Abrechnung (Sonett)

Der Liebestrieb, ich lieb ihn nicht. Er ist
so dumm und dumpf, so tierisch und so blind,
er zielt vorbei an dem, was andre sind,
und wirft sein Opfer lachend auf den Mist.
Er ist so zweckbestimmt und letztlich nichts,
er raubt das Wichtigste mir, meine Zeit,
und kommt er nicht zum Ziel, tränkt er mit Leid,
oft ächz ich unterm Druck des Triebgewichts.
Wird er erfüllt, so ist auch das nicht schön:
Umwittert von Versagensangst und Scham,
versalzt er uns erkämpften Lustbalsam,
auf einmal war das alles nur obszön.
Ich lieb‘ ihn nicht nur nicht. Ich hasse ihn.
Und muss doch immer wieder neu erglühn.
 



 
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