde ich mit Erscheinen dieser Frau aus dem Flow gerissen. Und das sage ich ausschließlich als Leser der Geschichte, nicht als Autor.

Gruß, Heinrich
 

Bo-ehd

Mitglied
Hallo Heinrich,
nein, deine Kritik war nicht zu hart. Wir sind einfach sehr unterschiedlich.
Alles gut.
Gruß Bo-ehd
 

Shallow

Mitglied
Hallo @Bo-ehd,

ein paar Gedanken zu deinem Text: Du arbeitest mit extrem vielen Adjektiven: "Raffiniert", "würzig" (kommt direkt nach gewürzt), dann kommt das "strohblonde Meisterwerk". Nach dem ganzen Gewürze greift er abermals in das Regal mit den Gewürzen. Fängt unglücklich an, wird aber noch schlimmer:
"Schmatzte dezent". Kann man dezent schmatzen? Für mich eher ein Widerspruch, erzählerisch unglücklich, aber das siehst du sicher anders.

Ich darf anmerken, dass jemand, der in vielen Kommentaren das Handwerk des Schreibens anderen zu erklären versucht, selbst nicht ganz weit vorne liegt.
Du erklärst: "war Perfektionist mit den höchsten Ansprüchen", "war Narziss mit dem Kochlöffel", "lebte sichtbar jede Sekunde der Bewunderung aus." Könnte man besser machen, indem man erzählt, aber kann man auch so machen. Ist nur erzählerisch schlecht.

Der Abend begann wie erwartet. Sonja servierte den Aperitif und die Vorspeise, und schon begann die übliche Unterhaltung.

Das trifft die ganze Geschichte. Die Dialoge reißen es nicht raus.

“Du erkennst mich wirklich nicht wieder? Ich bin’s, Christa, deine Frau!“


„Ich will dich zurückhaben, Heiner – oder wenigstens etwas finanzielle Hilfe. Kannst du mir gleich etwas geben; ich bin ziemlich blank?“


Christa, das sind Geschäftspartner, von denen ich abhängig bin. Was willst du eigentlich hier?



Also mit diesen Dialogen, fürchte ich, wird es schwer mit den Lesern. Zumindest hat es mich nicht mitgenommen.

Aber das ist - wie alles - subjektiv

Gruß Shallow
 
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DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich bin gleich zu Beginn über das "strohblonde Meisterwerk" gestolpert.

Unfreiwillig komisch. Strohblond wird automatisch mit einer menschlichen Haarfarbe assoziiert und nicht mit einer Sauce!

In der Kombination mit "Meisterwerk" dachte ich sofort an eine aufgespritzte, zum Model gestylte Blondine. Sorry, aber das würde in einer Satire passen, aber nicht hier.

Ich komme nochmal wieder und lese weiter. :)
 

Bo-ehd

Mitglied
Hallo Shallow,

gern will ich auf deine Anmerkungen reagieren:

ein paar Gedanken zu deinem Text: Du arbeitest mit extrem vielen Adjektiven: "Raffiniert", "würzig" (kommt direkt nach gewürzt), dann kommt das "strohblonde Meisterwerk". Nach dem ganzen Gewürze greift er abermals in das Regal mit den Gewürzen. Fängt unglücklich an, wird aber noch schlimmer:

Lass mich erklären, warum ich sie verwendet habe:

Armand Corbeau beugte sich über die schwere Eisenpfanne (es gibt 2 Typen von Eisenpfannen: die eine ähnlich einer Edelstahlpfanne, die andere aus deutlich schwererem Gußeisen. Die ist hier mit „schwer“ bezeichnet.)

und genoss das Aroma seines raffiniert (das ist ein Adverb, kein Adjektiv) gewürzten Saucenfonds aus Zwiebeln und Knoblauch und Kräutern. Als wollte er den würzigen Duft (es gibt leichten Duft, starken, beißenden etc. Der hier ist würzig).


in seine Bestandteile zerlegen, kostete er einen Löffel seines strohblonden Meisterwerkes (Zwiebeln blond braten ist ein Terminus technicus. Es ist das Stadium zwischen glasig und braun. Bitte mal im Kochbuch nachschlagen. Was das Meisterwerk angeht, so muss man die französische Küche verstehen. Dort gilt die Soße als mit Abstand schwierigster Teil eines Gerichts. Ich habe hier bewusst überzogen, weil sie meisterlich gelungen ist und aus Meisterhand kreiert ist. Siehe dazu auch meine Anmerkung am Schluss).


schnalzte mit der Zunge, ließ sie mehrmals über den Gaumen gleiten, schmatzte dezent einige Male in kurzen (es gibt doch auch längere Intervalle, hier sind es kurze) Abständen (du erklärst mir bitte mal, wie man das Schmatzen beim Abschmecken besser beschreiben kann! Ich schaffe es mit meinen sprachlichen Mitteln nicht.) und griff abermals in das Regal mit den Gewürzen (wo will er denn sonst hingreifen, wenn noch ein Gewürz fehlt). Seiner Mischung aus Zwiebeln, Knoblauch, orientalischer (logisch bei einem maurischen Gericht) Würze und einem winzigen (wie soll man das sonst bezeichnen, wenn es wirklich nur ein Spritzer ist?)

Schuss Tawny Port, um dem Knoblauch die Schärfe zu nehmen, fehlte der letzte Peak, befand er ganz dezent kopfschüttelnd. „Noch eine Prise frisch geriebenen Korianders en plus, dann passt alles“, zwitscherte er und schmeckte erneut ab. „Voilaah“, kam es ihm erleichtert über die Lippen. „Das ist exactement die richtige Ergänzung zur Marinade des Fleisches!“ Aber noch fehlte eine Messerspitze Pfeffer. Er entschied sich nicht für irgendeinen, sondern für den Grünen Malabar mit dem zarten (es ist doch wichtig zu wissen, dass er zart und nicht etwa dominierend ist) Zitronengeschmack. Stolz rührte er ihn ein, fügte noch eine Prise frischen (Es gibt getrockneten gemahlenen, gerebelten, geraspelten und eben frischen) Ingwers hinzu, stellte die Pfanne zur Seite und widmete sich dem eingelegten (es ist doch wichtig zu wissen, dass das Fleisch mariniert ist) Fleisch. Bevor er es in die heiße Pfanne legte, vergewisserte er sich noch einmal, dass der Marinade, die er später der Sauce hinzufügen wollte, nichts fehlte. Dann strich er sie vom Fleisch. Kurz anbraten, um die Poren zu schließen und dann foliert ab in den Herd und in aller Ruhe garen lassen …

Soviel zu den Adjektiven. Ich verstehe deine Kritik nicht.


Du erklärst: "war Perfektionist mit den höchsten Ansprüchen", "war Narziss mit dem Kochlöffel", "lebte sichtbar jede Sekunde der Bewunderung aus." Könnte man besser machen, indem man erzählt, aber kann man auch so machen. Ist nur erzählerisch schlecht.

Originaltext:
Armand war Perfektionist mit den höchsten Ansprüchen, die ein Spitzenkoch haben kann. Am Herd zu stehen, war seine Welt, er liebte es, innovativ zu sein und Bestehendes zur Perfektion zu verfeinern. Die Ergebnisse seiner Expertise brachten ihm internationale Anerkennung und schließlich Sterne ein. Kein Wunder, dass es ihn herausforderte, es mit den besten Köchen der Welt aufzunehmen. Ihm war bewusst, welches Ansehen ihm vor allem in der heimischen Bevölkerung zuteil wurde, und er genoss es. Wann immer man zu ihm aufsah, er lebte sichtbar jede Sekunde der Bewunderung aus. Armand war Narziss mit dem Kochlöffel in der Hand. Punkt.
Ende


Ich darf anmerken, dass jemand, der in vielen Kommentaren das Handwerk des Schreibens anderen zu erklären versucht, selbst nicht ganz weit vorne liegt.
Du erklärst: "war Perfektionist mit den höchsten Ansprüchen", "war Narziss mit dem Kochlöffel", "lebte sichtbar jede Sekunde der Bewunderung aus." Könnte man besser machen, indem man erzählt, aber kann man auch so machen. Ist nur erzählerisch schlecht.

Einfach so erzählt ist das nicht. Es ist das Resumee des Absatzes davor, ergänzt und auf die Spitze getrieben. Der Narzisst mit dem Kochlöffel ist für mich ein bärenstarkes Gesamtbild für diese Figur. Okay, manche sehen das anders. Damit kann ich leben.

Was das Schreibhandwerk angeht, so geht es vordergründig um die technischen Dinge wie Struktur, Charakterdarstellung und zielgerichtete Handlung etc. und die Gattungsmerkmale, weniger um sprachlichen Ausdruck.

Der Abend begann wie erwartet. Sonja servierte den Aperitif und die Vorspeise, und schon begann die übliche Unterhaltung.

Hast du schon einmal an einem Geschäftsessen teilgenommen, bei dem sich die Teilnehmer kaum kennen? Ohne näheren persönlichen Kontakt zuvor? Wenn ja, kannst du mir gern einmal mitteilen, wie spannend die Unterhaltung war.
Ganz nebenbei: Was hast du an der kleinen Unterbrechung mit dem Texaner auszusetzen? Kannst du es besser? Bitte Vorschlag, ich lerne gern dazu.


Das trifft die ganze Geschichte. Die Dialoge reißen es nicht raus.

“Du erkennst mich wirklich nicht wieder? Ich bin’s, Christa, deine Frau!“

„Ich will dich zurückhaben, Heiner – oder wenigstens etwas finanzielle Hilfe. Kannst du mir gleich etwas geben; ich bin ziemlich blank?“
Christa, das sind Geschäftspartner, von denen ich abhängig bin. Was willst du eigentlich hier?


Also mit diesen Dialogen, fürchte ich, wird es schwer mit den Lesern. Zumindest hat es mich nicht mitgenommen.

Aber das ist - wie alles - subjektiv

Bitte Vorschlag machen, wie es besser geht (ohne die Story zu ändern). Das wäre ein guter Weg hier im Forum für alle, die dazulernen wollen.

Noch eine Bemerkung zum Schluss:
Der Narzisst mit dem Kochlöffel ist spleeniger Koch, übersensibler tollpatschiger Gastgeber und schafft es nicht einmal, seine Frau umzubringen. Warum sind alle Leser hier so todernst?

Es gibt den Begriff der unernsten Literatur, mal reinschauen; es lohnt sich. Gattungskunde ist übrigens Teil des Handwerks.



Danke trotzdem für deinen Kommentar.

Schöne Sonntagsgrüße

Bo-ehd
 

Heinrich VII

Mitglied
Hallo Bo-ehd,

ich habe den Kommentar von Shallow gelesen und der hat mich dazu inspiriert, mir mal deinen (wie sie schreibt) Adjektiv überladenen Text genauer anzusehen.

Shallow Kommentar:
ein paar Gedanken zu deinem Text: Du arbeitest mit extrem vielen Adjektiven: "Raffiniert", "würzig" (kommt direkt nach gewürzt), dann kommt das "strohblonde Meisterwerk". Nach dem ganzen Gewürze greift er abermals in das Regal mit den Gewürzen. Fängt unglücklich an, wird aber noch schlimmer:
"Schmatzte dezent". Kann man dezent schmatzen? Für mich eher ein Widerspruch, erzählerisch unglücklich, aber das siehst du sicher anders.
Hier kommt meine Version deines Textes:
Armand Corbeau beugte sich über die schwere Eisenpfanne und sog das Aroma seines Saucenfonds aus Zwiebeln, Knoblauch und Kräutern ein. Er kostete einen Löffel, war noch nicht zufrieden und griff abermals in das Regal mit den Gewürzen. Einen winzigen Schuss Tawny Port, um dem Knoblauch die Schärfe zu nehmen, fehlte noch. Dazu eine Prise geriebener Koriander. Er probierte und „Voilaah!“, nun war es fast perfekt. Eine Messerspitze Pfeffer fehlte noch. Er entschied sich für den Grünen Malabar mit leichtem Zitronengeschmack. Als er nach dem Einrühren probiert hatte, fügte er noch eine Prise Ingwer hinzu und stellte die Pfanne dann beiseite. Das eingelegte Fleisch war jetzt an der Reihe. Kurz anbraten, um die Poren zu schließen und dann ab in den Herd, wo es eine fest gelegte Zeit garen konnte.
Wie du siehst, kann so ein Text mit einer minimalen Anzahl von Adjektiven auskommen, ohne etwas zu verlieren. Wenn du die Bewertungen weg lässt (was für ein Meister er ist und was er da Tolles kreiert hat), dann kann der Leser aus dem Text selbst heraus lesen, dass dieser Koch sein Handwerk versteht. Ohne dass der Autor darauf hinweisen muss.

Armand war Perfektionist mit den höchsten Ansprüchen, die ein Spitzenkoch haben kann. Am Herd zu stehen, war seine Welt, er liebte es, innovativ zu sein und Bestehendes zur Perfektion zu verfeinern.
Bewertungen dieser Art sind dann nicht mehr nötig. Sie sind im übrigen total aussagelos und haben kaum Wirkung auf einen Leser.
Wenn der Leser jedoch aus der Handlung des Protagonisten den Schluss ziehen kann, dass dieser ein Meister sein muss, dann hast
du als Autor einen guten Job gemacht. ;)

Gruß, Heinrich
 
Zuletzt bearbeitet:

Bo-ehd

Mitglied
Hallo Heinrich,
das ist eine sehr trockene Variante, zugegebenermaßen ohne
Adjektive. Die Aussage ist aber nicht die gleiche. Dein Text beschreibt den Vorgang, zeichnet aber den Charakter nicht. Er passt auf alle Köche, was ich in meiner Geschichte unpassend finde.
Trotzdem danke für den Versuch.
Gruß Bo-ehd
 

Heinrich VII

Mitglied
Dein Text beschreibt den Vorgang, zeichnet aber den Charakter nicht.
Der Charakter entsteht im Kopf des Lesers, indem er die Handlung des Protagonisten verfolgt.
Dadurch bekommt der Leser eine bestimmte Vorstellung von ihm.
Kannst du in jedem Handbuch für Autoren nachlesen; dass man Adjektive sparsam einsetzen soll, ebenfalls.
Aber du scheinst ein bisschen auf deinem eigenen Planeten zu leben. ;)
 

Shallow

Mitglied
Hallo @Bo-ehd,

grundsätzlich finde ich es gut, wenn man seine Texte verteidigt. Bei dir ist es allerdings recht offensiv. Kritik wird als Angriff verstanden, du beharrst auf deinen Standpunkten. Zumindest habe ich das aus deiner Replik an @Heinrich VII herausgelesen, der - finde ich zumindest - einige sehr vernünftige Vorschläge gemacht hat.

Bitte Vorschlag machen, wie es besser geht (ohne die Story zu ändern). Das wäre ein guter Weg hier im Forum für alle, die dazulernen wollen.

Diesen Köder möchte ich nicht schlucken, ich sehe ja, wie du damit umgehst. Ich fummel sowieso nicht gern an anderen Geschichten herum, wenn man möchte, gebe ich gern Tipps, bei dir möchte ich keine Verbesserungen vorschlagen. Du weißt es sowieso besser. Ich möchte ein Beispiel geben:

Zwiebeln blond braten ist ein Terminus technicus. Es ist das Stadium zwischen glasig und braun. Bitte mal im Kochbuch nachschlagen. Was das Meisterwerk angeht, so muss man die französische Küche verstehen. Dort gilt die Soße als mit Abstand schwierigster Teil eines Gerichts. Ich habe hier bewusst überzogen, weil sie meisterlich gelungen ist und aus Meisterhand kreiert ist. Siehe dazu auch meine Anmerkung am Schluss).

Ein Terminus technicus interessiert mich nicht, ein "strohblondes Meisterwerk" bleibt aus meiner Sicht eine schlechte Formulierung. Ich werde auch nicht im Kochbuch nachschlagen. Die französische Küche interessiert mich sehr, ich muss sie aber nicht verstehen. In meinem Focus steht die Geschichte. Deine Umgehensweise mit Kritik ist nicht schön. Vergiftete Köder nehme ich nicht und ich werde mich auch nicht mehr zu deinen Texten äußern.

Gruß

Shallow
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Eine Verständnisfrage:

In diesem Moment erschien Frau Velten in der Tür. „Armand?“, stammelte sie. „Ich wollte nicht stören; ich wusste nicht, dass Sie noch verabredet sind. Ich gehe gleich.“
Non, non, madame, bleiben Sie ruhig! Was hat Sie denn hierher in meine Wohnung geführt?“
„Ach, ist mir das peinlich jetzt. Ich habe mich mit Christa unterhalten, ob sie nicht Lust hat, bei mir zu putzen, wo Sie ihr doch gekündigt haben. Wir suchen schon seit über einem Jahr! Es ist so schwierig, Personal zu bekommen, wissen Sie.“
Bien sure, madam.“
Wieso kennt Frau Velten diese Adresse und ist plötzlich in der Wohnung?

Sie sucht eine Putzfrau, aber woher wusste sie, dass Christa nun dort ist (um angeblich zu putzen, das wird sie annehmen)?

Wenn ich etwas überlesen haben sollte, sorry.

Gruß DS
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Abgesehen davon ist ein stilistischer Bruch zwischen dem ersten und dem zweiten Teil. Erst überbordend mit Beschreibungen, dann eher nüchtern. Passt irgendwie nicht zusammen, wirkt nicht homogen und hemmt den Lesefluss.
 

Bo-ehd

Mitglied
Hallo Shallow,

bitte nicht aufgeben. Kritik hilft immer, auch wenn sie manchmal etwas Unruhe mit sich bringt.

Ich habe mich ehrlich gesagt ein bisschen gewundert, dass du auf Heinrich VII verweist, und interpretiere das entsprechend. Meines Erachtens liest er falsch, weswegen er die Geschichte auch nicht verstanden hat. Er ist kicked off, als Christa ins Spiel kommt. Er sieht sie als andere Baustelle und will sie einfach nicht da haben, wo sie ist, und phantasiert von einem Restaurant und einem verdeckten Tester. Auf beides gibt es nicht einmal einen klitzekleinen Hinweis, und Christa ist eine Hauptfigur, die die Handlung in Gang bringt. Sie ist unverzichtbar. Kurzum, er hat die Geschichte nicht verstanden, deshalb habe ich nochmal den Plot gepostet.

Sein Vorschlag für die Begegnung Armand/Christa passt überhaupt nicht in den Plot… Ich will das nicht weitervertiefen; er liefert in seinen Posts Dinge ab, die für mich außer Diskussion stehen, weil sie widersprüchlich sind. Sorry, das ich das nicht sanfter formulieren kann. Dass du solche Anmerkungen gut findest – ich verstehe es nicht.

Nun zu deiner Kritik an meiner Art zu kommentieren. Du monierst die Verwendung zu vieler Adjektive ohne weiteren Hinweis, wie du zu dieser Feststellung kommst. Ich lege dar, warum ich sie verwendet habe. Deine Reaktion geht gegen null, meine sei zu hart, du sprichst von Angriff, schlimm und unglücklich. Alles in den Raum geworfen, ohne tiefer zu gehen. So geht es weiter. Kritik über Kritik, ohne etwas zu begründen. Was erwartest du, wie jemand darauf reagieren soll?

Wenn ich verlange, einen Vorschlag zu machen, wie es besser geht, reagierst du mit „einem vergifteten Angebot“. Sorry, eine solche Reaktion ist nicht zielführend. Gefällt mir – gefällt mir nicht, das reicht nicht. Und den Kopf in den Sand stecken und nicht mehr kommentierten, das ist die noch schlechtere Reaktion.

Gruß Bo-ehd
 

Bo-ehd

Mitglied
Hallo Doc,
ja, du hast etwas überlesen:

Wieso kennt Frau Velten diese Adresse und ist plötzlich in der Wohnung?

Sie sucht eine Putzfrau, aber woher wusste sie, dass Christa nun dort ist (um angeblich zu putzen, das wird sie annehmen)?

Wenn ich etwas überlesen haben sollte, sorry.
Frau Velten ist Ohrenzeugin des Taxi-Anrufs:
„… ja, für sofort … geht es nicht ein bisschen schneller? … nein, keine Fernfahrt … Innenstadt, Reuther Allee Nr. 12 … ja, wir warten vor der Tür.“

Armand erklärt zuvor seinen Gästen:
„Bitte lassen Sie sich nicht stören, mes amis. Ich bedaure diese interruption. Genießen Sie weiterhin das Entrecote mauresque, s‘ il vous plait. Die Dame war meine Putzfrau. Ich habe ihr gekündigt; sie hatte vorgestern ihren letzten Arbeitstag. Wenn ich von einer Perle spreche, ist das noch untertrieben. Leider überwindet sie ihre Trennung von ihrem Partner nicht. Ich fühle mich ihr verpflichtet. Bitte gestatten Sie mir, dass ich mich für ein paar Minuten zurückziehe, um ein Gespräch mit ihr zu führen.“
 

Bo-ehd

Mitglied
Abgesehen davon ist ein stilistischer Bruch zwischen dem ersten und dem zweiten Teil. Erst überbordend mit Beschreibungen, dann eher nüchtern. Passt irgendwie nicht zusammen, wirkt nicht homogen und hemmt den Lesefluss.
Hallo Doc,
ich sehe da nicht wirklich einen Bruch. Armands tuntiges Gehabe geht solange, wie er mit seinen Gästen zusammen sitzt. Dann muss er ohne sie ein Problem lösen. Dazu verlässt er die Figur des überkandidelten Kochs und widmet sich voller Ernsthaftigkeit und frei von jeglichen Marotten der Erfüllung seiner Aufgabe. Erst als Frau Velten auftaucht, spielt er wieder seine alte Rolle:
Non, non, madame, bleiben Sie ruhig! Was hat Sie denn hierher in meine Wohnung geführt?“
„Ach, ist mir das peinlich jetzt. Ich habe mich mit Christa unterhalten, ob sie nicht Lust hat, bei mir zu putzen, wo Sie ihr doch gekündigt haben. Wir suchen schon seit über einem Jahr! Es ist so schwierig, Personal zu bekommen, wissen Sie.“
Bien sure, madam.“

Gruß Bo-ehd
 



 
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