Allwissender Erzähler?

Markus77

Mitglied
Hallo!

Ich würde gerne wissen, ob man - z.b. beim Kurzgeschichten - von der Perspektive des "allwissenden Erzählers" auch beispielsweise in die Gedankenwelt des Protagonisten oder anderer Personen "eindringen" und aus ihrer Sicht erzählen "darf", um dann letzendlich wieder bei der allgemeinen Erzählperspektive zu landen?
Kann/Darf/Soll man denn auch in ungewöhnliche Perspektiven "schlüpfen", etwa in die des Haustieres, des Spiegels, usw.? Kann/Darf/Soll man überhaupt Gefühle, Gedanken oder Gesehenes von "Dingen" darstellen, obwohl sie dies in der Realität gar nicht zu vollbringen vermögen?

Vielen Dank für eure Antworten ("eure" in diesem Fall großgeschrieben?)

mfg
Markus
 

Haget

Mitglied
Sprechende Möbel?

MoinMoin Markus,
ich bin bei Erzählungen fast nur Leser, aber da sich niemand zu einer Antwort aufrafft: Ich meine, es darf z. B. der Held einer Geschichte (Protagonist) durchaus zeitweilig als Ich-Handelnder erzählen, obwohl sonst aus der Sicht der Erzählers geschrieben wird - wenn der Übergang logisch aufgebaut wird. Etwa ähnlich wie persönliche Rede die Gedanken "laut" werden lassen:

>> So kamen Peter und Rolf also doch noch zum See und können nun in Ruhe den kleinen bunten Schwimmern ihrer Angeln zusehen und dabei schweigend ihren Gedanken nachhängen. Wobei Peter natürlich wie automatisch beim zurückliegenden Ehestreit landete:

Was habe ich denn falsch gemacht. Ich habe ihr jeden Wunsch nach Möglichkeit erfüllt. Natürlich, wie sie letztes Jahr alleine in Urlaub wollte, habe ich mein Veto eingelegt. Geht doch zu weit, oder? Sowieso, da dieser Klaus Berger aus ihrem Büro gleichzeitig Urlaub beantragt hatte... <<

ODER: >> Was dachte sich die Kuh wohl? "Da kommt schon wieder die dicke Erna - Muhuhu! Hat immer so kalte Hände - aber dafür ist sie immer sehr zärtlich, wenn sie meine Zitzen angreift - wieso eigentlich?" <<

Von redenden und als Ich denkenden Stühlen würde ich in der Regel eher abraten.

Liebe Grüße
Hans-Georg
 

Antaris

Mitglied
Autoren dürfen alles

Hallo Markus,

grundsätzlich dürfen Autoren alles. Wenn sie sich an Dinge wagen, die in der Realität nicht funktionieren sollten sie allerdings einen guten Grund haben warum das in ihrer Story klappt. SF und Fantasystories funktionieren normalerweise auf der Grundlage. SF, klar, braucht in der Realität nicht zu funktionieren, es langt, wenn alles was sich der Autor ausdenkt in der Zukunft klappt in der die Geschichte spielt. Für Fantasystories kannst Du beispielsweise das eine oder andere Naturgesetz ausser Kraft setzen - in Deiner Welt bist Du der Boss - wenn Du für Deine Welt neue erfindest.

Den Wechsel zwischen der auktorialen Perspektive und der personalen Perspektive kannst Du innerhalb einer Geschichte recht flüssig hinkregen. Du kannst sogar intime Gedankengänge mehrerer Personen bringen wenn das für Deine Geschichte nötig wird. Hüten solltest Du Dich davor, als Erzähler zu sehr in die Handlung einzugreifen, denn dann wirst Du schnell unglaubwürdig.

Schwierig ist der Wechsel aus der Ich Perspektive in eine personale oder auktoriale Erzählweise. Der Text wirkt meist ziemlich zerrissen, und der Leser verliert schnell seinen roten Faden, auch wenn Du personal erzählst und dabei ziemlich dicht an Deiner Figur bleibst.

Aus der Ich Perspektive zu erzählen ist übrigens eine klasse Schreibübung. Du kannst nicht nur in die Perspektive von Haustieren gehen, Du kannst auch einen Text aus der Perspektive eines Gegenstandes oder einer Pflanze erzählen, z.B. eines Baums, Stuhls, Autos...usw. Die aktuelle Hausaufgebe der Literatürwerkstatt Felsenkeller lautet übrigens, einen beliebigen Text zu schreiben in dem der Satz vorkommt "ich war das Pulver in der Tüte". Na, fällt Dir was ein?

Mit feurigen Grüßen

Antaris
 



 
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