Am Großen Heiligen Meer (balladeskes Spiegelsonett)

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Am Großen Heiligen Meer
(Hopsten anno 1623)

Der Abend fällt, sein letzter Hauch orange.
Ein Angler kniet am Ufersaum und lauscht
Und liest den schwarzen See. Er will Revanche,
War viel zu lange Schneider nur. Es rauscht

Und raschelt. Ratten zwitschern schrill im Ried.
Verbissen zwirbelt Wilm aus Schweif die Schnur.
Er grübelt, ob der Sohn im Krieg verschied,
Nicht eher will er gehen, so der Schwur,

Als sieben Fische frisch im Netze funkeln,
Als Petrus Boten Hoffnungsschimmer spenden.
Der Korkenschwimmer dümpelt träg im Dunkeln,
Doch jäh ein Tanz, geführt von Geisterhänden.

Der Angler setzt den Hieb, der Drilling greift:
Ein Zander, der durch Silbersirup streift.

Der Kampf ist zäh, das Wasser brodelt wild,
Die Landung glückt, des Alten Ader schwillt.

Er fühlt, er wird den Jungen lebend finden!
Selene lässt Karauschen, Aale blitzen
Und Stachelritter sich am Haken winden.
Der Flossenträger sechs im Grase glitzen.

O Graus! - Da morden Nordwindwolken schon
Den Mond, und Kälte frisst vom zarten Schein.
Die Glocke schlägt und schlägt, kein Biss. Sein Sohn
Ist tot! Der Witwer taucht – und – atmet – ein.

Da eilt, nicht weit entfernt, durch Vaters Tor
zum Hof ein junger Mann, begrüßt den Knecht
- zerlumpt, doch nicht gebeugt - und holt hervor
Mit frohem Mut als Gastgeschenk den Hecht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo James Blond, Didi Costaire und Tula,

“Petry Dank“ fürs Lesen und eure Würdigung des Textes!

Ob The Old Man and the Sea, ob Moby Dick, A River Runs Through It oder John von Düffels Vom Wasser - das Angeln hat mich schon immer (nicht nur in der Praxis) in allen Facetten fasziniert. Ganz zu schweigen von Izaak Waltons The compleat angler or an contemplative man’s recreation (1653) und seinen pastoralen Diskursen mit dem Jäger und Falkner über die Vorzüge und Methoden des Angelns ...

Viele Grüße,
Artbeck
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ich verstehe nicht ganz, lieber Artbeck,

warum der Sohn tot sein soll. Orakel-Fischen?

Ansonsten ein gutes Stück.

grusz, hansz

P.S.:
Die Lücken, die den Leser zum Scrollen zwingen, - - -
 
Hallo hansz,

deine Formulierung "Orakel-Fischen" trifft es ziemlich gut. Ich hatte es mir so vorgestellt, dass der alte Angler dermaßen vom Gram gebeutelt ist, dass er auf irrationale Art den Fangerfolg zur Deutung des Lebenszeichens seines Sohnes überhöhen, erzwingen will - und ironischerweise darauf sogar eine indirekte Antwort erfolgt (der Sohn fängt und bringt den siebten Fisch), nur leider zu spät. Formen solcher Irrationalität sind ja auch heute in modernen Zeiten noch zu beobachten.

Was den Zeilenabstand betrifft, so überlege ich noch, ob es sinnvoll ist, das zu ändern.

Vielen Dank für das Lesen und deine Nachfrage!

Viele Grüße,
Artbeck
 



 
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