Am Ende sind wir allein

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Wir sitzen oft inmitten derer die wir kennen, umgeben von Stimmen, von ihren Worten, von ihrem Lachen. Haben Familie, Freunde, unsere Arbeit und überall sind wir miteinander verbunden, mal mehr mal weniger, aber verbunden. Und doch komme ich nicht umhin anzuerkennen, dass wir am Ende alleine sind. Ist es nicht so?

Stell Dir vor Du stehst inmitten einer Menge von Menschen, dem Anschein nach nicht allein und doch ist jeder für sich. Du bist vielleicht auf einer belebten Straße, umgeben von einem Meer von Gesichtern, jeder aber in seinem eigenen Universum. Oder denke an ein Konzert, wo die Musik uns vereint und doch jeder in seinem eigenen emotionalen Erlebnis versunken ist. Natürlich gibt es Menschen, die uns durchs Lebens begleiten, uns unterstützen, auch jene mit denen wir uns aufs Tiefste verbunden fühlen, die immer für uns da sind und umgekehrt. Aber auch Momente intensivster Nähe können es letztlich nicht verhindern.

Gäbe es einen Gott, dann müsste ich mich allein vor ihm verantworten. Nun, wie auch immer Du es mit Gott handhabst, aber eines steht doch fest: In den entscheidenden Augenblicken unseres Lebens, stehen wir allein – mit unseren Entscheidungen, Zweifeln und tiefsten Ängsten, denn es gibt tief in uns etwas das nicht teilbar ist.

Es ist dieser tiefe Ort im Dunkel unseres Innersten. In diesem Dunkel liegen sie, unsere unausgesprochenen Empfindungen, unsere Träume, Ängste, Wünsche und Hoffnungen. Es ist ein Raum, den nur Du betrittst. Hier fechtest Du es mit Dir aus. Die stillen Kämpfe, die leisen Siege und die unausgesprochenen Niederlagen um Entscheidungen, um Wahrheit und soweit Du es Dir nicht selbst vorenthältst, die Konfrontation mit dem, was Dir Angst macht oder was Du insgeheim hoffst. Hier ist Dein Ort der Verantwortung vor Dir selbst. Kennst Du diesen Raum?

Hier innen gibt es kein Entkommen, keine Fassade, keine Mauern, hinter denen Du Dich verstecken kannst. Hier unten bist Du mit Dir allein. Hier kannst Du Dich Deiner Verantwortung nicht entziehen, denn hier bist du allein verantwortlich. Es ist der Ort Deiner tiefsten Schmerzen, Deiner Sehnsüchte, Deiner stillen Verzweiflung, Deiner Selbstzweifel. In dieser verborgenen Kammer begegnest Du Dir allein.

Es scheint, als fänden wir in der Gesellschaft unsere Zuflucht. Wir sind soziale Wesen, geboren aus der Sehnsucht nach Verbindung, nach Berührung, nach dem Echo unserer Stimmen in den Herzen anderer. Denn durch die anderen fühlen wir uns verbunden, geborgen, als ein Teil von etwas Größerem. In dieser Gemeinschaft finden wir Trost, Ablenkung, vor allem aber die Illusion einer geteilten Existenz.

Tief im Innen ist der Raum, in dem sich diese Illusion auflöst, wo wir uns in unserer verletzlichsten Form begegnen. Hier, fernab von den täuschenden Spiegeln der Gesellschaft, offenbart sich unsere innere Verzweiflung in ihrer rohen, ungeschminkten Form. Es ist ein Ort, wo wir erkennen, dass wir trotz all unserer Anstrengungen, Verbindungen zu knüpfen und Bedeutung zu finden, letztendlich allein mit uns selbst sind.

Dieser Ort in uns ist nicht immer ein Hort der Klarheit oder der Offenbarung. Oft ist er ein Spiegel unserer Selbsttäuschungen, unserer unerfüllten Träume, unserer ungelösten Konflikte. Hier ringen wir mit unseren innersten Ängsten, kämpfen mit den Schatten unserer Zweifel und stehen der oft schmerzhaften Realität gegenüber, dass wir in unseren tiefsten Kämpfen allein sind.

Am Ende stirbst Du allein. Dieser Gedanke mag beunruhigen, aber er erinnert uns daran, dass unser Leben eine ganz persönliche Reise ist, ein Pfad, der letztlich allein bestritten wird.

Am Ende kannst Du es drehen und wenden, wie Du willst: Du bist allein, auch wenn Du hoffentlich in guter Gesellschaft bist.
 
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petrasmiles

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Das ist alles richtig - aber zuviel des Guten; die Wiederholungen ermüden.
Könnte man nicht eine andere Form wählen und das 'alleine' zuvor oder im Anschluss ergänzen?
Eigentlich schade.

Liebe Grüße
Petra
 

petrasmiles

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Hallo Thony,

was in der Dunkelheit des Alleinseins, wie es hier überwiegend dargestellt wird, vernachlässigt scheint, ist die große Ruhe und Kraft, die in der Akzeptanz dieser Tatsache liegt. Ich empfinde das sogar als die Wurzel der Freiheit. Zwischendurch benennst Du diese Fakten, aber als Farbe geht es unter.
Das ist ähnlich wie mit dem Glauben an einen Gott: Wenn man ihn hat, scheint er einen durch sein Leben tragen zu können, wenn man ihn nicht hat, und man die Erkenntnis verarbeitet hat, auf sich gestellt zu sein, ist man in seinem Leben angekommen.
Liebe Grüße
Petra
 
Hallo Petra,

am Ende ist es die Frage, welche Perspektive man einnehmen möchte. Deine Perspektive auf die Situation des existenziellen „Alleinseins“ ist eine andere als die von mir beschriebene. Ich habe auch nicht den Anspruch universelle Wahrheiten zu präsentieren. Ich sehe es daher nicht als Vernachlässigung, sondern als Fokussierung auf einen spezifischen Aspekt.

Aber es stimmt. Für Philosophen wie Sartre und Kierkegaard ist das Alleinsein eng mit der Freiheit verbunden. Sartre sieht in der Einsamkeit eine Gelegenheit zur Authentizität, da sie uns zwingt, uns mit unserer Existenz auseinanderzusetzen und eigenständige Entscheidungen zu treffen. Kierkegaard betrachtet sie als Chance zur Selbstreflexion und spirituellen Vertiefung, indem sie eine persönliche Auseinandersetzung mit ethischen und spirituellen Wahrheiten ermöglicht, losgelöst von gesellschaftlichen Normen. Als „Wurzel“ der Freiheit würde ich es nicht ganz bezeichnen, für mich ist es eher ein komplexer Prozess, der auch Herausforderungen und Schmerz beinhaltet; die Freiheit, die daraus entsteht, ist oft hart erkämpft. Insofern ist das von Dir angesprochene eine interessante Sichtweise, aber nicht jene, die ich ansprechen wollte.

Lieben Dank und beste Grüße

Thony
 

petrasmiles

Mitglied
Ich verstehe!
Ich habe den Text soben noch einmal gelesen, und er ist irgendwie klarer geworden. Mir scheint jetzt diese Verantwortung für sich selbst mehr im Zentrum zu stehen.
Ich weiß nicht, was Du gemacht hast, aber mir gefällt der Text - sprachlich und von der Aussage her - besser. (Kann natürlich auch daran liegen, dass man nicht zweimal in denselben Fluss steigen kann ...)

Liebe Grüße
Petra
 
Ich habe den Text nur minimal verändert. Vielleicht haben die Erläuterungen nach dem ersten Lesen zum besseren Verständnis beigetragen.
Danke jedenfalls fürs Lesen und liebe Grüße
Thony
 



 
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