Papiertiger
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Als ich 19 war, wurde es nun aber wirklich Zeit, eine Entscheidung für die Berufswahl zu treffen. Schriftsteller erschien mir am reizvollsten. Das fand ich selbst so abwegig, dass ich es, von einem alten Herrn im Zivildienst abgesehen, niemandem erzählte. Und auch der Rentner hielt mich durch diese Aussage für noch dümmer als zuvor. Gegenüber dem Studienberater formulierte ich den Wunsch etwas gesellschaftlich akzeptierter und sagte: „Ich möchte gerne Journalist werden“. Der Mann vom Amt hielt das nicht für besonders realistisch, zumal ich nicht mal für die Schülerzeitung gearbeitet oder bereits als Schüler bei der Lokalpresse gejobbt hatte. Also riet er mir als Kompromiss zum Studienfach: Technischer Redakteur. Dort wird wirklich nach Fachkräften gesucht. Man schreibt Beipackzettel für Medikamente oder formuliert Gebrauchsanweisungen, so dass sie technisch korrekt, aber auch für Anwender verständlich sind. Ich fand das zu langweilig. Ich wollte lieber ein neues Watergate aufklären statt Wasserkocher zu erklären.
Oft denke ich: „Bin ich besonders blöd oder werde ich oft einfach falsch verstanden?“. So fragte mich mal die Mutter meiner damaligen Freundin, was ich werden wollte. Unabhängig von dem, was ich antworten würde, stand ihre Antwort bereits vorab fest: Klempner sollte es sein, denn die würden immer gesucht werden. Mir fiel nicht recht ein, was ich sagen wollte. Mein Vertrauensverhältnis zu dieser kalten, alkoholkranken Frau war nicht groß genug. Lehrer, Journalist, Autor – das ging sie nichts an, das waren meine Gedanken.
Also fragte sie: „Was hast du als Kind gerne gemacht?“
„Mit Playmobil gespielt.“, lautete meine Antwort.
Damit war das Gespräch beendet, sie konnte nun noch ihre Empfehlung abgeben, das Klempner doch toll wäre.
Damals wollte ich eigentlich nur aussagen, dass ich ein Träumer war. Ich genoss die Freiheit meiner Kindheit. Von Koch über Polizist, Soldat (nach den Filmen „Rambo“ 1 und 2 sowie „Platoon“) bis Stormtrooper oder Jedi-Ritter (nach „Krieg der Sterne“) reichte meine Palette. Ich hatte es nicht eilig mit dem Erwachsenwerden, denn das bedeutete, endgültig die Gleise zu stellen. Einen Beruf wählen, ihn bis zur Rente ausüben und einige Jahre später sterben. So dachte ich es mir zumindest früher und teilweise tue ich das immer noch.
Jahrzehnte später sah ich den Autor von „Game of Thrones“ im ARD-Literaturmagazin „Druckfrisch“. Moderator Denis Scheck besuchte George R.R. Martin in seinem Haus in den USA. Die Wohnung war voller, kleiner Ritterfiguren. Der Tolkien-Fan nutze sie, um sich dadurch für die Figuren seiner Geschichten anregen zu lassen. Ein kindliches Gemüt und Kreativität gehören also zusammen, so deutete ich das.
Wiederum etwas später, denn ich bin oft wirklich kein Schnellmerker, fiel mir die passende Antwort ein. Und ja, es ist wahr, was Mark Twain dazu gesagt hat: „Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt“.
Wenn ich ganz allein mit meinen Actionfiguren von „Star Wars“, „Captain Future“, „Asterix“ oder mit Playmbobil spielte, dann gab ich jeder Figur eine eigene Stimme, entwarf Geschichten und tauchte völlig in diese Welt ein. Wenn ein Detail fehlte, dann wurde eine Lösung gefunden. Han Solo sollte in Karbonit eingefroren werden? Rein in den Zahnputzbecher, Wasser drauf und ab ins Tiefkühlfach. Ich war Drehbuchautor, Regisseur, Schauspieler und für Kamera, Technik, Ton und alles andere zuständig. Ich habe Geschichten immer geliebt. So unkompliziert lassen sie sich in Hollywood nicht herstellen, das gelingt nur im kindlichen Spiel, mit deutlich mehr Mühe und Talent als Comiczeichner oder als Autor. Aber das reicht nicht als Qualifikation. So rollte mal eine Mitschülerin mit den Augen, als ich als Hobbys Filme gucken und Musik hören nannte. „Das macht doch jeder“, lautete die gelangweilte Reaktion. Ich dachte: „Nein, ich nehme die Sachen nicht als Berieselung und Zeivertreib, sondern studiere sie und genieße und würdige große Kunst.“. Mit dem ungünstigen Effekt, nun wirklich in nahezu jeder TV-Serie oder selbst in B-Movies nach tieferen Botschaften zu suchen.
Heute bin ich selbstbewusster. Ich sammle in sehr überschaubarem Maße Actionfiguren, hauptsächlich von Kenner/Hasbro zum Thema „Star Wars“. Und immer wenn ich in einem Comic-Shop, einer Spielwarenabteilung oder in Videos Actionfiguren, bunte Comichefte, Lego oder Playmobil sehe, dann geht mir das Herz auf. Denn ich sehe keinen billigen Plastiknippes, sondern unbegrenzte Möglichkeiten und die kindliche Begeisterungsfähigkeit, die Zuversicht und die völlige Unbeschwertheit einfach auszuprobieren und loszulegen.
Diese Geschichte hat keine Pointe. Sie hat wenig Spannung, keine überraschenden und verblüffenden Wendungen und ein offenes Ende. Fast so wie das echte Leben. Sehr enttäuschend, oder?
PS: Den Text hatte ich schon mal auf Leselupe veröffentlicht. Er wurde gelöscht, weil ich die Formatierung nicht rechtzeitig geändert hatte. Ich finde den Text nicht rund, aber ich finde er ist ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer guten Geschichte.
Oft denke ich: „Bin ich besonders blöd oder werde ich oft einfach falsch verstanden?“. So fragte mich mal die Mutter meiner damaligen Freundin, was ich werden wollte. Unabhängig von dem, was ich antworten würde, stand ihre Antwort bereits vorab fest: Klempner sollte es sein, denn die würden immer gesucht werden. Mir fiel nicht recht ein, was ich sagen wollte. Mein Vertrauensverhältnis zu dieser kalten, alkoholkranken Frau war nicht groß genug. Lehrer, Journalist, Autor – das ging sie nichts an, das waren meine Gedanken.
Also fragte sie: „Was hast du als Kind gerne gemacht?“
„Mit Playmobil gespielt.“, lautete meine Antwort.
Damit war das Gespräch beendet, sie konnte nun noch ihre Empfehlung abgeben, das Klempner doch toll wäre.
Damals wollte ich eigentlich nur aussagen, dass ich ein Träumer war. Ich genoss die Freiheit meiner Kindheit. Von Koch über Polizist, Soldat (nach den Filmen „Rambo“ 1 und 2 sowie „Platoon“) bis Stormtrooper oder Jedi-Ritter (nach „Krieg der Sterne“) reichte meine Palette. Ich hatte es nicht eilig mit dem Erwachsenwerden, denn das bedeutete, endgültig die Gleise zu stellen. Einen Beruf wählen, ihn bis zur Rente ausüben und einige Jahre später sterben. So dachte ich es mir zumindest früher und teilweise tue ich das immer noch.
Jahrzehnte später sah ich den Autor von „Game of Thrones“ im ARD-Literaturmagazin „Druckfrisch“. Moderator Denis Scheck besuchte George R.R. Martin in seinem Haus in den USA. Die Wohnung war voller, kleiner Ritterfiguren. Der Tolkien-Fan nutze sie, um sich dadurch für die Figuren seiner Geschichten anregen zu lassen. Ein kindliches Gemüt und Kreativität gehören also zusammen, so deutete ich das.
Wiederum etwas später, denn ich bin oft wirklich kein Schnellmerker, fiel mir die passende Antwort ein. Und ja, es ist wahr, was Mark Twain dazu gesagt hat: „Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt“.
Wenn ich ganz allein mit meinen Actionfiguren von „Star Wars“, „Captain Future“, „Asterix“ oder mit Playmbobil spielte, dann gab ich jeder Figur eine eigene Stimme, entwarf Geschichten und tauchte völlig in diese Welt ein. Wenn ein Detail fehlte, dann wurde eine Lösung gefunden. Han Solo sollte in Karbonit eingefroren werden? Rein in den Zahnputzbecher, Wasser drauf und ab ins Tiefkühlfach. Ich war Drehbuchautor, Regisseur, Schauspieler und für Kamera, Technik, Ton und alles andere zuständig. Ich habe Geschichten immer geliebt. So unkompliziert lassen sie sich in Hollywood nicht herstellen, das gelingt nur im kindlichen Spiel, mit deutlich mehr Mühe und Talent als Comiczeichner oder als Autor. Aber das reicht nicht als Qualifikation. So rollte mal eine Mitschülerin mit den Augen, als ich als Hobbys Filme gucken und Musik hören nannte. „Das macht doch jeder“, lautete die gelangweilte Reaktion. Ich dachte: „Nein, ich nehme die Sachen nicht als Berieselung und Zeivertreib, sondern studiere sie und genieße und würdige große Kunst.“. Mit dem ungünstigen Effekt, nun wirklich in nahezu jeder TV-Serie oder selbst in B-Movies nach tieferen Botschaften zu suchen.
Heute bin ich selbstbewusster. Ich sammle in sehr überschaubarem Maße Actionfiguren, hauptsächlich von Kenner/Hasbro zum Thema „Star Wars“. Und immer wenn ich in einem Comic-Shop, einer Spielwarenabteilung oder in Videos Actionfiguren, bunte Comichefte, Lego oder Playmobil sehe, dann geht mir das Herz auf. Denn ich sehe keinen billigen Plastiknippes, sondern unbegrenzte Möglichkeiten und die kindliche Begeisterungsfähigkeit, die Zuversicht und die völlige Unbeschwertheit einfach auszuprobieren und loszulegen.
Diese Geschichte hat keine Pointe. Sie hat wenig Spannung, keine überraschenden und verblüffenden Wendungen und ein offenes Ende. Fast so wie das echte Leben. Sehr enttäuschend, oder?
PS: Den Text hatte ich schon mal auf Leselupe veröffentlicht. Er wurde gelöscht, weil ich die Formatierung nicht rechtzeitig geändert hatte. Ich finde den Text nicht rund, aber ich finde er ist ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer guten Geschichte.