A room, a table, two hours.

Klaus K.

Mitglied
A room, a table, two hours.

Englisch? Warum das denn? Damit Sie hineingezogen werden! "Ein Raum, ein Tisch, zwei Stunden." Wie langweilig, bei der Überschrift wären Sie doch sofort ausgestiegen. Nein, Sie sollten hierbleiben, aber seien Sie gewarnt. Leichte Provokation erwartet Sie. Also steigen Sie lieber doch jetzt aus, bösartige Kommentare hinterher sind sonst unfair! Also los - raus oder weiter!

Sie möchten wissen, was der Titel bedeutet, wie es dazu kam? Gemach, gemach. Ich kenne keine einzige Kurzgeschichte, bei der sofort der Titel erklärt wurde. Das wurde von einigen Leuten bei mir in der entsprechenden Rubrik schon mal moniert. "Einstieg zu lang!" oder "Komm' zur Sache!"
Das Feld muß bestellt werden, eine Stimmung, ein Bild muß aufgebaut werden, vor dem geistigen Auge des Lesers.
Wer das Gegenteil behauptet hat entweder keine Ahnung oder nichts begriffen, oder aber niemals echte, klassische short-stories gelesen. Aus diesen drei Möglichkeiten wird dann eine Schreibhilfe, eine Gebrauchsanweisung aus dem Mixer. Aber hier sind wir ja sowieso bei einem völlig anderen Genre. Also gemach, gemach. Es wird sich weisen.
Oder hätten Sie den Titel lieber auf französisch? Damit wären wir dann zum Beispiel direkt in Brüssel. Wegen der Sprache, oder was fällt Ihnen sonst noch dazu ein? Nicht viel? Das habe ich mir fast gedacht. Manneken Pis? Das Atomium? Pommes frites?

Belgische Pralinen? Und zack, schon haben wir den ein oder anderen Horizont erweitert, oder? Nein, Sie dachten natürlich sofort nur an die EU! Gut, 100 Punkte. Von 500 möglichen, tut mir leid. Und wer fällt Ihnen dazu ein? Der Günther Öt., der Meister der deutschen und fremden Sprache? Oder Edmund St., oder Ska Ke., oder Sven Gi., oder Reinhold Bü., oder gar Elmar Br., der war am längsten von allen dabei und ist jetzt endlich im Ruhestand? Alles Helden oder Heldinnen der EU-Politik, nur haben Sie von deren Wirken noch nie etwas gehört, was irgendwie von Belang für uns alle gewesen wäre.
Diese Leute poppen alle jeweils maximal zweimal im Jahr kurz auf, äußern maximal jeweils zwei völlig bescheuerte und nichtssagende Sätze vor irgendeiner Kamera, und das war es dann auch schon.
Sie, verehrte Leser, wissen aber auch, wieviel immense Silberlinge diese völlig unkontrollierte Tätigkeit pro Monat einbringt? Silberlinge aus unserem Steuergeld.
Die Honorierung steht in einem krassen Missverhältnis zur Leistung, recherchieren Sie mal!

Den Job könnten Sie auch? Vorsicht, denken Sie an Ihre Erinnerungslücken alleine beim Stichwort "Brüssel". Richtig geglänzt haben Sie nicht, ich weiß das. "Pommes frites" hat mich dabei besonders enttäuscht.- Aber die gerade genannte Dame und die Herren wären ideal. Ideal geeignet für "une chambre, une table, deux heures". Wir nähern uns an, Sie merken es.

Ich habe mal bei der deutschen Dependance eines amerikanischen Großunternehmens aus Ohio gearbeitet. Die Besprechungsräume waren nach der Vorgabe aus den USA gebaut worden. Fensterlos, ein Tisch, eine Tür. Keine Ablenkung. Beginn der Sitzungen oft abends um 19.00 Uhr, open end. Ich bin Klaustrophobiker - nomen est omen - und jedesmal tausend Tode gestorben. Details erspare ich Ihnen bewußt, ich könnte Sie sonst ja weiter verunsichern.
Die Ergebnisse zählten. Und die waren gut. Demokratische Mehrheitsbeschlüsse, glasklar. Vorher kam keiner raus. Es hat oft sehr lange gedauert, aber es war effektiv. Keine Diskussionen danach, jeder wußte, was er zu tun hatte. In diesem einen Punkt fand ich "die Amis" gut. Offensichtlich halten sie sich aber inzwischen selber nicht mehr so richtig daran. Minus 100 Punkte dafür, von 1000 möglichen. Sorry, my friends. Zu viele Zweifel.
Aber: So macht man tragfähige Entscheidungen, wenn man denn will. So schweißt man zusammen.

Und dann sehe ich diese beiden Helden. Helden, die offensichtlich die Welt unter sich aufteilen wollen. Russland und China. Die einen Pakt schließen,
bei dem keiner von beiden weiß, wer von ihnen eigentlich der Teufel ist. Und dann wünsche ich mir, sie würden direkt ein paar von den anderen Typen dazuholen. Irgendwo aus einem Land oberhalb von Südkorea. Oder aus einem der russischen Vasallenstaaten. Und ich hätte wie damals die Leitung. Zwei Stunden.

Was dann käme, wäre eher ernüchternd. Man kennt mein Metier, mein Faible, meine Passion für geschichtlichen Hintergrund. Von Cäsar an, über Hitler und Mussolini bis Gaddafi, man weiß, wie jeder in dieser völlig unvollständigen und minimalistischen Aufzählung sein Ende gefunden hat. Im Prinzip alle. Es kann nicht gutgehen. Sie alle endeten in der Gosse, als sinnlose, nutzlose Existenzen, aber Millionen von Menschen litten unter ihnen. Bei den beiden Kandidaten oben wäre die Erinnerung daran angebracht. Ein Raum, ein Tisch, zwei Stunden. Das würde sie vielleicht wachrütteln. Sie bekämen die Chance für ein vernünftiges weltweites Friedensergebnis.
Sollten sie dabei scheitern ist dann allerdings kein Parkplatz in Brüssel für sie vorgesehen. Zum Glück. Dort wird ja auch nur Tischfeuerwerk bevorzugt, Knallfrösche sind generell unerwünscht, von Böllern ganz zu schweigen. Und Raketen aus dem Osten braucht dort garantiert auch keiner, außerdem sind deren intellektuelle Zündschnüre ja viel zu kurz.

Aber jetzt wissen Sie zumindest, wie ich auf den Titel kam. Und den nächsten Sommerurlaub buchen Sie gefälligst in Spa, verstanden? Ach so, ein belgisches Seebad, aber das wußten Sie ja bestimmt auch.
 
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