Allnacht (Sonett)

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Allnacht

[ 4]Allnacht


In schwarzer Allnacht glänzen Galaxien auf
Spiralgedrehter Dunst - wie weit von Stern zu Stern
Bewegt die lichte Woge sich - von fern zu fern -
Und um die Sonnenpunkte schwingen ihren Lauf

Planeten. Dünn gesät gewiß sind Lebenswelten
Der unsren ähnlich. Kurz in Jahrmilliarden bricht
Ein Leben auf, das sich erkennt: Gedankenlicht -
Ein kurzer Flackerblick der Lebenslust - so selten!

Von Mensch zu Mensch - wie weit, wie fern, ins Nichts versprüht -
Wie können sie einander finden? Kaum erblüht
Schon welken sie dahin, im Winterfrost verglüht

Und kaum daß Freundschaft du erbeten und gewährt
Weil du erkannt, wie sehr ich mich für Dich verzehrt
Entbehrt ich, die entzogen mir und mir verwehrt
 

Tula

Mitglied
Warum sich hier keiner meldet, lieber Mondnein, steht leider in den Sternen

denn es ist wirklich ein schönes Gedicht und bei diesem sollte sich auch niemand beschweren, dass er es nicht versteht :)

der Vergleich der kosmischen Unereichbarkeit mit der menschlichen am Ende des Gedichts gibt diesem eine beim Lesen eigentlich unerwartete und einfühlsame Wendung und gibt auch dem Titel Allnacht einen doppelten Sinn

LG
Tula
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
vorletztes Achtsterngedicht

Ja,
und ja - ich danke Dir, Tula.

Es war mein erstes, mein Einstiegsgedicht in der Leselupe, ist dann aber verschwunden, taucht auch nicht unter einem anderen Autorennamen wieder auf. Ich hatte ein paar Lieder eingebracht und mich dann unter dem Namen Mondnein wieder neu angemeldet, vor drei Jahren. Nur verschwinden dann normalerweise die alten Dinger nicht. Ein Rätsel. Deshalb ist es nicht aus dem Archiv hervorgeholt, sondern hier wie neu - und ein wenig unsichtbar.

Was natürlich dadurch verursacht ist, daß ich zu viel hier veröffentliche.
Es ist das vorletzte aus dem "Achtstern".
Ich setze morgen noch das Abschlußlied des Achtstern ins Gereimte.
Vielleicht lasse ich eine österliche Pause, einen ausgedehnten "Karsamstag", es ist ja dann Nummer 400 (je nach Zählung des springenden Zählers), sieht schön rund aus.

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Tja, da bringe ich dieses Sonett in die Leselupe ein, und das Ergebnis ist, daß ich vom "routinierten Dichter" zum "viel gelesenen Autor" abgestuft werde.


[blue]Es lohnt sich nicht. [/blue]
 

Label

Mitglied
Lieber Mondnein

was kann ich sagen außer mir fällt nichts zu meckern ein und es gefällt mir ausgezeichnet,
das Thema, die Gedanken, die Melodie, das Tempo, das Fazit, alles:
dein Gedicht.

lieber Gruß
Label
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Danke, Label, das hast Du schön gesagt.

Freut mich, daß Du's gelesen hast.
 

klaatu

Mitglied
Das gefällt mir richtig gut. Mit dem All kann man mich eigentlich immer begeistern. Die letzte Strophe ist dann wieder nicht so meins, vor allem aufgrund der "lyrischen" Grammatik.

LG
k
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Planeten bewegen sich in Ellipsen, deren einer Brennpunkt in der Sonne liegt.

Ich danke Dir sehr, klaatu,

schon allein fürs Reinschauen und Lesen, denn ich weiß: Dich trifft man sonst im Ungereimten, diagonal gegenüber den alten "festen Formen", und deshalb triffst Du es richtig, wenn Du die "lyrische Grammatik" der letzten Strophe anzielst.

Ich denke, um das mit der "Grammatik" aufzunehmen, du meinst die Partizipien "verzehrt" und "entbehrt", die da binnenreimend in der Luft hängen, weil ihnen das Hilfsverb "habe" fehlt. Gleich zwei Ellipsen. Ja, das verdichtet einerseits, andrerseits hat das natürlich mit dem bißchen Platz zu tun, das man in den Terzetten eines Sonetts hat. Das ist ein heikles Feld, diese Terzetten-Klippen am Ende, wo klassischerweise eine harmonische Betrachtung das Ganze abrunden soll. Dieses Ellipsenpaar kann man "lyrische Grammatik" nennen.
Und außerdem hat es was selbstmitleidig-Gestelztes, von seinem liebenden Verzehrtsein zu schreiben und das gleich noch mit "entbehrt" zu echoen. Stimmt.

Natürlich fischt das lyrische Ich dieses Sonetts (nach? ["fishing for"]) Mitleid.
Und es trickst, indem es quasi astronomisch kalt anfängt, philosophisch die im Unendlichen verlorenen Individuen gewissermaßen "durch Null teilt", mathematisch bedenklich, und dann doch nur ein unglückliches Liebeslied singt. Klage des Bettvorlegers über den Tiger.

Und das noch mit Verdichtungs-Grammatik: Ellipsen. Zwei Planeten, die sich in Keplers Gesetzen bewegen.

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Korrektur: "entbehrt" ist auch elliptisch, aber nicht deshalb, weil ein Hilfsverb fehlt, sondern weil es eine Kurzform von "entbehrte" ist.
Ich lasse in Gedichten die Apostrophen in der Regel weg.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Quatsch, "zwei" -

es sind sieben Planeten, sieben Keplersche Ellipsen in einem einzigen kleinen Schlußterzett!

Das ist wahrlich "lyrische Grammatik" zum Exzeß!
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
[ 4]Allnacht


In schwarzer Allnacht glänzen Galaxien auf
Spiralgedrehter Dunst - wie weit von Stern zu Stern
Bewegt die lichte Woge sich - von fern zu fern -
Und um die Sonnenpunkte schwingen ihren Lauf

Planeten. Dünn gesät gewiß sind Lebenswelten
Der unsren ähnlich. Kurz in Jahrmilliarden bricht
Ein Leben auf, das sich erkennt: Gedankenlicht -
Ein kurzer Flackerblick der Lebenslust - so selten!

Von Mensch zu Mensch - wie weit, wie fern, ins Nichts versprüht -
Wie können sie einander finden? Kaum erblüht
Schon welken sie dahin, im Winterfrost verglüht

Und kaum daß Freundschaft du erbeten und gewährt
Weil du erkannt, wie sehr ich mich für Dich verzehrt
Entbehrt ich, die entzogen mir und mir verwehrt
 
G

Gelöschtes Mitglied 14616

Gast
Das ist wahrlich "lyrische Grammatik" zum Exzeß!
Das hat mich neugierig gemacht, ich habe jetzt auch mal genauer reingeschaut und ich finde das Lied ausgezeichnet, besonders:

Von Mensch zu Mensch - wie weit, wie fern, ins Nichts versprüht -
Wie können sie einander finden? Kaum erblüht
Schon welken sie dahin, im Winterfrost verglüht
Ja wie, fragt man sich da, wenn sie, kaum erblüht, schon dahin welken und im Winterfrost verglühen! Für mich die beste Stelle.

Im Winterfrost verglüht! hat mein Interesse endgültig geweckt. Welch kecker Kunstgriff, den ich von dir gar nicht erwartet hätte!
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Herzlichen Dank, Cellist,
das ist großes Lob, denn mit Unerwartetem zu überraschen ist noch besser als Erwartungen zu erfüllen.

Diese alte Stilfigur ("im Frost verglüht") ist ein Oxymoron.

grusz, hansz
 
G

Gelöschtes Mitglied 14616

Gast
Hallo Mondnein,

Herzlichen Dank, Cellist,
das ist großes Lob, denn mit Unerwartetem zu überraschen ist noch besser als Erwartungen zu erfüllen.
nichts zu danken, denn nicht zuletzt für solche Bestätigungen sind wir Leser ja schließlich und endlich da.

Oxymoron! Dieses Fachwort war mir leider entfallen, daher habe ich es nicht explizit erwähnt. In jedem Falle passend ins Lied eingebracht, dieses Oxymoron. Mir gefällts!
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ein herzliches Dankeschön allen Wertern!
 
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