Abbruch der Zelte

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Tula

Mitglied
Hallo Manfred

eine interessante Idee, d.h. wenn ich sie verstehe (?). Ich lese hier den LI als jemanden, der vom Leben (und von anderen, die ihm einst Träume und Ziele 'verkauften') enttäuscht ist und nicht nicht mehr viel erwartet.
So gibt er den jungen dennoch den Rat, ihren eigenen Träumen und der Herde zu folgen, bevor er sich selbst seinem Schicksal ergibt.

LG
Tula
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Tula!

So kann man es lesen, das ist aber die harmlose Variante.
Meine Intention war viel bösartiger.
Das Dorf ist ohne Schamane und Krieger verloren und das lyrich hat nur Verachtung für die anderen übrig.
Er schickt sie bewusst ins Verderben und hat keinerlei Interesse mit ihnen zu ziehen.
Dieses "wirf dich ins Feuer" kann man übrigens auch positiv verstehen. Dies überlasse ich dem Leser.

Liebe Grüße
Manfred
 

Tula

Mitglied
Hallo Manfred

Danke für die Erklärung. Meine etwas hoffnungsschwangere Interpretation hat wohl mit den Herden zu tun, zur Zeit der Schamanen (auch wenn diese hier sinnbildlich stehen), klingt mir das 'mit den Herden ziehen' wie ein jugendlicher Ruf nach Abenteuer in der freien Wildnis. Also eher verklärt romantisch.

Horden statt Herden, und ich hätte es in der Tat anders gelesen.

LG
Tula
 

Vagant

Mitglied
Hallo Manfred,

also ich lese da weder den von @Tula gelesenen Verweis auf kommende Abenteuer – go west, young man! – noch die von dir beabsichtigte Bösartigkeit. Für mich ist dieses „wirf dich ins Feuer“ – also so, wie ich‘s gerade lese – eindeutig positiv konnotiert und fast schon politisch.
Wirf dich ins Feuer! Kümm're dich selbst um deinen Scheiß! Mach was draus!
Denn: Mit himmlischen Beistand solltest du nicht rechnen, den weltlichen Mächten nicht vertrauen, und selbst auf die Herden – also all das, von dem du annimmst, dass das Leben diese Dinge mir einer Selbstverständlichkeit für dich bereithält – ist kein Verlass mehr.
Nimm es selbst in die Hand! Wirf dich ins Feuer!
Ein Gedicht wie ein Plakat, das durch die starken, saftig- archaischen Nomen (Schamanen, Krieger, Herden) drei gut platzierte Eyecatcher aufweist.

Allerdings – und das sehe ich erst jetzt – wird diese von mir gelesenen Eindeutigkeit durch den Titel (Abbruch der Zelte) eigentlich ad absurdum geführt. Dann müsste es wohl "Aufbruch" heißen, und wäre in dieser Eindeutigkeit dann wohl eher platt.
Trotzdem: In diesem "wirf dich ins Feuer" liegt schon eine inspirierende Kraft.

Lg, Vagant.
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Vagant!

Da ich ein sehr politischer Mensch bin und diese Lesart durchaus beabsichtigt war, freut mich dein Post ganz besonders. Auch, dass du die positive Lesart des Schlusses erkannt hast.
Ja, die Kernaussage ist wohl, sich aus der grauen Masse zu befreien.

Normalerweise habe ich kein Problem eine Überschrift zu finden. Das ist mir hier besonders schwer gefallen und ich habe mich nach langem Überlegen für "Abbruch der Zelte" entschieden. Es müssen nicht zwangsläufig diejenigen die Zelte abbrechen, die gehen. Es kann auch der sein, der bleibt.

Danke für deine Interpretation und die Wertung.

Liebe Grüße
Manfred
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Manfred,

ich interpretiere das Gedicht auch positiver.

Wenn man Religion und Krieg überwunden hat, kann man sich Neuem öffnen, der Natur folgen und sich der Leidenschaft hingeben.

cu
lap
 

Der Andere

Mitglied
der mensch als herdentier. der mensch als rebellion gegen das dasein als herdentier. der mensch als nicht festgestelltes tier.

die struktur des gedichts ist klar, sie hat ihren rhythmus, hat sich in drei geteilt.

vielleicht könnte man statt der sehr trockenen wendung "machte sich auf" etwas dramatischer "der brach auf / klammheimlich in der nacht" schreiben. aber das ist nur ein winziges detail.

gern gelesen.
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Der Andere!

Vielen Dank für deinen Kommentar.
Dein Vorschlag wäre eine Überlegung wert, aber ich möchte aus meinen Gedichten soweit möglich Dramatik heraushalten.

Liebe Grüße
Manfred
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Walther,

deine Anmerkung freut mich ganz besonders, weil ich immer bemüht bin unnötige Dramatik aus meinen Gedichten herauszuhalten.

Danke auch für die Wertung!

Liebe Grüße
Manfred
 

Der Andere

Mitglied
das versteh ich nicht ganz:
"wirf dich ins feuer", krieger, die im nebel verschwinden usf.

vielleicht war "dramatisch" das falsche wort, aber das gedicht spielt durchgehend mit urmomenten "das klammheimliche davonstehlen; das verschwinden; das feuer. "aufmachen" ist schlichtweg nicht sehr schön formuliert und belässt v 3 irgendwie blass. das wäre einfach (es heißt ja nicht, dass "aufbrechen" die beste lösung wäre; es gibt ja zig alternativen) zu beheben; darauf wollte ich hinweisen.

das prosaische an den stropheneinstiegen mag ich hingegen und übrigens sehr. ich verfechte hier keine unnötige dramatisierung des gedichts, lediglich eine stilistische verschönerung von v3.

dies nur als erklärung. ich verstehe aber, wenn du das gedicht, wie es ist, belassne möchtest. es ist dir ja auch gelungen!

der andere
 



 
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