7. + 8. Dezember

7. Dezember

Sabrina hatte sich den Wecker zehn Minuten früher als sonst gestellt und sie stand auch wirklich auf, als er klingelte. Bevor sie das nächste Türchen aufmachte, betrachtete sie das Bild vorne darauf noch einmal ganz genau. Es zeigte einen Laden, zwar keine Buchhandlung, aber die beiden Läden waren sich doch recht ähnlich. Bedächtig zog sie das Türchen auf. Ein Haus! Ein altes Haus, das heißt, so stimmte das nicht. Aber vor dem Gebäude standen Pferdekutschen und die Leute waren anders gekleidet als heute.
Sabrina zog sich an. Ihre Mutter staunte nicht schlecht, als sie pünktlich herunter kam.
»Es geschehen noch Wunder«, meinte sie kopfschüttelnd. Sabrina grinste nur. Wenn die wüsste! Aber sie wusste nichts und so sollte es auch bleiben. Nicht, dass sie ihrer Mutter nicht vertraute. Das Adventskalenderrätsel wollte sie jedoch alleine lösen, jedenfalls ohne Hilfe eines Erwachsenen.

Hanna wartete bereits vor der Schule. Da es ziemlich kalt war, gingen die beiden Mädchen rasch in das Schulhaus und suchten sich ein ruhiges Plätzchen. Dann berichtete Sabrina genau.
»Wir müssen herauskriegen, ob es hier in dieser Gegend so ein Haus mal gab!« Der Vorschlag kam natürlich von Hanna. Sie war sehr klug und wollte später einmal Mathematik studieren. Sabrina schüttelte sich bei dem Gedanken. Doch plötzlich hatte sie einen Einfall.
»Wir könnten doch in die Stadtbibliothek gehen. Vielleicht finden wir dort etwas heraus!«
Hanna klatschte vor Begeisterung kurz in die Hände.
»Das ist eine prima Idee! Das machen wir gleich heute Nachmittag!« Zufrieden steuerten sie ihr Klassenzimmer an und setzten sich auf ihre Plätze.

Als Sabrina später endlich ihre Hausaufgaben fertig hatte, -ausgerechnet heute ziemlich viel- sagte sie ihrer Mutter Bescheid, dass sie mit Hanna in die Bücherei radeln werde.
»In Ordnung«, entgegnete ihre Mutter, „Aber nimm deinen dicken Anorak und Mütze und Handschuhe. Es ist sehr kalt draußen!« Sabrina nickte nur und zog los.

Kurze Zeit später betraten die Mädchen die Stadtbibliothek. Sie steuerten zunächst einmal den Computer an und gaben verschiedene Suchwörter ein.
Sie schrieben sich die Hinweise auf und suchten dann die passenden Bücher heraus. Anschließend zogen sie sich in die Leseecke zurück, verteilten die Bücher und jede begann zu lesen. Nach einer halben Stunde wollte Sabrina schon enttäuscht aufgeben, doch Hanna ermutigte sie.
»Komm, noch zehn Minuten! Wenn wir dann immer noch nichts gefunden haben, nehmen wir die restlichen Bücher mit nach Hause.«
»In Ordnung!« Sabrina seufzte, arbeitete sich aber weiter durch die vielen eng beschriebenen Seiten. Plötzlich stutzte sie.
»Sieh mal! Das könnte doch das Haus auf dem Bild sein, oder?« Hanna legte ihr Buch aus der Hand und nahm Sabrinas.
»Du hast recht!«, erwiderte sie aufgeregt, »Leider steht nicht genau dabei, wie die Straße heißt!«
Sabrina dachte nach.
»Weißt du was?«, erklärte sie schließlich, »Wir sollten morgen mal der alten Frau Kroll einen Besuch abstatten. Vielleicht weiß sie etwas!«
»Hm!«, machte Hanna nur.
»Hm ja oder Hm nein?«, wollte Sabrina wissen.
»Hm ja, sollte das heißen!«, antwortete ihre Freundin grinsend.

Die Freundinnen packten ihre Sachen zusammen, räumten die nicht benötigten Bücher auf und liehen die anderen aus. Dann machten sie sich auf den Heimweg. Bevor sie sich trennten, verabredeten sie sich wieder vor der Schule.


8. Dezember

Wieder stand Sabrina früher auf als üblich. Hoffentlich wurde das nicht zur Gewohnheit, dachte sie und musste grinsen. Andererseits war morgen schon Freitag und dann konnte sie zwei Tage ausschlafen. Doch jetzt wollte sie erst einmal nachsehen, was sich hinter dem achten Türchen verbarg. Sie ging zum Schreibtisch, setzte sich und betrachtete wieder einmal aufmerksam das Motiv, welches den Adventskalender zierte. Irgendwie kam ihr die Buchhandlung bekannt vor, andererseits auch wieder nicht. Schließlich öffnete sie das Türchen. Ein alter Mann! Er hielt etwas in der Hand. Ja, das war ein Buch. Das war dann bestimmt der Mann aus dem Buchladen. Sie seufzte! Viel weiter brachte sie das auch nicht.
Während sie sich anzog, ließ sich alles noch einmal durch den Kopf gehen. Vielleicht hatte Hanna ja eine Idee.

Doch als sie ungefähr eine Stunde später ihrer Freundin alles erzählte, fiel dieser zunächst auch nichts ein. Und ausgerechnet heute hatte sie Nachmittagsunterricht, das heißt, es wurde Spätnachmittag bis Hanna zur ihr kommen konnte. Es nützte nichts. Sie mussten Geduld haben.

Daheim erledigte Sabrina in Windeseile ihre Hausaufgaben und rief dann bei Hanna an. Sie verabredeten sich vor Frau Krolls Haus und Sabrina sollte den Kalender mitbringen.

Sabrina drückte auf den Klingelknopf, und während sie darauf warteten, dass ihnen geöffnet wurde, überlegte sie, was sie genau sagen wollte. Doch sie hatte sich umsonst den Kopf zerbrochen. Frau Kroll fand es anscheinend überhaupt nicht seltsam, dass die beiden Mädchen sie besuchen wollten. Im Gegenteil, sie freute sich und bat sie herein.
»Als ob ich es geahnt hätte!« Sie lächelte sie freundlich an. »Gerade habe ich mir eine heiße Schokolade gemacht. Möchtet ihr eventuell auch eine Tasse?« Die Freundinnen sahen sich an und grinsten.
»Gerne!«, antworteten beide wie aus einem Munde. Kurz darauf, saßen sie alle drei gemütlich in der Küche und tranken Kakao und aßen selbst gebackene Plätzchen. Sabrina hatte direkt gegenüber dem Bild Platz genommen, welches auch als Motiv ihren Kalender zierte.
»Ein schönes Bild, nicht?«, riss Frau Kroll sie aus ihren Gedanken.
»Waren Sie schon einmal in diesem Laden?«, fragte Sabrina. Frau Kroll schüttelte bedauernd den Kopf.
»Nein, solche Läden gibt es ja heutzutage nicht mehr.« »Leider“, fügte sie noch hinzu, »Früher gab es viele solcher sogenannter Tante-Emma-Läden. Gerade auf dem Dorf war es wichtig, denn da gab es meist nur einen einzigen Laden. Eben einen Tante-Emma-Laden! Dort konnte man alles kaufen: Lebensmittel, frische und auch haltbare, wie Zucker, Mehl oder Nudeln, Besen, Werkzeug, Briefpapier und Tinte, Stoffe, Knöpfe, Nadel und Faden, ja und auch manchmal Bücher.« Die beiden Mädchen sahen sich an. Bücher! »Kennt ihr eigentlich den kleinen Schreibwarenladen um die Ecke? Stellt doch dort einmal eure Fragen!« Zweifelnd schaute Sabrina Frau Kroll an.
»Ich weiß nicht«, sagte sie dann langsam, »ich habe immer das Gefühl, als ob es dem Herrn Baltasar gar nicht recht sei, wenn man in seinem Geschäft steht! «
»Das täuscht«, entgegnete die alte Frau. »Im Grunde seines Herzens ist er ein sehr netter alter Mann.«
Hanna guckte auf die Uhr.
»So spät schon!«, meinte sie erschrocken, »Tut mir leid, aber ich muss nach Hause, sonst bekomme ich Ärger!« Frau Kroll nickte verständnisvoll.
»Es war sehr nett von euch mir Gesellschaft zu leisten. Ihr könnt mich jederzeit wieder besuchen.«
»Das machen wir«, versprachen die Mädchen, verabschiedeten sich und liefen eilig heim.
 



 
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