Abu Nuwas

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sufnus

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Abu Nuwas

Langsam ist der Tag nun müde
seiner selbst, er dunkelt ein und
unsre Augen sind halt nicht
für so altes Licht gemacht.

Man sagt ja, die Traurigkeit darüber,
auf dieser allzuschönen Welt zu sein,
sei ein Schattengewächs,
schlage ihre Wurzeln in unsere Köpfe,
mache unsere Stimmen dumpf,
zum hohlen Echo an den Wänden,
die wir so würdevoll errichtet haben.

Jetzt komm, Al-Hasan, mein lockiger Freund
mit dem Schelmenlachen, und
schenk den schwarzen Wein aus,
der stärker ist als die
vergänglichen Sorgen.

Erzähl mir von Deinen neuesten Eroberungen,
von Deinen großen Jungenträumen,
wie Du's schamlos treibst
mit der göttlichen Inān,
wenn auch leider nur in Gedanken.

Ja ich weiß, die Unerreichte ließ Dich einfach stehen
und wünschte Dir noch viel Glück und Gelenkigkeit,
damit Du von jetzt an
alleine klar kommst.

Und wir werden mit unserem
Gejohle den Nachbarn beweisen,
dass sie noch nicht völlig ertaubt sind
und dem Alkohol eine süße Niederlage bereiten
und uns Geschichten erzählen,
die schon lange nicht mehr wahr sind,
und werden lachen (ganz unter uns)
über Gott und die Welt.
 
Zuletzt bearbeitet:

Mimi

Mitglied
Hallo Sufnus,
der Titel hat mich neugierig gemacht ...
Abu Nuwas war ein wirklich großartiger Poet seiner Zeit, und nicht umsonst ein gefragter und vor allem spitzfedriger Hofpoet.
Jedenfalls gibt es über ihn historische Überlieferungen, die belegen, dass er für die damalige Verhältnisse, ein in sprachlicher Hinsicht unermüdlicher "Haudegen" war, der in seinen Werken selten ein Blatt vor den Mund nahm.
Leider wurde ihm seine Art der Dichtung zum Verhängnis.

Ich mag ja besonders seine homoerotischen Gedichte ... gerade diese Gedichte haben oftmals einen lasziv angehauchten und provokativen Grundton, und driften dabei häufig ins spöttisch Doppeldeutige ab.

Ich denke, in Deinem Gedicht, lieber Sufnus, hast Du Dich an Abu Nuwas' Stil "heranorientiert", ohne dass es auf mich als Leserin jetzt sprachlich gekünstelt wirkt.
Obwohl ich zugeben muss, dass Abu Nuwas' scharfzüngige Art ziemlich schwer "einzufangen" ist, zumindest was die original Texte in der Ursprungssprache anbelangt...

Gruß
Mimi
 

sufnus

Mitglied
Hey Outymier & Mimi! :)
Vielen Dank für Eure positiven Vibrations. :)
Und @Mimi : Kannst Du die Texte im sprachlichen Original (oder zumindest nahe an selbigem dran) lesen? Dann ist Dir mein freundlicher Neid sicher. :)
LG!
S.
 
Hi Suf,

das ist erstaunlich gut geworden in inhalt UND stil -hier haben wir alles: wein, jagd, liebe - wie schön und gekonnt du an ihn erinnerst - bravo

mes compliments

dio
 

sufnus

Mitglied
Was meinst Du denn mit *erstaunlich* gut geworden @Dionysos von Enno ?! Hättste mir wohl nich zugetraut, wa? :p
Na... aber ernsthafterweise: Ganz lieben Dank... freu mich sehr über Dein Wiederfinden der Abu Nuwas'schen Themen... die Heranorientierung (ha, das gefällt mir gut!) hat ja Mimi auch schon angemerkt... Freude am Abend . :)
Und auch hier nochmal liebe Dankesgrüße an die hübsche Psittacine!
LG!
S.
 

Mimi

Mitglied
Kannst Du die Texte im sprachlichen Original (oder zumindest nahe an selbigem dran) lesen? Dann ist Dir mein freundlicher Neid sicher
...freundlicher Neid, das muss ich mir merken :)

Polyglossie (nicht zu verwechseln mit Polygynie :p) ist halt eine typische "Folge", die ein multiethnischer Hintergrund, (wie man heute politisch korrekt sagen würde), mit sich bringt.

Falls es Dich interessiert, die meisten Gedichte des Abu Nuwas sind übrigens ganz klassisch gereimt ...

Apropos Abu Nuwas:
Rate mal, was die Abu Nuwas Statue, die in Bagdad steht, so adrett in der linken Hand hält...? (ohne Google zu fragen...)

Gruß
Mimi
 
Hättste mir wohl nich zugetraut, wa? :p
nunja, das liest sich so leicht, aber wer er selber mal versucht hat, den Ton so zu treffen, wird erstaunt sein, wie schwer es ist, ohne, wie Mimi es schreibt, dass es gekünstelt wirkt. Gleiches auch für Deine Homage an Dylan Thomas, wo du es so erstaunlich hinbekommen hast.

Deinen Platz in meiner Sammlung des Schönen, haben deine Sachen ja sowieso sicher auch wenn du dir leider dafür jetzt nichts kaufen kannst ;-)
 

sufnus

Mitglied
Hey! So viele, freundliche Kommentare... da freu ich mich. :)
Dein hohes Lob, @Dionysos von Enno , stellt durchaus einen greifbaren moralwerten Vorteil dar, den ich gerne in die Erlangung gehobener Laune re-investiere!
Und Deine Assoziation @Outymier, Abu Nuwas - über nochwas, erinnert mich an diese Verhörer bei Songtexten ( der englische Ausdruck mondegreen ist viel hübscher) :)
Ein besonderes Dankeschön aber noch @Mimi für die Hinweise zum Originalklang des Poeten! Und natürlich für das Abu Nuwas-Quiz! :)
Ich würd ja dann tatsächlich an irgendwas Önophiles denken... vielleicht einen Becher oder eine Karaffe oder etwas in der Art? Oder isses was Versautes... hm.. das kann ich mir ja bei einer offiziellen Statue nicht so vorstellen... bin gespannt auf die Auflösung! :)
LG!
S.
 

sufnus

Mitglied
Hey Mimi! :)

Das ist echt spannend... für orthodoxe (?) Muslime muss das ja schon eine gewisse Provokation sein - ich bin aber überhaupt nicht im Bilde, wie säkular die irakische Mehrheitsgesellschaft (wenn man von einer solchen sprechen kann (?) ) in der post-Saddam-Ära (kann man überhaupt davon sprechen?) ist. Eigentlich bin ich wirklich äußerst ignorant diesbezüglich (bestimmt beweise ich das mit obigen Stichworten bereits... zumindest aber mit den vielen Fragezeichen... oje... ). Diese Ignoranz teile ich wiederum (so denke ich) mit der überwiegenden Zahl hiesiger Mitbürger, was schon interessant ist, angesichts einer doch hohen Präsenz des Themas (?) "Irak" in den letzten Jahrzehnten hienieden.
Man sollte da aber wohl nicht auf die unzureichend informierenden Nachrichten schimpfen im Zeitalter des großen weiten Netzes sondern sich an die eigene Nase greifen. Ich gelobe hier jetzt aus diesem Anlass heraus mal Besserung!

Und um auf Abu Nuwas' Dichtung zurückzukommen: Wie gut verständlich ist das Original eigentlich für moderne Leser? Ich glaube, die arabische (ebenso wie die persische) Schriftsprache hat sich ja in den letzten >1000 Jahren nicht so stark verändert, wie die germanischen Sprachen, oder?
Ich mein.... das Hildebrandslied ist zwar z. B. bei Kenntnis einer Übersetzung ganz gut nachvollziehbar, aber ohne etwas initiale Hilfe versteht ein modernes Lesegehirn da ja eher nur Bahnhof... bei Abu Nuwas ist das aber wohl anders, oder gehe ich da fehl in der Annahme?

LG!
S.
 

Mimi

Mitglied
Hallo Sufnus,
klar war die Abu Nuwas-Statue in der Vergangenheit häufig ein kontroverses Thema in der irakischen Gesellschaft, auch auf Regierungsebene.
Der Irak ist ein mehrheitlich muslimisch geprägtes Land.
Es gab bereits nach dem Sturz des Saddam-Regimes einige Diskussionen darüber, ob die Statue nicht aus dem Zentrum von Bagdad entfernt werden sollte, da einige Mitglieder der klerikalen neuen Regierung sie als unislamisch und unangemessen empfanden.
Glücklicherweise gab es aber auch immer eine starke Gegenreaktion einer Mehrheit, die argumentierte, dass die Statue ein wichtiger Teil des irakischen kulturellen Erbes sei und deshalb erhalten werden sollte.
Du siehst also, die Mehrheit der irakischen Gesellschaft weiß ihr kulturelles Erbe sehr wohl zu schätzen ...

Tja, das muss man erstmal hinbekommen, selbst Jahrhunderte nach seinem Ableben, sorgt der gute Abu Nuwas mit seinem Lifestyle für kontroverse Diskussionen ...

Zum Thema Arabisch, beziehungsweise Persisch:
Sprachen unterliegen immer einem gewissen Wandel, das ist ein allgemeiner Konsens in der Sprachwissenschaft.
Hierbei gibt es natürlich Unterschiede zwischen der gesprochenen Sprache und der Schriftsprache.
Während die arabische Hochsprache eher geschrieben aber nicht gesprochen wird, (okay, die Nachrichtensprecher im Fernsehen sprechen in der Regel immer Hocharabisch) werden je nach Region unterschiedliche Dialekte gesprochen.

Die sogenannte Hijazi-Schrift aus dem 7. Jahrhundert ist eine frühe Form (oder genauer gesagt eine der ältesten Formen), der heutigen arabischen Schrift.
Die Hijazi-Schrift besitzt keine Diakritika oder Vokalzeichen, was das Lesen erheblich erschwert, zusätzlich zu den kürzeren Buchstaben.
Diese Schriftform spielt allerdings keine große Rolle mehr in der arabischen Literatur, ausgenommen frühe Schriftstücke aus dem heiligen Quran.

Viele Menschen glauben, dass Arabisch und Persisch fast identische Sprachen seien, dabei ist Arabisch eine semitisch Sprache, während Persisch oder Farsi eine indoeuropäische Sprache ist, bei der es sich wiederum um eine plurizentrische Sprache handelt (gemeint sind gesprochene Standardvarietäten).
Beide Sprachen haben prinzipiell die gleichen Schriftzeichen (mit einigen Ausnahmen) und die gleiche Schreibrichtung, nämlich von rechts nach links, Persisch hat allerdings einige zusätzliche Buchstaben und diakritische Zeichen.
Im Arabischen gibt es zum Beispiel kein "P", wäre Dein Name also "Paul", so würde man "Baul" schreiben.
Zusätzlich gibt es noch erhebliche Unterschiede in der Grammatik zwischen Arabisch und Persisch.
Das Arabische hat ein sehr komplexes System von Substantiven, Verben und Pronomen, während das Persische da wesentlich einfacher aufgebaut ist.

Aber zurück zu Abu Nuwas:
Mit dem Verständnis oder der "Lesbarkeit" seiner Werke ist es wie mit allen zeitlich und geschichtlich älteren Texten.
Man muss sie als Leser schon in den historisch passenden Kontext setzen.
Allerdings sind Abu Nuwas, Al- Mutanabbī und Kollegen bereits ab der Schulklasse 5 Pflichtlektüre in den Lehrplänen an Schulen im arabischsprachigen Raum.

Kurz gesagt: durchaus zu bewerkstelligen...

Gruß
Mimi
 

sufnus

Mitglied
Hey Mimi!
Ganz lieben Dank für Deine richtig spannenden Erläuterungen! :) Dass Abu Nuwas (und Kollegen) Schulpflichtlektüre sind, find ich großartig! Ich vermute, dass man die "versauteren" seiner Werke dabei nicht unbedingt bespricht? ;) Wobei... die Schweinigeleien vom Geheimrat, die phallischen Gedichte vom armen B. B. oder was Explizites von Renate Rasp werden vermutlich in D auch eher nicht in der Schule besprochen... da könnte ja anschließend duchraus ein Shitstorm über die Lehrkraft hereinbrechen.
LG!
S.
 



 
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