Am Grünen Hügel

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James Blond

Mitglied
Lang aufgereit erwarten Stühle
in dunkelblauer Abendschwüle
den Neubelag von Körperteilen,
aus denen Seelen dann enteilen,
um in der eingegleisten Bahn
zu kosten Wagners Bühnenwahn.

Einst sollte hier am deutschen Wesen
die Bühnenkunst weltweit genesen –
sie ist davon, weil's manchen mundet,
noch immer nicht im Kern gesundet.
Hier lauert in pompöser Schwüle
ein Schwulst verschraubter Machtgefühle.
 
G

Gelöschtes Mitglied 24409

Gast
Ganz ausgezeichnet!

den Neubelag von Körperteilen - unglaublich!

Einst sollte hier am deutschen Wesen
die Bühnenkunst weltweit genesen –


Sicherlich unterstellt, James, aber man versteht, was Du meinst!

Endlich mal wieder ein Gedicht, das innen-außen, also Gehalt-Form, überzeugt!


Kristian
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Hier lauert in pompöser Schwüle
ein Schwulst verschraubter Machtgefühle.
Nun ja, heiß (und nicht bloß "schwül") mag es den Göttern wohl werden, wenn sie auf dem Scheiterhaufen verbrennen. War wohl nichts mit den "Machtgefühlen". Der Revolutionär Wagner schenkt dem Herrn des Gesetzesspeers die Erlösung, die Vernichtung, das Nirvana. Die Götter landen auf dem Scheiterhaufen der Geschichte.

Die Menschen bleiben übrig.
 
Ein Neubelag von Körperteilen
ist Pflicht, will man bei Wagnern weilen.
Jedoch ist's "Seele", die entflitzt
aus jenem Teil, auf dem man sitzt?

Danke für das köstliche Gedicht, mein lieber James Blond!
 
G

Gelöschtes Mitglied 24194

Gast
Skepsis bleibt angesagt wegen der Götterdämmerung.
 

James Blond

Mitglied
Vielen Dank für die differenzierten Rückmeldungen!

An Richard Wagner scheiden sich bekanntlich die Geister, doch ich bin ganz froh, dass es hier nicht zu einer Auseinandersetzung über seine Kunst oder Person gekommen ist und man das Augenmerk auf Form und Inhalt der Verse gerichtet hat. Natürlich geht es hier augenzwinkernd auch um die recht eigentümliche Art der Bayreuther Rezeption, vorrangig aber um ein paar paargereimte Verse.

Liebe Grüße
JB
 



 
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