ahorn
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Alle Jahre wieder
Ich hatte ein schönes Leben. Ein geräumiges Haus und immer einen vollen Kühlschrank sowie eine üppig bestückte Bar. Und ich hatte Nicole, ein Prachtexemplar von einer Frau. Ihre langen Beine, ihre schmale Taille und ihr gebärfreudiges Becken raubten mir die Sinne. Ich schmolz dahin, wenn sie ihr taillenlanges pechschwarzes Haar bürstete oder ihre prallen Brüste mit einer Lotion salbte. Wir liebten uns. Ich konnte mir ein Leben ohne sie nicht vorstellen. Nur die Tristesse des Alltags hatte uns eingeholt. Jeder Tag glich dem Anderen. Es gab für mich bloß eine Zeit, in der ich der Gleichheit entfliehen konnte: die Weihnachtszeit.
Die Straßen eingehüllt in festlichen Lichtern, das Radio dudelte schmachtende Lieder und in der Küche roch es nach Zimt und Nelken.
Nicole betrat, einzig von einem Badetuch bedeckt, das Schlafzimmer. Ich lag auf dem Bett, und lächelte sie, dann den doppelter Whiskey neben mir, an, während sie – die letzte Hülle glitt von ihrem aufreizenden Körper – auf mich zuschritt. „Bist du schon müde. Wir haben heute noch was vor“, raunte sie und zwinkerte.
Sie griff nach ihrem Büstenhalter, der zu oberst auf einem Stapel Kleidung lag. Den roten Büstenhalter, jener mit der scharfen Spitze und den lütten Sternchen, den sie bloß zur Weihnachtszeit trug. Nachdem sie den roten Strapsgürtel an ihrer verführerischen Taille befestigt hatte, stellte sie ihr rechtes Bein neben meinen Kopf. Ich konnte ihre Grotte sehen, sie riechen. Sie wusste, wie sie mich damit anmachte. Das Bein, die Hüfte schwingend, streifte sie den feinen, gemusterten Strumpf über ihr erotisches Bein. Anschließend vollführte sie die Kunst mit dem anderen. Erst danach schlüpfte sie in den knappen Slip. Ich fand, dass es komisch aussah, sie der Ansicht, es sei praktischer, den Slip über den Strapsen zu tragen. Sie musste es wissen.
Nicole bemalte ihre Lippen tiefrot und den Rest des zarten Gesichtes dem Anlass geschuldet, apart, reizvoll, gar wollüstig. Mich dabei im Spiegel in einer Art beobachtend, die mich erregte. Sie tat es einzig für mich. Während sie ihr rotes, kaum den Körper bedeckendes Kleid – das mit dem weißen flauschigen Besatz – überstreifte, erschien Karl, ihr Diener und brachte ihr die roten kniehohen Lackstiefel.
Karl, in einen schwarzen Anzug gehüllte, diente ihr wie jedes Jahr als Knecht. Er stellte sich hinter sie und hauchte ihr einen Kuss auf den Hals, schloss das Kleid.
Ich konnte Karl nicht riechen, aber wenn es Nicole gefiel, von ihm abgeleckt zu werden, wollte ich ihr nicht zürnen. Sie stieg in die Stiefel, bevor beide Hand in Hand das Schlafzimmer verließen.
Es war still im Haus, als ich ins Wohnzimmer kam. Der Fernseher verbreitete mit seinem Licht eine gemütliche, heimelige Atmosphäre, in der ich gern verweilte. Mir eine Auszeit gab, ich nicht darüber nachdachte, was Nicole und Karl anstellten. Es war Weihnachten, die Zeit der Vergebung.
Ich machte es mir auf dem Sofa bequem, sah eine alte Weihnachtsschnulze und genoss drei vierfachen Whiskey, bis ein grelles weißes Licht durch die Terrassentür strahlte und das Zimmer taghell ausleuchtete. Mein Einsatz, auf den ich das ganze Jahr wartete, war ran. Ich ging zur Tür, öffnete sie und im selben Wimpernschlag sah ich die Kollegen, den Schlitten, Karl an ihrer Seite, während sie die Zügel hielt und „komm Rudolf, es geht los“ rief.
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