Alltagsanekdoten. Wer billig kauft, der tanzt mit einem Loch in der Hose.

Überall ist es besser, wo wir nicht sind. Irgendwo dort sind die Lebensmittel gesünder, die Klamotten schöner, das Leben qualitativer. Die bunte Verpackung lockt. Die verdummdeubelnde Werbung erfüllt ihren Zweck.

Kapitolina war keine Ausnahme. Auch sie dachte früher, dass alles im kapitalistischen Ausland besser war. Außerdem war sie gewohnt, zu sparen und sich zwischen 2 optisch gleichen Teilen für das Billigere zu entscheiden. Es galt der Grundsatz: Hose ist Hose, Kaffeemaschine ist Kaffeemaschine, Spaten ist Spaten etc. Die bekannten Marken lassen doch nur seinen Namen bezahlen. Jetzt kennt Kapitolina die richtige Antwort: Jein. Ja, den Namen muss man mitbezahlen. Nein, Hose ist nicht immer Hose.

Frühling 1997. Der Winter hinterließ Spuren an der Hüfte. Jedes Jahr das gleiche Spiel. Ihre Nachbarin Rita aus Kamerun und Kapa beschließen, mehr Sport zu machen. Am Meisten imponierte den Beiden Aerobic. Sie tanzen gern. Die Idee, dabei noch ein paar Kilo abzutanzen, war verlockend. Es fehlte nur eine Kleinigkeit. Es fehlten die passenden Klamotten, eigentlich nur die Hosen, weil es an T-Shirts schon wirklich bei niemandem mangelte.

Kapitolina ergriff die Initiative. Sie wusste, in welchem Laden sie zuletzt einen großen Korb mit preiswerten kurzen Leggins sah. Das war gar nicht weit vom Studentenwohnheim. Kurz danach standen die beiden Mädels vor diesem Korb. Und so verschieden sie waren, eine schokobraun und die andere nach dem langen Winter schweinchenrosa, entschieden sich beide – Kamerunerin Rita und Ukrainerin Kapa - für eine und dieselbe Farbe, für das damals sehr trendige Signalgrün.

Ich könnte natürlich noch ein paar Zeilen die Spannung halten, werde es aber nicht machen. Die Hosen hielten nicht bis Mittag. Sie hielten nicht mal bis Ende des Trainings. Rita und Kapa sahen in der Gruppe wie Zwillinge aus, nicht nur wegen Farbe, sondern auch wegen der gleichen Löcher in der Hose an der unansehnlichsten Stelle.

Kapa sehnt sich heute noch, Jahrzehnte später, immer wieder nach ihrer dunkelheutigen Freundin Rita. Sie hatten etwas gemeinsam. Sie tanzten die Aerobic-Stunde fertig. Kein Loch in der Hose konnte sie kleinkriegen.
 



 
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