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Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Vielen Dank revilo und mondnein!

Anscheinend gibt es hier auch noch ein paar Lyriker, die beim Lesen auch versuchen ein Gedicht zu verstehen und sich nicht auf eine Suche nach (vermeindlichen) Fehlern begeben und sich dabei in geringster Weise um die Absicht des Verfassers scheren.
Diese Ansicht hat mir übrigens ein hier sehr angesehener Lyriker in einer privaten Nachricht mitgeteilt. Es ist der Meinung, dass diesem Forum mittlerweile jegliches lyrikverständnis abgeht und er am Überlegen ist, seine schreiberische Tätigkeit hier einzustellen. Geht mir zur Zeit auch immer öfter durch den Kopf.

Liebe Grüße
Manfred
 
F

Frodomir

Gast
Hallo Franke,

ich fände das schade, weil ich mich gern mit deinen Gedichten beschäftige. Was deine Ansicht zur Autorintention betrifft, bin ich jedoch der Meinung, dass du diese zu sehr gewichtest, weil du diese nicht als dem Leser geläufig voraussetzen kannst. Dem Leser bleibt nur der Text und sein eigenes Weltwissen - kann das Gedicht im Verbund mit diesem Wirkungen und Vorstellungen beim Leser erzeugen, hat es seinen Sinn erfüllt. Das dafür übrigens die grammatischen Regeln nur insofern übergangen werden sollten, als dass es vom Autor aus inhaltlichen Gründen beabsichtigt ist, versteht sich für mich von selbst. Der Verweis auf den Duden war somit in meinen Augen nicht angebracht, weil du deine Lyrik damit durch ein offensichtliches Desinteresse am korrekten Deutsch selbst disqualifiziert hast.

Viele Grüße
Frodomir
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Lieber Franke,

wer in der leider allzu überschaubaren Zahl der Lelulyriker hat noch nie mit dem Gedanken gespielt, die anderen einen Abgang schmecken zu lassen, der ihnen für eine Woche im Schmerzgedächtnis bleibt? Länger als eine Woche halten sich die letzten Lieder nie, es wird zuviel Schnee drübergeschaufelt, und der ist dann auch nach einer Woche auf die zweite Seite geschmolzen.

Du wirst ja gelesen, das unterscheidet Deine Beiträge von meinen. Gut zwei Drittel (!) meiner - nehmen wir mal die letzten zehn - Lieder bleiben unkommentiert, unbewertet, und alle haben vergleichsweise kleine Leserzahlen.

Die Schar der guten Lyriker in der Leselupe ist zu klein, viel zu klein. Und dabei ist unausgemacht, wer wen außer sich selbst unter die "guten" zählt.

grusz, hansz

Liebe Ciconia, ich versuche mal den Konjunktiv auszuführen:
Sieht so aus
als wäre hier keiner gekommen
wäre den hellen Morgen geblieben
und wäre vergangen
Findest Du das schöner?

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Mondnein,

mein gestriger Vorschlag (im Konjunktiv I, der hier auch nicht falsch ist) sah so aus:
Das Gras wird sich
[strike]erheben[/strike] aufrichten bis Mittag
als sei nie jemand hier gewesen
Die letzten zwei Zeilen könnte man (Apo koinou!) so dranhängen:
den hellen Morgen geblieben
und vergangen
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass nicht die Anzahl der User ohne Lyrikverständnis zunimmt, sondern die Anzahl der User abnimmt, die die deutsche Sprache schätzen und lieben und sie anzuwenden wissen. Und dies sage ich - wie alles hier - öffentlich, nicht "hintenrum".

Gruß Ciconia
 
T

Trainee

Gast
Hallo in die Runde,

ich glaube, jetzt geht einiges durcheinander.
Das Apokoinu ist ein Stilittel, das der Verknappung dient und der Ellipse und dem Zeugma eng verwandt.
Durch Weglassung und Raffung soll eine stärkere (Gefühls-) wirkung hervorgerufen werden.
Beim Apokoinu steht ein Wort oder Satzteil - die zu zwei beigeordneten Sätzen gehören - in der Mitte.
Ich gebe mal ein einfaches Beispiel

Ich schreibe keine
Lyrik
meine große Obsession.


Die korrekte Grammatik wird durch dieses Stilmittel weder infrage gestellt noch "aufgebrochen."

In Manfreds Gedicht müsste es also, wie bereits von Ciconia vorbearbeitet, heißen

Das Gras wird sich
aufrichten bis Mittag
Sieht so aus
als sei hier niemand gewesen

bleibt der helle Morgen
und vergeht
Ich finde übrigens die Spitzfindigkeiten, die sich gegen die hier allesamt wohlwollenden Textarbeiter richten, unangemessen.

So kenne ich dich gar nicht, Manfred.

Erstaunte Grüße
Trainee

Sprache und Form sind unsere Materialien und ebenso (!) wichtig wie der Inhalt eines Werks.
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Trainee,

das mag schon sein, dass es nach Ciconias Grammatikauffassung so heißen müsste. Das hat dann aber überhaupt nichts mehr mit meinem Gedicht und meiner Intention zu tun.
Liegt daran, dass Gedichte nur noch oberflächlich gelesen werden und dann ein schnelles Urteil gefällt wird. Darüber rege ich mich hier auf.

Ich formuliere mal aus:
Keiner kam, keiner blieb den hellen Morgen, keiner verging.

Liebe Grüße
Manfred
 
F

Frodomir

Gast
Hallo Franke,

irgendetwas hat dich verletzt, wahrscheinlich, weil dir das Thema sehr persönlich ist. Aber von einer oberflächlichen Textbearbeitung kann ja gerade keine Rede sein, wenn der Leser letztlich sogar herausfindet, dass er mit grammatikalischen Problemen zu kämpfen hat. Leider umgehst du bisher meine Kommentare, aber ich möchte ein letztes Mal zu bedenken geben, dass die Intention eines Autors zwar durchaus interessant, für den Leser aber eher irrelevant ist. Wenn du z.B. eines Tages stirbst und 200 Jahre später findet jemand dieses Gedicht im Schrank, kennt er weder dich noch deine Intention. Aber eventuell wird er den Text merkwürdig finden, weil du deine Intention höher hieltest als den Duden.

Viele Grüße
Frodomir
 
T

Trainee

Gast
Bitte, entschuldigt meine Tippfehler. Frodomir war schneller als ich nachbessern konnte. :cool:
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Trainee,

nein, das ist etwas anderes. Bei mir vergeht der Mensch, bei dir ist es der Morgen.

Hallo Frodomir,

normalerweise gebe ich meine Intention auch nicht bekannt und freue mich über jede neue Lesart. Wenn mir aber aufgrund einer Fehlinterpretation Fehler vorgeworfen werden, dann wehre ich mich. Zumal wenn andere Leser diese Schreibweise vollkommen in Ordnung finden.

Liebe Grüße
Manfred
 
F

Frodomir

Gast
Hallo Franke,

ja, das kann ich verstehen, wenngleich es prinzipiell nicht darum gehen sollte, ob die Grammatik als richtig wahrgenommen wird, sondern ob sie auch richtig ist. Und darüber bin ich mir beim vorliegenden Gedicht noch nicht ganz schlüssig.

Viele Grüße
Frodomir
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Frodomir,

das komische daran ist, dass ich mir bei diesem Gedicht so sicher wie lange nicht mehr war, dass ich eine klare Aussage getroffen habe. So kann man sich irren.
Aber ich brenne für meine Gedichte. Ich schreibe nicht, weil ich es kann. Jedes Mal gebe ich auch einen Teil von mir preis. Deshalb wahrscheinlich der Kampf um die Formulierung.

Liebe Grüße
Manfred
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Franke,

allmählich wird es wirklich komisch.
Keiner kam, keiner blieb den hellen Morgen, keiner verging.
Bei mir vergeht der Mensch
Nichts Anderes sagt diese (meine) Version, nur eben im korrekten Konjunktiv.
Das Gras wird sich
aufrichten bis Mittag
als sei nie jemand hier gewesen
den hellen Morgen geblieben
und vergangen
Wo ist da Deiner Meinung nach die Fehlinterpretation?? Könnte es sein, dass Du nur oberflächlich gelesen hast?

Gruß Ciconia
 
F

Frodomir

Gast
Hallo Franke,

nun ja, inhaltlich haben wir alle eine subjektive Sicht auf das Gedicht, sodass bei manchen die Aussage klarer und bei manchen eben weniger klarer wirkt. Die Grammatik dagegen unterliegt objektiven Regeln und wenn man diese absichtlich oder durch Nichtwissen missachtet, verringert sich die Chance, in der Sprachgemeinschaft seine Botschaft an den Empfänger ohne Datenverlust weiterzuleiten, erheblich. Da ist es am Ende leider egal, wie sehr man für sein Werk brennt, obwohl dieses Feuer in meinen Augen ein nicht zu überschätzender Faktor bei der Herstellung ernster Lyrik ist. Man sollte es, wenn man von den Reaktionen der anderen nicht enttäuscht werden will, nur gezielt einzusetzen wissen. Dass du das aber kannst, habe ich bei dir schon oft nachvollziehen können, hier hast du es eben nur für einige geschafft, für andere nicht so sehr.

Viele Grüße
Frodomir
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Sorry Ciconia,

das habe ich in der Hitze der Diskussion überlesen. Damit kann ich prima leben.

Liebe Grüße
Manfred
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wenn das Leben fortgeht
soll es sich aufmachen
über taubenetzte Wiesen
in den Wald

Das Gras wird sich
aufrichten bis Mittag
als sei niemand hier gewesen
den hellen Morgen geblieben
und vergangen
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Na, da bin ich aber froh, dass wir uns doch noch einigen konnten ...

Gruß Ciconia
 



 
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