28 Minuten
28 Minuten
Jessie drückt ihren kleinen Bruder mit aller Kraft an sich. Leise versucht sie ihn zu beruhigen, während von draußen immer wieder markerschütternde Schreie in die Kabine des Fahrstuhls dringen, in der die beiden sich nach ihrer Flucht versteckt halten. Seitdem der Virus ausgebrochen ist, hatte sich die Epidemie wie ein Buschfeuer in den Strassen Londons ausgebreitet und die Bevölkerung in blutrünstige Zombies verwandelt. Das Militär hat die Metropole abgeriegelt und unter Quarantäne gestellt, hat die Stadt zu einer ausweglosen Todeszone gemacht, aus der es kein Entkommen gibt ... zumindest würde sie es in 28 Minuten werden, denn dann – punkt Mitternacht – wird die Evakuierung der Stadt abgeschlossen sein. Während ihr Bruder Brian leise wimmert, gehen Jessie noch mal die Bilder der letzten Stunden durch den Kopf: der irre Blick ihrer infizierten Mutter, aus deren Händen sie ihren kleinen Bruder gerissen hat. Der Griff des langen Messers, das letztlich ihr Leben gerettet hat, wie es aus der blutenden Augenhöhle dieses Monsters ragt. Die Flucht durch die düsteren Korridore des Kellers, vor dem was einst ihr Vater gewesen war.
Das Geräusch eines vorbeifliegenden Helikopters reißt sie zurück ins Jetzt, ein Jetzt in dem ihr noch 27 Minuten bleiben, um aus dieser Hölle zu entfliehen.
„Hör mir gut zu Brian, wir müssen jetzt weiter. Alles wird bald wieder gut sein, du musst nur das tun, was ich dir sage“, sagt Jessie sanft aber bestimmt zu ihrem Bruder, der kaum merklich nickt.
Mühsam zwingen sie sich durch die halb verschlossene Aufzugstür und schleichen so leise das Treppenhaus hinunter, wie die verstreuten Scherben es zulassen.
Der Platz vor dem Gebäude ist menschenleer und die unheilvolle Stille beunruhigt Jessie schon fast mehr, als wenn der Platz voller Zombies gewesen wäre. Einzig ein auf der Seite liegender Lastwagen mit der Aufschrift Romero Transports lässt darauf schließen, dass etwas Ungewöhnliches im Gange ist.
23 Minuten haben sie noch.
Ohne weiter nachzudenken, fängt sie an zu laufen, so schnell, dass ihr Bruder kaum noch mithalten kann. Sie rennen um ihr Leben, vorbei an brennenden Gebäuden, zerfetzten Leichenteilen, schleichen sich an zwei Zombies vorbei, die sich wie hungrige Tiere, um den Oberschenkel eines Menschen streiten.
Sie laufen, laufen und laufen ... bis ihnen am Eingang eines Tunnels die Luft ausgeht und sie schwer atmend halt machen. Es sind noch 6 Minuten bis Mitternacht und sie müssen nur noch dort hindurch, dann haben sie es geschafft.
„Das war zu einfach“, denkt Jessie, und in dem Augenblick hört sie das Kreischen der Zombies hinter sich. Sie packt Brians Hand und stürzt sich in den bedrohlichen Schlund des Tunnels. Als die Dunkelheit sie ganz verschluckt hat, ergießt sich auch die Horde Zombies in den Tunneleingang und obwohl Jessie sie nicht sehen kann, sie nur mit gierigen Lauten hinter sich herlaufen hört, weiß sie, dass es viele sind, sehr viele. Ohne auch nur das Geringste zu sehen, läuft sie einfach immer geradeaus, die Hand ihres Bruders fest in ihrer. Sie stürzt, stößt sich das Knie, fällt dabei in irgendetwas Weiches, Klebriges, rafft sich auf und läuft weiter. Dann sieht sie das Licht.
Hoffnung keimt in ihr auf und sie rennt noch ein wenig schneller. Sie sieht den Zaun, sieht die Scheinwerfer, die Militärfahrzeuge, die Soldaten, die Rettung.
„Wir haben es gleich geschafft, Brian“, lacht sie hysterisch, dreht sich um und sieht, dass sie nur noch den abgetrennten Arm ihres Bruders in der Hand hält.
Der Schock lähmt ihre Beine und sie fällt weinend auf die Knie, dann verstummt auch ihr Schluchzen unter den Leibern der hungrigen Zombies.
28 Minuten
Jessie drückt ihren kleinen Bruder mit aller Kraft an sich. Leise versucht sie ihn zu beruhigen, während von draußen immer wieder markerschütternde Schreie in die Kabine des Fahrstuhls dringen, in der die beiden sich nach ihrer Flucht versteckt halten. Seitdem der Virus ausgebrochen ist, hatte sich die Epidemie wie ein Buschfeuer in den Strassen Londons ausgebreitet und die Bevölkerung in blutrünstige Zombies verwandelt. Das Militär hat die Metropole abgeriegelt und unter Quarantäne gestellt, hat die Stadt zu einer ausweglosen Todeszone gemacht, aus der es kein Entkommen gibt ... zumindest würde sie es in 28 Minuten werden, denn dann – punkt Mitternacht – wird die Evakuierung der Stadt abgeschlossen sein. Während ihr Bruder Brian leise wimmert, gehen Jessie noch mal die Bilder der letzten Stunden durch den Kopf: der irre Blick ihrer infizierten Mutter, aus deren Händen sie ihren kleinen Bruder gerissen hat. Der Griff des langen Messers, das letztlich ihr Leben gerettet hat, wie es aus der blutenden Augenhöhle dieses Monsters ragt. Die Flucht durch die düsteren Korridore des Kellers, vor dem was einst ihr Vater gewesen war.
Das Geräusch eines vorbeifliegenden Helikopters reißt sie zurück ins Jetzt, ein Jetzt in dem ihr noch 27 Minuten bleiben, um aus dieser Hölle zu entfliehen.
„Hör mir gut zu Brian, wir müssen jetzt weiter. Alles wird bald wieder gut sein, du musst nur das tun, was ich dir sage“, sagt Jessie sanft aber bestimmt zu ihrem Bruder, der kaum merklich nickt.
Mühsam zwingen sie sich durch die halb verschlossene Aufzugstür und schleichen so leise das Treppenhaus hinunter, wie die verstreuten Scherben es zulassen.
Der Platz vor dem Gebäude ist menschenleer und die unheilvolle Stille beunruhigt Jessie schon fast mehr, als wenn der Platz voller Zombies gewesen wäre. Einzig ein auf der Seite liegender Lastwagen mit der Aufschrift Romero Transports lässt darauf schließen, dass etwas Ungewöhnliches im Gange ist.
23 Minuten haben sie noch.
Ohne weiter nachzudenken, fängt sie an zu laufen, so schnell, dass ihr Bruder kaum noch mithalten kann. Sie rennen um ihr Leben, vorbei an brennenden Gebäuden, zerfetzten Leichenteilen, schleichen sich an zwei Zombies vorbei, die sich wie hungrige Tiere, um den Oberschenkel eines Menschen streiten.
Sie laufen, laufen und laufen ... bis ihnen am Eingang eines Tunnels die Luft ausgeht und sie schwer atmend halt machen. Es sind noch 6 Minuten bis Mitternacht und sie müssen nur noch dort hindurch, dann haben sie es geschafft.
„Das war zu einfach“, denkt Jessie, und in dem Augenblick hört sie das Kreischen der Zombies hinter sich. Sie packt Brians Hand und stürzt sich in den bedrohlichen Schlund des Tunnels. Als die Dunkelheit sie ganz verschluckt hat, ergießt sich auch die Horde Zombies in den Tunneleingang und obwohl Jessie sie nicht sehen kann, sie nur mit gierigen Lauten hinter sich herlaufen hört, weiß sie, dass es viele sind, sehr viele. Ohne auch nur das Geringste zu sehen, läuft sie einfach immer geradeaus, die Hand ihres Bruders fest in ihrer. Sie stürzt, stößt sich das Knie, fällt dabei in irgendetwas Weiches, Klebriges, rafft sich auf und läuft weiter. Dann sieht sie das Licht.
Hoffnung keimt in ihr auf und sie rennt noch ein wenig schneller. Sie sieht den Zaun, sieht die Scheinwerfer, die Militärfahrzeuge, die Soldaten, die Rettung.
„Wir haben es gleich geschafft, Brian“, lacht sie hysterisch, dreht sich um und sieht, dass sie nur noch den abgetrennten Arm ihres Bruders in der Hand hält.
Der Schock lähmt ihre Beine und sie fällt weinend auf die Knie, dann verstummt auch ihr Schluchzen unter den Leibern der hungrigen Zombies.