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40er Anschluss
„Stell dir vor, komm ich hier an und dann ist da kein 40er Anschluss!“
„Wie, nicht da?“
„Fehlt! ... keiner da!“
„Ach!“
„Also, das sag ich dir, ohne 40er Anschluss fahr ich demnächst nicht mehr vom Hof!“
Dieses kurze Gespräch zweier in blaue Latzhosen gekleideter Handwerker hatte Heinz Brenne, dreiundsechzig, kurzes, akkurat geschnittenes sowohl Haupt- als auch Gesichtshaar, Brille, untersetzt -naja eigentlich dick- aber ansonsten eine eher übersehbare Erscheinung, im Vorbeigehen auf dem dem Nachhauseweg vom Einkaufen aufgeschnappt. Die beiden Arbeiter hatten neben einem, womöglich ihrem, Kleinlaster gestanden, lässig, groß, kräftig, kompetent und alles. Denen merkte man sofort an, dass sie echte Fachleute waren, Spitzenkräfte, richtige Experten.
Was wohl ein 40er Anschluss ist, fragte sich Heinz, unser Heinz, wie er in der Familie genannt wurde. Nicht, dass es da noch einen anderen Heinz gegeben hätte der nicht zu ihnen gehörte, also da gab es keinen „deren Heinz“, wegen dessen das besitzanzeigende „unser“ notwendig gewesen wäre. Heinz war für seine beiden Tanten, die ihn aufgezogen hatten nachdem seine Eltern schon früh gestorben waren, schon immer einfach nur „unser Heinz“ gewesen.
Auch noch als er bereits in der Straßenbahn saß, entgegen der Fahrtrichtung denn Heinz mochte es nicht so gerne, anders als die meisten, in Fahrtrichtung zu sitzen, also nicht, dass ihm schlecht wurde oder so, es war einfach nicht so Seins, er schaute gerne zurück, gingen ihm die beiden stattlichen Männer nicht aus dem Kopf.
Der jüngere der beiden, der eher der Zuhörer gewesen war, hatte einen sehr kräftigen, schwarzen Vollbart und wenn Heinz auch nur ganz kurz an den beiden vorbeigegangen war, so waren ihm doch die stark behaarten Arme, Hände und Finger aufgefallen. Der ältere und zweifelsfrei erfahrenere der beiden war bestimmt der Boss. Heinz wusste nicht welchem Handwerk sie nachgingen. Elektriker vielleicht oder Installateure, Anstreicher eher nicht, die haben ja eher weiße Arbeitssachen an und überall Farbklekse. Maurer vielleicht, dann wäre der ältere und erfahrene der beiden also der Polier.
Er hatte mal einen Polier gekannt, schon lange her und es war auch eine nur kurze, eher flüchtige Freundschaft gewesen, so wie die meisten immer nur oberflächliche nicht langanhaltende Bekanntschaften gewesen waren. Nicht, dass Heinz sich nicht jedes Mal in die Männer verliebt hätte, aber wie hätte er es seinen Tanten, den Schwestern seines Vaters, beide schon weit über achtzig und erstaunlicherweise noch immer sowohl geistig als auch körperlich gut beieinander, erklären sollen?
„Entschuldigung, dürfte ich hier wohl bitte sitzen?“ sprach eine ältere Frau unseren Heinz an, der, weil ganz weit weg mit seinen Gedanken, erschrak und errötete. Er hatte seine Einkaufstasche wie immer auf den Sitzplatz neben sich gestellt, hatte es nicht so gerne wenn sich wildfremde Leute neben ihn setzten, was übrigens entgegen der Fahrtrichtung auch seltener vorkommt. Untermalt mit einer entschuldigenden Geste nahm er die Tasche auf seinen Schoß, um gleich darauf wieder aus dem Fenster zu starren. Die Fahrt kam ihm heute länger vor als sonst.
Vier Haltestellen später stieg er aus. Von da hatte er noch ungefähr fünfhundert Meter zu Fuß bis zu seinem zu Hause. Er wohnte, zusammen mit den Tanten, in einer großen Wohnung eines alten Jugendstilhauses mit hohen Decken, hohen Türen, knarzendem Parkett und hellhörigen Wänden. Er hatte sein eigenes Zimmer. Noch ein paar Schritte. Morgen würde er wieder da einkaufen gehen. Hoffentlich hatten die beiden Handwerker dann auch wieder da zu tun.
Leise und langsam und mit angehaltenem Atem steckte er den Schlüssel in die Wohnungstür und drehte ihn bedächtig herum. Die Tür war nicht verschlossen, nur zugezogen was bedeutete, dass die Tanten zu hause waren. Behutsam öffnete er die Tür, hielt inne, nichts zu hören außer dem Fernseher im Wohnzimmer. Vielleicht hatte er Glück und sie waren auf der Couch eingeschlafen. Er war schon immer geübt gewesen im leise und unauffällig sein, schloss die Wohnungstür, indem er auch von innen den Schlüssel benutzte und, er hatte die Tür zu seinem Zimmer bereits erreicht, die Türklinke schon in der Hand, eine unbedachte Bewegung und der Dielenboden knarzte laut unter seinem rechten Fuß. Innehalten, lauschen und ...
„Bist du das unser Heinz, bist du das?“
„Ja, bin wieder da!“, rief er in Richtung Wohnzimmer, um eilig ohne ein weiteres Wort in seinem Zimmer zu verschwinden, die Tür fest ins Schloss, endlich!
„Stell dir vor, komm ich hier an und dann ist da kein 40er Anschluss!“
„Wie, nicht da?“
„Fehlt! ... keiner da!“
„Ach!“
„Also, das sag ich dir, ohne 40er Anschluss fahr ich demnächst nicht mehr vom Hof!“
Dieses kurze Gespräch zweier in blaue Latzhosen gekleideter Handwerker hatte Heinz Brenne, dreiundsechzig, kurzes, akkurat geschnittenes sowohl Haupt- als auch Gesichtshaar, Brille, untersetzt -naja eigentlich dick- aber ansonsten eine eher übersehbare Erscheinung, im Vorbeigehen auf dem dem Nachhauseweg vom Einkaufen aufgeschnappt. Die beiden Arbeiter hatten neben einem, womöglich ihrem, Kleinlaster gestanden, lässig, groß, kräftig, kompetent und alles. Denen merkte man sofort an, dass sie echte Fachleute waren, Spitzenkräfte, richtige Experten.
Was wohl ein 40er Anschluss ist, fragte sich Heinz, unser Heinz, wie er in der Familie genannt wurde. Nicht, dass es da noch einen anderen Heinz gegeben hätte der nicht zu ihnen gehörte, also da gab es keinen „deren Heinz“, wegen dessen das besitzanzeigende „unser“ notwendig gewesen wäre. Heinz war für seine beiden Tanten, die ihn aufgezogen hatten nachdem seine Eltern schon früh gestorben waren, schon immer einfach nur „unser Heinz“ gewesen.
Auch noch als er bereits in der Straßenbahn saß, entgegen der Fahrtrichtung denn Heinz mochte es nicht so gerne, anders als die meisten, in Fahrtrichtung zu sitzen, also nicht, dass ihm schlecht wurde oder so, es war einfach nicht so Seins, er schaute gerne zurück, gingen ihm die beiden stattlichen Männer nicht aus dem Kopf.
Der jüngere der beiden, der eher der Zuhörer gewesen war, hatte einen sehr kräftigen, schwarzen Vollbart und wenn Heinz auch nur ganz kurz an den beiden vorbeigegangen war, so waren ihm doch die stark behaarten Arme, Hände und Finger aufgefallen. Der ältere und zweifelsfrei erfahrenere der beiden war bestimmt der Boss. Heinz wusste nicht welchem Handwerk sie nachgingen. Elektriker vielleicht oder Installateure, Anstreicher eher nicht, die haben ja eher weiße Arbeitssachen an und überall Farbklekse. Maurer vielleicht, dann wäre der ältere und erfahrene der beiden also der Polier.
Er hatte mal einen Polier gekannt, schon lange her und es war auch eine nur kurze, eher flüchtige Freundschaft gewesen, so wie die meisten immer nur oberflächliche nicht langanhaltende Bekanntschaften gewesen waren. Nicht, dass Heinz sich nicht jedes Mal in die Männer verliebt hätte, aber wie hätte er es seinen Tanten, den Schwestern seines Vaters, beide schon weit über achtzig und erstaunlicherweise noch immer sowohl geistig als auch körperlich gut beieinander, erklären sollen?
„Entschuldigung, dürfte ich hier wohl bitte sitzen?“ sprach eine ältere Frau unseren Heinz an, der, weil ganz weit weg mit seinen Gedanken, erschrak und errötete. Er hatte seine Einkaufstasche wie immer auf den Sitzplatz neben sich gestellt, hatte es nicht so gerne wenn sich wildfremde Leute neben ihn setzten, was übrigens entgegen der Fahrtrichtung auch seltener vorkommt. Untermalt mit einer entschuldigenden Geste nahm er die Tasche auf seinen Schoß, um gleich darauf wieder aus dem Fenster zu starren. Die Fahrt kam ihm heute länger vor als sonst.
Vier Haltestellen später stieg er aus. Von da hatte er noch ungefähr fünfhundert Meter zu Fuß bis zu seinem zu Hause. Er wohnte, zusammen mit den Tanten, in einer großen Wohnung eines alten Jugendstilhauses mit hohen Decken, hohen Türen, knarzendem Parkett und hellhörigen Wänden. Er hatte sein eigenes Zimmer. Noch ein paar Schritte. Morgen würde er wieder da einkaufen gehen. Hoffentlich hatten die beiden Handwerker dann auch wieder da zu tun.
Leise und langsam und mit angehaltenem Atem steckte er den Schlüssel in die Wohnungstür und drehte ihn bedächtig herum. Die Tür war nicht verschlossen, nur zugezogen was bedeutete, dass die Tanten zu hause waren. Behutsam öffnete er die Tür, hielt inne, nichts zu hören außer dem Fernseher im Wohnzimmer. Vielleicht hatte er Glück und sie waren auf der Couch eingeschlafen. Er war schon immer geübt gewesen im leise und unauffällig sein, schloss die Wohnungstür, indem er auch von innen den Schlüssel benutzte und, er hatte die Tür zu seinem Zimmer bereits erreicht, die Türklinke schon in der Hand, eine unbedachte Bewegung und der Dielenboden knarzte laut unter seinem rechten Fuß. Innehalten, lauschen und ...
„Bist du das unser Heinz, bist du das?“
„Ja, bin wieder da!“, rief er in Richtung Wohnzimmer, um eilig ohne ein weiteres Wort in seinem Zimmer zu verschwinden, die Tür fest ins Schloss, endlich!
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