Abkehr

Abkehr*

Bei einem Dichter Wunderbild,
da wurde ich zum Gaste:
Fünf grüne Sterne trug sein Schild
an einem langen Aste.

Es war ein arger Lyrikus,
den ich dort aufgesuchet:
Er textete mich zu mit Stuss
und hat mich noch verfluchet.

Es flatterten um ihn herum
gar recht illustre Gäste,
die mich verkauften, doch für dumm:
Sie lobten Lyrikreste.

Ich sah der dünnen Bretter Zahl,
die man hier bohren wollte
und fand sie allesamt zu schmal,
worauf ich mich dann trollte.


"Seht zu, dass ihr das Weite sucht!"
empfahl man meinen Schritten.
Da habe ich den Ort verflucht
und schimpfte unter Tritten.

*Ludwig Uhland würde mir diesen Missbrauch seiner "Einkehr" sicher nicht verübeln.

Doch gibt man mir nur kleines Lob
Ein wenig Dichterliebe
Kehr ich zurück zum Reimetrog
Vergesse Wahrheitstriebe

Jou, der Ludwig wird es sicher selbst gemerkt haben und man hat es ihm nicht übel genommen.
Mir will man allerdings weniger die veröffentlichten Werke als meine stichelnden Kommentare "mit Tritten" verleiden.
Aber sei's drum - ich genieße das. Das Schulterklopfen staubt ja so fürchterlich ...

JB

AbrakadabrA schrieb:

Doch gibt man mir nur kleines Lob
Ein wenig Dichterliebe
Kehr ich zurück zum Reimetrog
Vergesse Wahrheitstriebe

Zum Vergrößern anklicken....

Hehe, wer ist hier denn nicht auf Anerkennung aus? Notfalls werden dazu benutzte Kondome herangezogen ...
Allerdings bin ich dem Reimetrog noch nie untreu geworden und es stört mich nicht, wenn man mich unzeitgemäß nennt, denn genau das will ich gern sein.

Eure Kritik lässt mich lächeln - allein euer Lob beleidigt mich

JB

Lieber James
Für mich das perfekte Reimgedicht
Das schließt den Reim sucht - Flucht mit ein, immerhin kann auch eine Suche zur Sucht werden.
Hinter 'wollte' fehlt das Komma, vermute ich wenigstens, weil dort ein Nebensatz abgeschlossen wird.

Dass du deine Kommentare selbst als stichelnd bezeichnest, enttäuscht mich allerdings etwas. Ein wahrer Kritiker muss das nicht extra betonen. Aber als subtiler Pleonasmus im Kommentar selbst ist das natürlich ebenso absolute Sahne

unperfekte Grüße
Tula

Klar, der Reim 'sucht - Sucht' ist nicht besonders, kriegt man aber beim Lesen gebacken.

Hinter 'wollte' setze ich allerdings kein Komma, da die Regel besagt, dass gleichrangige Nebensätze durch Komma getrennt werden, sofern sie nicht durch 'und' oder 'oder' verbunden sind. (Den Fehler eines überflüssigen Kommas hatte ich dir übrigens angekreidet.)

Natürlich muss ich auch nicht extra betonen, dass meine Kommentare teilweise etwas stichelnd sind. Gemeint waren hier allerdings Kommentare zu den Gedichten anderer. Ein Pleonasmus ("Doppelmoppel") wäre das allerdings nicht, eher schon eine autologische Komponente, die das benennt, was der Kommentar zu fremden Gedichten bereits beinhaltet. Aber Sahne hin oder Schmand her - genug der Fachsimpelei und meinen Dank dafür.

Wichtig scheint mir hier: Ein ironisches oder satirisches Gedicht sollte möglichst form- und reimstabil daherkommen, ansonsten verliert es empfindlich an Schlagkraft. Vielleicht hilft's ja dem einen oder anderen zu einer gelungen Missetat.

Grüße
JB

Hallo James,

reimstabil? In der ersten Strophe finde ich nur einen Reim, in den anderen hingegen immer sauber den Kreuzreim. War das Absicht?
Na ja, und in der letzten Strophe ist er doch wohl unsauber ('sucht' und 'Flucht'). Das kriegt man beim Lesen nicht 'gebacken', wie Du sagst. Würde ich sagen ...

Schöne Grüße,
Rainer Zufall

Prima Rainer,

so ganz lyrisch unbeleckt wie du dich zunächst zeigtest, scheinst du ja doch nicht zu sein ...
Was deine Kritikpunkte anbelangt: Zustimmung, ok ist das nicht - aber verkraftbar, wie ich meine.

Ich würde dafür auch keine fünf Sterne vergeben.


Grüße
JB

Hallo James,

ich versuche es nur selten. Ab und zu lese ich hier ein paar Gedichte, wenn die ersten Zeilen mich ansprechen - oder, wie in diesem Fall, neugierig machten wegen der kleinen Dispute zu einem anderen Werk. Deine erste Strophe wirkte auf mich nach Retourkutsche ...

Schöne Grüße,
Rainer Zufall

Ja, das schien mir heute schon die zweite Retourkutsche. Aber das macht nichts - meine Werke sind alles andere als perfekt. Und das wäre wohl auch nicht gut.
Ich freue aber immer über genaues, mitdenkendes Lesen.

Grüße
JB

James Blond schrieb:

Ja, das schien mir heute schon die zweite Retourkutsche. Aber das macht nichts - meine Werke sind alles andere als perfekt. Und das wäre wohl auch nicht gut.
Ich freue aber immer über genaues, mitdenkendes Lesen.

Grüße
JB

Zum Vergrößern anklicken....

... und so habe ich auch noch eine Lösung für die angekreideten Schwächen gefunden. Es ist zwar nur eine kleine Spöttelei, doch wer weiß, vielleicht wird es noch einmal gebraucht ...

1. Der fehlende Reim im ersten Vers lässt sich leicht durch eine Namensänderung korrigieren: Statt "Sonderbar" heißt der gute Mann nun "Wunderbild", was auch besser zu Herrn Uhlands Vorbild vom "Wirte wundermild" passt und zugleich verspöttelt.

2. Der schiefe Reim im letzten Vers durch das gedehnte, bzw. kurze 'u' bei sucht/Flucht wurde ausgetauscht durch sucht/verflucht.

Nochmal danke für die geleistete Textarbeit.

Grüße
JB