Liebe ist ...
Ich sitze am Abendbrottisch. Sie redet. Der Fernseher läuft, ich überlege ob die Salami weg muss oder die Fleischwurst. Es ist der 31.Dezember, schon wieder! Sie plant und redet. Ich fische mir eine Gurke aus dem großen Glas. Ich mag Gurken, manchmal auch saure, da schüttelt es mich, und oft, weil die äußere Haut zu dick ist und beim Knacken der Schneidezahn unten rechts weh tut, zögere ich hinein zu beißen. Diese Delikatesgurke aber springt willig zwischen meinen Kiefern auseinander. Mir fehlt manchmal ihr Mund auf meinen Lippen, den ich noch vor drei Jahren lobte und mit duftenden Rosenblättern umschrieb. Es quietscht zwischen meinen Zähnen und dröhnt beim Kauen im ganzen Kopf, dabei werden Ihre Sätze zu Gurkengeräuschen, süßsauer. Ich mag sie, was auch immer sie von sich gibt.
Vor 365 Tagen hatte sie sich vorgenommen die Raucherei aufzugeben, wie heute.
„Martin, jetzt höre ich wirklich auf. Versprochen!"
Ich kann nichts sagen, Gurkensaft läuft in meinen Bart. Ich würde sowieso antworten wie damals. „Ja, Schatz, das ist toll. Ich liebe dich."
Innerlich sage ich es jetzt auch, das mit der Liebe, und meine es auch so, aber laut sagen tue ich es nicht, es wäre die vierte Wiederholung. Ich bin erschöpft
Ein kleiner Rülpser stiehlt sich sauer durch meine Speiseröhre. „Entschuldigung” denke ich oder hab ich’s gesagt? .
Kaum eine Frau ist bisher so aufmerksam zu mir gewesen.
„Marie ist das Beste und Liebenswerteste, was du bisher bekommen hast”, sagte Floh, mein Freund, noch gestern, beim fünften Bier, das ich ihm spendierte.
Ich bin jeden Tag froh, wenn sie aufsteht und das Badezimmer belegt, auch wenn es meist für eine Stunde ist. Ich bin nämlich dankbar, dass überhaupt eine Frau meine Dusche benutzt. Ich hab sie rumgekriegt als ich ihr damals gestanden habe, wie sehr ich ihre Anwesenheit genieße, fast so wie die frischen sauren Gurken, die ich vom Fischhändler kaufte. Letztes Jahr hab ich ihr gestanden, dass ich ihr so gern beim Duschen zusehe. Sie benutzt den Schwamm aufregend zärtlich und streichelt damit ihre Beine. Manchmal wäre ich gern ihr Schwamm. Heute hat sie mich gerufen ich solle ihr die Seife geben. Mein Herz klopfte als wenn ich noch 25 Jahre alt wäre und an nichts anderes denke als mit ihr gleichzeitig eine saure Gurke zu verspeisen, jeder knabbernd an einem Ende.
Der anschließende innige Kuss wäre zwar ebenfalls sauer aber an süßen Empfindungen einfach so perfekt wie, wie... der tolle Gurkensalat, den mein Vater immer zubereitete. Manche stehen ja dabei nicht so sehr auf Pfeffer, Zwiebeln, Essig, Salz, Öl und Zucker, aber sogar Marie sagt, dass er köstlich sei, obwohl sie gern Schnittlauch hineinschneidet und auch die Schale nicht entfernt, was ich nicht leiden kann.
Wenn man sich nur darum streitet, ist das nicht unbedingt sehr schlimm für die Beziehung. Letztens aber war’s einfach zuviel. Ich habe mir aus Protest eine Kohlrabi genommen und sie ganz allein dieses völlig vermurkste Gurkenschnittlauchgeschnippselte verspeisen lassen. Am nächsten Tag triumpfierte ich doch heimlich, als die Hälfte noch da war und sie es schlussendlich entsorgen musste. Zugegeben hat sie es ja nicht, aber mein Rezept aus Vaters Zeiten ist eben einsame Spitze. Seitdem reden wir nicht mehr darüber; ich schäle meine sorgfältig ausgesuchten handverlesenen grünen Gurken, die nicht zu dick und auch keine lange verdünnte Spitze haben dürfen. Die ist nämlich manchmal bitter und wenn dann ein Unerfahrener sie vom falschen Ende her bearbeitet, dann haben wir den Salat, nämlich den ungenießbaren.
Wärend ich die millimeter dicken Scheiben mit Zucker und Salz bestreue, redet Marie über ein Paprika-radieschen-schnittlauch-abendbrot.
Aber jetzt muss ich doch eine Pause einlegen, weil Tim Mälzers Kochsendung anfängt. Der hat zwar manchmal eine feuchte Aussprache, aber zum Glück kann er nicht auf unser Abendbrot lispeln. Ich schiebe meiner süßen ein Schnittlauchbrot, das ich heimlich vorbereitet habe als Dankeschön für das vergangene Jahr, über den Tisch und versichere ihr, dass ich mich wirklich auf ihre Kreationen freue und, dass ich sie nicht verurteilen werde, wenn sie es auch im nächsten Jahr mit dem Rauchen nicht fertig bringen würde. Ich hoffe jedenfalls, sie versteht diese Geste in diesem Sinne; denn aussprechen muss ich es doch nicht mehr, oder?
Ich sitze am Abendbrottisch. Sie redet. Der Fernseher läuft, ich überlege ob die Salami weg muss oder die Fleischwurst. Es ist der 31.Dezember, schon wieder! Sie plant und redet. Ich fische mir eine Gurke aus dem großen Glas. Ich mag Gurken, manchmal auch saure, da schüttelt es mich, und oft, weil die äußere Haut zu dick ist und beim Knacken der Schneidezahn unten rechts weh tut, zögere ich hinein zu beißen. Diese Delikatesgurke aber springt willig zwischen meinen Kiefern auseinander. Mir fehlt manchmal ihr Mund auf meinen Lippen, den ich noch vor drei Jahren lobte und mit duftenden Rosenblättern umschrieb. Es quietscht zwischen meinen Zähnen und dröhnt beim Kauen im ganzen Kopf, dabei werden Ihre Sätze zu Gurkengeräuschen, süßsauer. Ich mag sie, was auch immer sie von sich gibt.
Vor 365 Tagen hatte sie sich vorgenommen die Raucherei aufzugeben, wie heute.
„Martin, jetzt höre ich wirklich auf. Versprochen!"
Ich kann nichts sagen, Gurkensaft läuft in meinen Bart. Ich würde sowieso antworten wie damals. „Ja, Schatz, das ist toll. Ich liebe dich."
Innerlich sage ich es jetzt auch, das mit der Liebe, und meine es auch so, aber laut sagen tue ich es nicht, es wäre die vierte Wiederholung. Ich bin erschöpft
Ein kleiner Rülpser stiehlt sich sauer durch meine Speiseröhre. „Entschuldigung” denke ich oder hab ich’s gesagt? .
Kaum eine Frau ist bisher so aufmerksam zu mir gewesen.
„Marie ist das Beste und Liebenswerteste, was du bisher bekommen hast”, sagte Floh, mein Freund, noch gestern, beim fünften Bier, das ich ihm spendierte.
Ich bin jeden Tag froh, wenn sie aufsteht und das Badezimmer belegt, auch wenn es meist für eine Stunde ist. Ich bin nämlich dankbar, dass überhaupt eine Frau meine Dusche benutzt. Ich hab sie rumgekriegt als ich ihr damals gestanden habe, wie sehr ich ihre Anwesenheit genieße, fast so wie die frischen sauren Gurken, die ich vom Fischhändler kaufte. Letztes Jahr hab ich ihr gestanden, dass ich ihr so gern beim Duschen zusehe. Sie benutzt den Schwamm aufregend zärtlich und streichelt damit ihre Beine. Manchmal wäre ich gern ihr Schwamm. Heute hat sie mich gerufen ich solle ihr die Seife geben. Mein Herz klopfte als wenn ich noch 25 Jahre alt wäre und an nichts anderes denke als mit ihr gleichzeitig eine saure Gurke zu verspeisen, jeder knabbernd an einem Ende.
Der anschließende innige Kuss wäre zwar ebenfalls sauer aber an süßen Empfindungen einfach so perfekt wie, wie... der tolle Gurkensalat, den mein Vater immer zubereitete. Manche stehen ja dabei nicht so sehr auf Pfeffer, Zwiebeln, Essig, Salz, Öl und Zucker, aber sogar Marie sagt, dass er köstlich sei, obwohl sie gern Schnittlauch hineinschneidet und auch die Schale nicht entfernt, was ich nicht leiden kann.
Wenn man sich nur darum streitet, ist das nicht unbedingt sehr schlimm für die Beziehung. Letztens aber war’s einfach zuviel. Ich habe mir aus Protest eine Kohlrabi genommen und sie ganz allein dieses völlig vermurkste Gurkenschnittlauchgeschnippselte verspeisen lassen. Am nächsten Tag triumpfierte ich doch heimlich, als die Hälfte noch da war und sie es schlussendlich entsorgen musste. Zugegeben hat sie es ja nicht, aber mein Rezept aus Vaters Zeiten ist eben einsame Spitze. Seitdem reden wir nicht mehr darüber; ich schäle meine sorgfältig ausgesuchten handverlesenen grünen Gurken, die nicht zu dick und auch keine lange verdünnte Spitze haben dürfen. Die ist nämlich manchmal bitter und wenn dann ein Unerfahrener sie vom falschen Ende her bearbeitet, dann haben wir den Salat, nämlich den ungenießbaren.
Wärend ich die millimeter dicken Scheiben mit Zucker und Salz bestreue, redet Marie über ein Paprika-radieschen-schnittlauch-abendbrot.
Aber jetzt muss ich doch eine Pause einlegen, weil Tim Mälzers Kochsendung anfängt. Der hat zwar manchmal eine feuchte Aussprache, aber zum Glück kann er nicht auf unser Abendbrot lispeln. Ich schiebe meiner süßen ein Schnittlauchbrot, das ich heimlich vorbereitet habe als Dankeschön für das vergangene Jahr, über den Tisch und versichere ihr, dass ich mich wirklich auf ihre Kreationen freue und, dass ich sie nicht verurteilen werde, wenn sie es auch im nächsten Jahr mit dem Rauchen nicht fertig bringen würde. Ich hoffe jedenfalls, sie versteht diese Geste in diesem Sinne; denn aussprechen muss ich es doch nicht mehr, oder?