Abendbrise

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Neziri

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Abendbrise

Als der Tag vorüber war
Die letzten Scherben Licht
Von lauer Brise sanft dahingerafft
Im Dunkel dieser Nacht versanken


Dacht ich bei mir
Ach wahrlich, diese sanfte Muse
Die mit schelmisch blitzend Augen
Mich anregt zu gar köstlichen Gedanken


Wär sie doch nur
Mir zugetan wie ich ihr bin
Und nähme mir die Zweifel
Deren all mein Mut nicht Herr ist


An meiner Seite
Weilt indessen, unverdrossen,
Einsamkeit, recht hämisch grinsend
Die hätte ich gar zu gern vermisst
 

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Mitglied
Ein wunderbar sanfter, gefühlvoller Text, Neziri!

Sprachlich sehr gelungen in Bildern, Rhythmus wie auch Melodie und dem Inhalt angemessen, nur an zwei Stellen wirkt es mir zu gewollt gedrechselt und etwas eigenartig altertümelnd - da würde ich persönlich mir die sprachlich "schlichtere" Variante wünschen (aber das ist schon Meckern auf hohem Niveau):

Dacht ich bei mir
Ach wahrlich, diese sanfte Muse
Die mit schelmisch blitzend Augen - warum nicht "blitzenden"? Grammatikalisch ist "blitzend Augen" einfach falsch
Mich anregt zu gar köstlichen Gedanken - "anregt zu den köstlichsten" vielleicht?
Es ginge auch noch

"Die mit Augen, schelmisch blitzend,"

als Möglichkeit, wenn dir die Silbenzahl wichtig ist.

Auf jeden Fall ein sehr schöner Text! Ich mag die Melodie und dieses leise Sehnen, das darin schwingt!

Sehr gerne gelesen!
LG,
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G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Hallo Neziri,

ein Stimmungsgedicht. Nur scheint mir einiges ein wenig gedrechselt. Zum Beispiel die "Scherbe Licht". Ich bin eine Freundin von Metaphern - aber nur dann, wenn sie "sitzen". Oder willst du behaupten, Licht sei zertöppertes Porzellan? Da sollte dir was Treffendes einfallen, z. B. ein letztes Licht, der erste Dämmer usw. Je einfacher, um so besser, nicht so zwanghaft nach Metaphern suchen, die am Ende keinen Sinn ergeben.

Gleich zweimal hintereinander "sanft" - die sanfte Brise, die sanfte Muse. Würde ich vermeiden.

Die "schelmisch blitzend Augen" und die "gar köstlichen Gedanken" wurden schon angesprochen. Ein Spötter würde jetzt ausrufen: "Lecker!"

Strophe 4: "Deren all mein Mut nicht Herr ist" - richtig: Denen all mein Mut nicht Herr" (ohne ist, es ist Lyrik, da darf man die Ellipse benutzen)
Hört sich allerdings ein bisschen sehr "altmodisch" an.

Strophe 5: recht hämisch grinsend - weiß nicht, ob das zutreffend ist. Ich würde zumindest "recht" streichen.

Gelungen, das stille Gleiten des Tages in den Abend auch durch den Rhythmus der Verse
darzustellen. Noch gibt es ein paar Stolperer, aber du bist auf dem Wege. So gesehen sehr schön.

Zum Schluss die Frage: Gibt es einen Grund, dass du dieses Gedicht unter "Gereimtes" gepostet hast?

Lieben Gruß, Hanna
 

Neziri

Mitglied
@blackout Auch dir herzlichen Dank für dein Feedback! Um zwei deiner Punkte auf einen Streich zu beantworten:

"Herr ist" reimt sich auf "vermisst" - deswegen würde ich mir die Freiheit nehmen und das so belassen. Altmodisch bin ich bei Lyrik ohnehin, der Vorwurf sitzt.

Man könnte es natürlich anders formatieren:

Als der Tag vorüber war, die letzten Scherben Licht
Von lauer Brise sanft dahingerafft im Dunkel dieser Nacht versanken

Dacht ich bei mir: Ach wahrlich, diese sanfte Muse
Die mit schelmisch blitzend Augen mich anregt zu gar köstlichen Gedanken

Wär sie doch nur mir zugetan wie ich ihr bin
Und nähme mir die Zweifel, deren all mein Mut nicht Herr ist

An meiner Seite weilt indessen, unverdrossen,
Einsamkeit, recht hämisch grinsend - die hätte ich gar zu gern vermisst

Aber ich finde es so wie ursprünglich gepostet besser, passender, es tickt besser beim Lesen - für mich zumindest. Damit mag ich auch komplett falsch liegen.

Zu den anderen Punkten:

- Ich lasse die Spötter gerne "lecker!" spotten, darüber kann ich mich allemal köstlich amüsieren. ;)

- Das doppelte sanft ist ein Schwachpunkt, mir will allerdings nichts so recht als Ersatz dafür passen, da muss ich erst noch ein paar Gehirnwindungen geradebiegen.

- Wenn Einsamkeit hier als Allegorie grinsen kann, so mag das nicht nur ein bisschen hämisch, sondern sogar recht hämisch sein, sonst müsste ich ihr ja das Grinsen überhaupt absprechen, wenn sie es nicht in allen Varianten könnte.

- Was aber nun die Scherben angeht... ja, was hab ich mir Tor dabei nur gedacht?
Ich werde darüber nochmal nachdenken, am besten bei einer Tasse Tee auf der Veranda, während die letzte Abendsonne ihr Licht durch das Laub des Birnbaums an die Hauswand wirft. Vielleicht fällt mir dann etwas besseres ein, besonders auch weil die Brise, das luftig leichte Ding, dem Licht ja gar nichts kann! Da hab ich wohl einige physikalische Fehler in meinem Gedicht.

Danke für deine Anregungen, deinen Blickwinkel, und vor allem fürs Lesen!

Liebe Grüße, Aslan
 



 
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