am buchberg

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am buchberg



drückend und schwül steht heut luft
am buchberggipfel ringsumher.
vor schwarzen wolkentürmen ruft
der bussard und gewitterschwer
verhängt der dunst schon berg und see,
verblauen schiffe, wälder, gipfel,
verschmilzt fast alles, was ich seh,
zu heißem dampf. die letzten wipfel
verlieren ihre scharfen schatten,
es schwinden dörfer, almenmatten -
als wärn sie dieser welt entrückt;
als wär die hinter zauneslatten
am wegesrand nicht mehr bestückt.

's gibt nur noch mich, des pfades boden,
an seinem saume letzte stämme,
dazwischen ein paar waldgrassoden,
ein grollen, welches bergeskämme
im rollen seiner echos malt;
ein noch gebändigtes gekose,
das von gesteines wänden hallt.
nicht lang; dann brechen mit getose
die allerletzten wolkendämme,
ergießt sich eine flutenschwemme,
um kraft ihrer naturgewalten
- ganz ohne dass sie etwas hemme -
den berg aufs neue zu gestalten!


der bussard ist davongeflogen,
ich flieh zur alten holzknechthütte.
als dann das wetter fortgezogen,
lenk ich behutsam meine schritte
den berg hinab - auf neuen wegen.
das herz klopft laut, die knie sind weich.
die alten pfade fraß der regen.
ich menschlein bin noch! welch ein segen!
dies ist des wettergottes reich!







.august_2022
 
Zuletzt bearbeitet:

molly

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Liebe Claudia,

"ich menschlein"
Beim Lesen Deines Gedichtes spüre ich die Naturgewalten, wie klein und hilflos sind wir gegen sie.
Gerne gelesen.
Liebe Grüße
molly
 

s'écrire

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Hallo Claudia,
eine bedrohliche Situation die du da wieder sehr fühlbar schilderst. Jeder Zeile folgt man gespannt. Dann setzt du ein Zeichen der Demut in Anbetracht der tobenden Kräfte und gehst dann dankbar behutsam auf neuen Wegen weiter. Aus dem Herzen geschrieben. Einfach schön!

Liebe Grüße
Ruth
 

Scal

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ein grollen, welches bergeskämme
im rollen seines echos malt;
ein noch gebändigtes gekose
das von gesteines wänden hallt.


Dein Gedicht erlebe ich wie ein Gemälde, das an der Wand abgerollt wird und das dabei seine "Erzählung" darlegt. Viele schön gelungene, dicht geflochtene Verse, die das Geschehen stimmig verbildlichen.
Folge ich meinem Empfinden, würde ich das Ende anders formulieren, ich würde auf das "Menschlein" und den "Wettergott" verzichten, z.B.:

"ich bin noch, bin noch! - welch ein segen!
ein mensch, umbucht, durchnässt und bleich.


Lieben Gruß
Scal
 

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Besten Dank, liebe Ruth,

für das schöne Lob! Freut mich, wenn es dir gefallen hat!


Danke, hansz,

für den Beistrich-Hinweis. Ich hatte beim Schreiben eigentlich auch schon vermutet, mich dann aber nicht getraut. :cool:


Auch dir lieben Dank, Scal,

für die intensive Befassung mit meinem Gedicht und die lobenden Worte!

Ich kann verstehen, dass das "menschlein" und ein Gewittergott nicht jedermanns Geschmack sind. Letztlich aber habe ich genau diese Begriffe und Bilder gewählt, weil sie mir entsprechen und dem, was ich an Erlebtem und Empfundenem in diesem konkreten Fall ausdrücken möchte - nicht nur für Leser sondern auch für mich.
Welche Begriffe und Bilder gewählt werden, sagt ja letztlich auch immer etwas über den Menschen hinter dem Gedicht aus und auch den lese ich auf einer zweiten Ebene immer mit (und das sehr bewusst). Und so lese ich - und das finde ich höchst spannend - in deinem Vorschlag eben auch dich. Und ich würde zu gerne wissen, was du mit dem Begriff "umbucht" meinst. Das ist so ein typisches Scal-Wort und so gar nicht meins, dass ich es auch nicht verstehe. Das würde ich aber gerne.


LG und allen lieben Dank für die Sterne!

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Scal

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Verstehe, alles klar.
Mit "umbucht" meinte ich "von Buchen umgeben", da der Titel "Buchberg" einen Buchenwald vermuten lässt.

LG
 

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Mit "umbucht" meinte ich "von Buchen umgeben", da der Titel "Buchberg" einen Buchenwald vermuten lässt.
Danke. Ich hatte das schon so vermutet. Tatsächlich ist eher wahrscheinlich, dass das "Buch" des Buchbergs aus "Burg" (früher "Puech") entstanden ist, denn es gab auf dem höchsten Punkt eine Ringwallanlage mit einigen Gebäuden. Es gibt aber auch auffallend viele Buchen in dem Mischwald...

LG zurück!
 



 
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