Am Himmel

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Ralf Langer

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Hallo fee,

vorab, ich halte diesen in Worten festgehaltenen Moment des Glücks als gelungen.
Und mir gefällt auch die erzählte Art und Weise, die diesem Stück Struktur gibt.

Nichtsdestotrotz habe ich die ein oder andere Anmerkung, die ich dir gerne zum nachdenken hierlassen möchte.

Als erstes fielen mir durch deine gewählte Form der Zeilen Dinge auf, die mir, wie soll ich sagen das Lesen „erschwerten“:

Strophe 2:

Du wolltest fliegende Fische
zählen, ich nur immer wieder
deine Sommersprossen und die
versprengen Galaxien im endlosen
Blau deiner Iris

Hier hatte ich ein paar kleine Irritationen beim Lesen. Ich stelle mal ein wenig um, und versuche es danach zu erklären:

Du wolltest fliegende Fische
zählen, - ich wieder und wieder
deine Sommersprossen
um die versprengten Galaxien
im endlosen Blau deiner Iris


Also meinem Lesegefühl nach gehört nach" zähle"n nicht nur ein Komma, sondern für mich auch ein Gedankenstrich. Die Pause, die der Gedankenstrich aufzeigt ist länger, und M.E. Auch nötiger als der kurze Halt durch das Komma.

( Das ist jetzt Jammern auf sehr hohem Niveau. Sorry)

Die Formulierung : „nur immer“ habe ich nach einigem Zögern durch „wieder und wieder“ ersetzt.

Ich empfinde das „wieder und wieder“, weil es auch aussprachlich „länger“ist hier einfach angemessener um diesem Moment auch ausgesprochen mehr Dauer zu geben.
( Ich hoffe du verstehst wie ich das meine)

Deine drei Zeilen zum Schluß dieser Strophe habe ich ein wenig umgestellt.
Warum?

Zum einen glaube ich habe ich das schöne Bild etwas mehr verdichtet als du es mit dem Wort

„und“ getan hast. Ich denke es ist schöner wenn die beiden Metaphoren von Sommersprossen und der Iris mit den versprengten Galaxien auch durch den Satzbau enger miteinander verknüpft sind

zum anderen glaube ich das das von dir gesetzte Zeilenende in Zeile drei:

"…. und die
versprengten..."

Na ja, wie soll ich sagen, im luftleeren Raum hängt, und durch die von mir vorgenommene Umstellung nicht nur sinnlicher sondern auch etwas sinnhafter wäre.
( Natürlich nur mein Eindruck)


Eine Anmerkung zur dritten Strophe:

du schreibst:

„ich hätte dir gerne einen gefangen“

Ich bin etwas verlegen, aber ich habe durchaus einiges an Zeit gebraucht um heraus zu finden was du mit „einen“ meintest. Gut, natürlich den Fisch.


Hm, vielleicht bin ich auch nur zu unaufmerksam gewesen. Aber, vielleicht lohnt es sich darüber nach zu denken, hier statt „einen“ nochmal Fisch zu schreiben?
(Jammer auf allerhöchstem Niveau...)

Ja, und dann ist da noch in der letzten Zeile dieses „doch“ an dem ich ein wenig zweifle.
Hier fällt es mir nicht leicht, das überhaupt zu erklären.

Nun, dieses Gedicht hält doch einen Moment „vollkommenen Glücks“ fest. Hm, dieses „doch“ wirft mich da ein wenig heraus; es drückt ja eine Unmöglichkeit bzw. einen Widerspruch,aus. Aber sollte in einem solchen Moment nicht alles möglich sein, eben auch das Unmögliche, so wie es Vollkommenheit eben auch ist?

Andererseits ist es dann eben „doch“ ein sehr schönes Bild?
Vielleicht bin ich an dieser Stelle auch einfach nur zu verkopft.
Noch einmal zusammenfassend:

Das Gedicht ist gut, gut geschrieben, auch gut geformt. Es hat Halt und Struktur und ist sprachlich gekonnt in Szene gesetzt. Nimm meine Gedanken einfach als ein paar Ideen auf, die meinen Zugang zu diesem Stück ausdeuten wollen.

Sehr gerne gelesen, und eine gute zeitlang mit die „Am Himmel“ verweilt

LG
Ralf
 

fee_reloaded

Mitglied
Herzlichen Dank für diese ausführliche und intensiv nachspürende Auseinandersetzung mit meinem Text, lieber Ralf!

Einige der von dir angemerkten Stellen könnte man wohl wirklich noch zu stärkerem Glanz polieren. Also bin ich deinen Hinweisen gefolgt und kann momentan - als vorläufiger Zwischenstatus - hiermit aufwarten:


"Wieder und wieder" klingt für mich persönlich etwas sperrig und ja - es verlangsamt den Text. Das empfinde ich auch so. Aber für mein Empfinden bringt es eine Wucht mit in den sommerlichen Leichtsinn, die da gerade eben nicht sein soll.
Beim vorgeschlagenen "um" habe ich lange überlegt, ob ich es - für ein wenig mehr Schliff - als Ersatz für das legere "und" nehme. Ich nehme das nämlich anders wahr: rein örtlich geht die Formulierung für mich nämlich nicht ganz auf. Um die Galaxien in der Iris liegen ja zunächst erst die Wimpern, dann die Augenlider... und die Sommersprossen sind dann doch schon weit entfernt (wenn wir hier schon von Universen im Kleinen sprechen). Das Bild setzt sich für mich nicht zusammen. Ist geographisch zu weit gestreut sozusagen. Aber ich verstehe, was deine Intention war. Vielleicht hlft ja schon die Zeilenumstellung allein ein wenig, um die Bezüge zu verdichten...das sähe dann so aus:

Du wolltest fliegende Fische
zählen. Ich bloß immer wieder
deine Sommersprossen
und die versprengten Galaxien
im endlosen Blau deiner Iris.


Der Blick LyrIchs wandert ja im Gesicht der/des Angebeteten umher, will es erforschen. Das "um" wäre für dieses Bild bzw. diesen Vorgang also auch zu statisch, wie ich es sehe.

Mit dem "einen" (Fisch) hast du den kleinen wunden Punkt erwischt, bei dem ich selbst nicht hundertprozentig überzeugt bin. Die Versionen mit "einen Fisch" oder "einen Fisch nur für dich" und ähnliches hatte ich alle schon, habe sie aber verworfen, weil's alles irgendwie hinkt. Jetzt, wo ich wieder so nachdenke, kommt mir der Gedanke "warum bloß Einzahl?" Vielleicht wird's in dieser Formulierung besser?...

"Eins!" riefst du, und lachtest.
"Da - zwei!" und ich versank
in den Spiralarmen deiner Locken.
Ich hätte dir gerne welche gefangen,
doch du hattest die Zeit angehalten.

Nun, dieses Gedicht hält doch einen Moment „vollkommenen Glücks“ fest. Hm, dieses „doch“ wirft mich da ein wenig heraus; es drückt ja eine Unmöglichkeit bzw. einen Widerspruch,aus. Aber sollte in einem solchen Moment nicht alles möglich sein, eben auch das Unmögliche, so wie es Vollkommenheit eben auch ist?
Das ist ein spannender Gedanke. So hätte ich das nie betrachtet - aber ich kann es total nachvollziehen.
Ich meinte es eher so, dass die Widersprüche bzw. gar nicht wirklich (im physikalischen) sinnbezogenen Aussagen die "Weltenthobenheit des Augenblicks" darstellen sollen. Die Zeit steht still und doch fliegen Fische vorüber, die man mitten in einer Sommerwiese zählen kann (ganz offensichtlich). Und keiner der beiden stellt etwas in Frage. Die Zeit ist angehalten und doch geht das Leben auf der Höhenstraße "irgendwo auf der Welt" weiter und dringt noch - durch die Luft getragen als Knatter- und Duftfetzen - zu den beiden durch. Das "doch", das der gesamten Situation innewohnt und zugleich das Unwichtigste auf der Welt, ja, im ganzen Universum ist....wenn klar ist, wie ich das meine. Weil eben alles vollkommen ist - so wie es ist und mit all den (oder vielleicht auch zum Teil wegen all der so unwichtigen) Widersprüchlichkeiten.

Das Gedicht ist gut, gut geschrieben, auch gut geformt. Es hat Halt und Struktur und ist sprachlich gekonnt in Szene gesetzt.
DAS Lob rahme ich mir für die nächsten Tage ein und häng es an die Pinwand hinter meiner Stirn, lieber Ralf. Das freut mich wirklich sehr.
Und deinen Gedanken und Wahrnehmungen zu folgen, war ein nicht minder großes Vergnügen und sehr aufschlussreich! Allerherzlichsten Dank!!!!

LG,
fee
 

revilo

Mitglied
dann steht da nicht - hey, ist für echte Kerle zu dick aufgetragen - also eine Frage der Bedingungen auf Deiner Seite, sondern Du hast es als Werturteil formuliert - Fee habe zuviel gewollt - und ergo nicht gekonnt. Autsch, da kann man nur die Augen verdrehen.

weia........da gehts mir genauso, wenn ich so etwas lese..........wo habe ich behauptet, fee habe es nicht gekonnt?.........erst lesen, dann denken, dann schreiben.......offenbar zu viel verlangt........SOIFZ.....
 
Liebe fee,

ich habe es in die Bewertung geschrieben, aber damit es nicht verloren geht:

Wirklich wunderschön. Kein Adjektiv zuviel.

LG SilberneDelfine
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo fee,
schön das du mit meinen Auslassungen etwas beginnen konntest. Die Umstellung mit dem "und" in der Strophe ist gefällig, und da ich deine Erklärung nachvollziehen kann, denke ich auch diese Umstellung ist angemessen.
Auch die umstellung Plural auf "welche" ist hier eine gute Lösung

Bliebe noch das kleine"doch".
Auch hier verstehe ich dein Argument. Allerdings bleibt mein Einwand bestehen.
Lyrich will bzw:
"würde gerne Fische fangen"
So wie es dasteht, scheint es eine herzensangelegnheit zu sein die diesem Augenblick saozusagen gerecht werden würde.

und in diesem Zusammenhang ist eben das "doch" nicht die beste Lösung.

Aber was soll ich sagen, ich habe auch keine Andere. Manchmal ist das eben so.

P.S.
Das ganze mag ein wenig kleinkarriert von meiner Seite aus klingen. Aber: Das Gedicht hat ja nur das Wort im Originären. Und deswegen braucht es auch das treffende Wort. Ach je, wie oft scheitere ich selbst daran...

Lg
Ralf
 

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Mitglied
Besten Dank für die Rückmeldung, lieber Ralf!

Auch die umstellung Plural auf "welche" ist hier eine gute Lösung
Hier bin ich mir inzwischen nicht mehr so sicher...nachdem ich solche Ideen meist eine Weile "abhängen" lasse, um sie mit zeitlichem Abstand möglichst "neutral" lesen zu können, ist es mir dann passiert, dass beim Lesen das "welche" sich zu den "Locken" gesellen wollte sinngemäß. Und da soll's ja nicht hindeuten. Also lass ich vorerst einmal das "einen".
Vielleicht kommt ja noch die rettende Idee für eine kleine Verbesserung.

Ja, das "treffende Wort" - da sagst du so locker was.... ;)
Manchmal trifft es ja - aber nur für einen selbst vielleicht. Mit "kleinkariert" hat das aber nichts zu tun. Eher mit unterschiedlicher Sprachwahrnehmung, behaupte ich mal. Ich stell den Text jedenfalls noch nicht als "endgültig fertig" in die Ecke - versprochen! (und welcher Text ist das schon jemals?)

Die Fische sind im Gedicht so flüchtig wie die Gelüste und Gedanken der beiden ProtagonistInnen. Ob das Fangen eines Fisches zwei Sekunden später noch wichtig ist? Und manchmal ist ja auch das Festhalten von Etwas genau das, was dessen Magie zerstört - also LyrIchs Idee eventuell ohnehin sehr töricht... ;)

Liebe Grüße an dich!
fee
 



 
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