altes Foto

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revilo

Mitglied
im Wohnzimmer ein Plakat
hier ist die Sansibar 1956
lachende Eltern mit Gläsern
in der Hand
die Frauen tragen Petticoat
die Schlipse der Männer gelockert
endlich den Krieg vergessen
einfach nur leben

doch in der Nacht wieder diese Träume
ein französisches Dorf ein Finger
zeigt auf einen Mann neben Vater
der Schuss peitscht
dann Befehl zum Begraben
die Kinder stehen am Bett
Papa warum weinst du?
 
Hallo Revilo!

Gefällt mir gut! Deine Verse geben viele Denkanstöße:

Bin froh zur rechten Zeit am rechten Ort geboren zu sein. Also Skifahren in Winterberg und nicht Gebirgsjäger in WW II , Meerforellen angeln an der Ostsee und nicht Absaufen im U-Boot, keine "Entweder-du-oder-ich-Momente", keine Panzerschokolade, sondern gemütlich Breaking Bad gucken ...

Und meine Eltern sind auch noch jung genug, so dass ich ihnen zumindest zu diesem Thema keine unangenehmen Fragen stellen kann.

Darum beneide ich die Nachkriegsgeneration wirklich nicht!

Dein Gedicht erinnert daran, dass man demütig und dankbar sein muss!

Gruß,
Artbeck
 
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revilo

Mitglied
Kohl sagte mal, dass sei die Gnade der späten Geburt. Dieses Gedicht basiert tatsächlich auf einem Foto meiner Eltern. Sie hatten das Wohnzimmer zu einer Bar umfunktioniert, ein Plakat gebastelt und feiern mit Freunden.Vielen Dank!
 
G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Ja, alte Familienfotos, schöne und unschöne Erinnerungen aufs Papier gebannt. Ja, einfach nur leben, und 1956 wieder eine Wehrmacht, nur mit anderem Namen, NATO-Eintritt der BRD - einfach nur leben. Richtig, alles einfach vergessen, so war es im Westen. Insofern sehr realistisch.

Bei der zweiten Strophe ist mir etwas unklar: Der Vater steht neben einem Mann, der erschossen werden soll. Also müsste er zum Erschießungskommando gehören? Als Soldat? Oder als was? Das musst du verdeutlichen. Und dann im weiteren: Die Kinder am Bett fragen, Vater, warum weinst du? Wer weint da, welcher Vater? Der des Ich in der Gegenwart? Du siehst, mir ist da einiges unklar. Du kannst nicht voraussetzen, dass deine Leser das Foto genauso sehen wie du. Und warum eigentlich dieses Foto? Wenn sie 1956 "einfach nur leben" wollten? Hatte das vielleicht andere Gründe? Landser-Erinnerungen?

Das Gedicht, obwohl es realistisch dieses 1956 schildert, nimmt einfach hin. Statt Fragen zu stellen. Wenigstens sie.

Gruß, blackout
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

revilo

Mitglied
Ich wollte und will in diesem Gedicht keine Fragen stellen, sondern nur beschreiben. Ich denke, dass das Geschehen nachvollziehbar beschrieben. Der Mann neben meinem Vater wurde erschossen. Danke fürs kommentieren.
 
G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Ja, Revilo, das ist eben das Problem, dass du keine Fragen stellst. Zum Beispiel danach, welche Rolle dein Vater bei der Erschießung hatte?
Ohne sie ist es kein Gedicht.

Gruß, blackout
 

Tula

Mitglied
Hallo revilo

Ohne weiteres verständlich, keine Frage. Ich hadere dennoch etwas mit dem Übergang von S1 zu S2:
doch in der Nacht wieder diese Träume
Das Foto zeigt sie nicht, aber du weißt davon aus deiner eigenen Erinnerung. Vielleicht ginge es direkter, unter Umständen bist du damals aufgewacht mitten in der Nacht o.ä.
Wie dem auch sei, gern gelesen
LG
Tula
 

molly

Mitglied
Lieber Revilo,

"ein französisches Dorf ein Finger
zeigt auf einen Mann neben Vater "

es hätte auch den Vater treffen können.

Liebe Grüße
molly
 
Lieber Manfred,
auch ich (1943 geboren) fühle gerade jetzt, da Krieg und Kriegsgefahr in Europa zum Alltag gehören, wenn ich alte Fotos meiner Eltern sehe, mich an die alten Ängste von einst erinnert. Auch dein Gedicht, hat sie wieder frei gesetzt.
Herzlichen Gruß
Karl
 

revilo

Mitglied
Lieber Manfred,
auch ich (1943 geboren) fühle gerade jetzt, da Krieg und Kriegsgefahr in Europa zum Alltag gehören, wenn ich alte Fotos meiner Eltern sehe, mich an die alten Ängste von einst erinnert. Auch dein Gedicht, hat sie wieder frei gesetzt.
Herzlichen Gruß
Karl
auch wenn du nicht mich meinst, freut mich dein kommentar sehr......ich habe einfach versucht, die erzählungen meines vaters (jahrgang 1926) wiederzugeben, ohne dabei zu werten, weil das ja so furchtbar einfach ist, wenn man diese zeit und diesen krieg nicht miterlebt hat.........kohl sprach einmal von der gnade der späten geburt........
 



 
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