Am Tag, als alles möglich schien//10.000 Hz Legend

mortisha

Mitglied
Die Stadt liegt unter unseren Füßen. Aus einem Loch, etwa zwanzig Zentimeter neben meinem rechten Turnschuh, das zu einem tiefen Schacht gehört, kommt dichter Wasserdampf. Er nebelt uns ein, abgestanden riecht er, aber gerade so, dass man es noch ertragen kann, dass man sich nicht wegdrehen muss oder wieder hinunter. Die Stadt liegt da, unter uns, ziemlich weit unter uns sogar. So weit unter uns, dass es schwierig wird, hinabzuschauen, ohne sich festhalten zu müssen. Wir sitzen reichlich atemlos auf dem steinernen Rand. Wenn man beginnt, nach oben zu klettern, so vielleicht an der vier-Meter-Grenze, muss man anfangen, die Luft mit Gewalt in die Lungen zu pumpen, sonst bleibt sie einfach draußen, sonst hört man einfach auf zu atmen, ganz einfach außer kraft gesetzt zwischen der sechsten und siebten Sprosse einer Feuerleiter, an deren Rostflecken man ihr Alter mehr oder weniger verlässlich glaubt, schätzen zu können, es aber nicht möchte, wenn man zwischen der sechsten oder siebten Sprosse hängt und ungefähr vier Meter über dem nächsten festen Stück Boden. Die Hände sind krümelig vom Rost und Schnipsel verwitterter Farbe blättern nach unten. Ein leichter Wind fängt sie ab und weht sie über das Dach hinaus. Erschöpft lehnen wir uns an das Gitter, das ein wenig aussieht, als kratze es Wolken vom Himmel, wenn es sonst nichts anderes zu tun habe. Wir schweigen in die rosa Borte hinein, die sich über den Horizont spannt.
Sie muss sich nicht besonders strecken, um die Ränder der Stadt einzufassen, Volant an der Tischdecke der Welt. Das Rosa kriecht zwischen den Regenwolken und den antennenzerfaserten Dachfirsten hervor und fließt taktvoll in die Innenhöfe, über Baustellen, welke Kastanienbäume und in die Schlafzimmer der Menschen, die es nicht geschafft haben, wach zu bleiben. Wir sitzen da und finden uns ziemlich bedeutend, denn wir sind vorsätzlich nicht-schlafend, noch dazu sind wir hier. Weit über der Stadt, so weit, dass es eine Mutprobe war, herzukommen. Herzukommen um einen grandiosen Tag über der Stadt wachsen zu sehen. Wir zittern, denn es beginnt zu regnen und der Wind tut so, als sei es Herbst. Und wir zittern, weil es so weit ist und ich entscheide, sicher niemals in meinem Leben, selbst wenn ich herausfinden sollte, wie es funktioniert, fliegen zu wollen. Bevor uns die Augen zufallen, heften wir sie beim Absteig auf die Sprossen, die unsere Hände ergreifen, klamm und müde. Eine nach der anderen. Vierundzwanzig oder fünfzig, ich zähle sie und vergesse das Ergebnis, als ich festen Boden spüre. Der Atem fließt in mich hinein wie ein Strahl Wasser oder Licht und meine Muskeln falten sich auseinander. Einen Augenblick lang schien der Betrug perfekt. Versuch der Überwindung der Schwerkraft. Babylon.
Run to the fire-exit hören wir die grandiose Platte der Franzosen und schlafen ein, während wir gemeinsam die letzte Kippe des Tages rauchen, und tell me how does it make you feel, so unsere letzte Mutmaßung, ist keine schlechte Idee.

[fuer mart]
 



 
Oben Unten