Amore Passato

amelie_franzi

Mitglied
Amore Passato

Funken,
Knistern,
ein leichter Stich –
dann fühle ich die Wärme.

Köstlicher Geschmack von Neuem,
von Heißem,
Unbekannten –
Unwiderstehlich.
Ich tauche ein.

Süßer Duft
von Rotwein und Sommerschweiß
liegt mir in der Nase.

Ich will jeden Tropfen einsaugen,
feurig, würzig,
aber noch darf ich nicht.

Jedes Mal mehr.
Warmer Sand zwischen meinen Zehen,
meinen Fingern,
ich spüre ihn,
selbst wenn die Sonne längst untergegangen ist.

Lange Nächte,
ich kann nicht schlafen,
ich will nicht schlafen.

Hitze in meinen Lenden,
hält mich wach,
hält mich am Laufen,
hält mich am Tanzen.
Ich will,
dass es nie erlischt.

Ein überwältigender Brand,
unmöglich,
dass er je erlischt.

Ich lebe für das Spiel mit der Flamme,
ein nie da gewesenes Schauspiel,
in dem ich tausend Welten bereise,
tausend Leben lebe,
weil ich immer davon nähren kann,
nie satt werde.

Schleichend kommt die Müdigkeit,
eine lange Wanderung,
meine Füße sind schwer.

Ich kann die Hitze schwer ertragen,
wieso nur glüht mir der Kopf?

Ich ringe nach Frischluft,
in dem quälenden Qualm,
wird das Spiel zum Kampf.

Ein wenig Ruhe,
das will ich doch nur.
Und so bitte ich die Flamme,
sie möge doch etwas leiser brennen.

So brennt sie ab,
das Licht wird dunkler.

Als die letzte Wärme verfliegt
und sie ist erlischt,
ist es ist Nacht.

Ich vergesse,
wie sich die Leidenschaft angefühlt hat,
mit der ich im Licht gebrannt habe.

Stattdessen liege ich nun da,
schuldig,
neben mir ein abgebranntes Streichholz.

_________________________________

Anmerkung:

Dieses Gedicht ist ein erster Versuch und ist aus einem gleichnamigen kurzen Prosa entstanden. @Tula und @klauskuckuck haben mir nahegelegt, die Geschichte zu überarbeiten und ihr gegebenenfalls einen anderen Rahmen zu geben. Weil ich sonst nie Gedichte schreibe, bin ich umso dankbarer für Feedback. Ich bin Anfängerin und hoffe etwas zu lernen.

Ganz herzliche Grüße und vielen Dank für Eure Hilfe!

Amelie
 
G

Gelöschtes Mitglied 21589

Gast
Hallo Amelie,

dein Gedicht über die vergangene Liebe solltest du dir gut aufheben, denn das erste Gedicht ist immer etwas besonderes. Und nicht nur das: es zeigt dir auch deine ersten stilistischen Vorlieben, deine ersten sprachlichen Eigenheiten - und das sind Dinge, mit denen du arbeiten kannst. In welche Richtung zeigt dein Schreiben, was möchte freiwillig aus deiner Feder fließen? Im Moment ganz offensichtlich keine Sonette oder Terzinen, nein, überhaupt keine festen Formen, vielmehr die Ungezügeltheit des freien Verses, jugendlich mit einem Hauch Melancholie, dazu ein erzählendes Element, welches sich nicht in wenigen Worten einsperren lassen möchte.

Wenn du einen Rat von mir haben möchtest, dann gebe ich dir diesen: Werde dir gewahr über das, was deinen Zeilen ihre Kraft gibt und lass sie sich zunächst in weiteren Gedichten frei entfalten. Und dann überlege, wie du diese Energie, die ja die deine ist, zunehmend so in die Verse bannen kannst, dass sie gerade noch so gehalten wird durch die Form des Textes, aber man beim Lesen nicht umhin kommt, die Worte gierig aufbrechen zu wollen, um die darin liegende Emotion zu spüren.

Um dieses zu erreichen, könnte es allerdings durchaus sein, dass du deinen erzählenden Stil irgendwann überdenken musst, wenn es um die Lyrik geht. Um die Kraft in die Worte zu bringen, braucht es meiner Meinung nach in er Poesie ein starkes Maß an Verdichtung. Dafür gibt es zahlreiche rhetorische Mittel - die letztlich das Werkzeug des Dichters sind, um seine Worte Wirkungsvoll zu machen. Und du benutzt in deinem Text bereits eine ganze Reihe davon: ich sehe Anaphern, Ellipsen und Klimaxe. Aber ich sehe auch etwas, was deinen Zeilen die Kraft nimmt. Und das sind die Passagen, in denen du das alltägliche berichtest, ohne es im Sinne eines lyrischen Textes zu formulieren. Ich zeige dir einige Beispiele:

Lange Nächte,
ich kann nicht schlafen,
ich will nicht schlafen.
Ich kann die Hitze schwer ertragen,
wieso nur glüht mir der Kopf?
Ein wenig Ruhe,
das will ich doch nur
.
Und so bitte ich die Flamme,
sie möge doch etwas leiser brennen.
Die markierten Zeilen könnten auch in einem alltäglichen Gespräch stattfinden. Dies macht sie nicht weniger wertvoll, aber für einen lyrischen Text leider belanglos, denn niemand wird ein Gedicht lesen, um die Reden des Alltags zu hören. Die Frage ist also: Wie könnte man das Empfundene anders ausdrücken, als man es im Gespräch mit Freunden tun würde? Vielleicht hilft eine Metapher, oder ein Vergleich? Viele gute Dichter haben gezeigt, dass man dabei gar nicht so weit von einem eher erzählenden Stil abweichen muss, eine derart eminente Verdichtung, wie sie z.B. Paul Celan gelungen ist, muss nicht jedermanns Sache sein. Aber wenn man z.B. bei Rilke oder Hesse schaut, findet man zahlreiche Gedichte, die einerseits kraftvoll verdichtet daherkommen, andererseits aber vielleicht gerade deshalb so beliebt sind, weil sie überdies noch ausgesprochen verständlich für den Leser sind. Nehmen wir z.B. Rilkes Gedicht "Will dir den Frühling zeigen". Dort lautet die erste Strophe:

Will dir den Frühling zeigen,
der hundert Wunder hat.
Der Frühling ist waldeigen
und kommt nicht in die Stadt.
Diese Strophe ist klar und verständlich, aber sie ist nicht alltäglich. Im Alltag würde wir sagen: "Der Winter ist vorbei und das Wetter ist schön. Lass uns in die Natur gehen, denn es ist Frühling." Aber bei Rilke steckt ein Geheimnis in den Zeilen, etwas, das man mit Worten nicht ausdrücken kann, denn dieses liegt allein fühlbar zwischen den Zeilen. Meiner Meinung nach schafft es ein gelungener lyrischer Text, die Worte beinahe vergessen zu machen und das Fühlbare im Leser zu erwecken.

Ich wünsche dir viel Freude auf deinen weiteren Wegen.

Liebe Grüße
Frodomir
 

Tula

Mitglied
Hallo Amelie
Der Text gefällt mir auf jeden Fall besser als die erste Version und ist nicht allein für ein erstes Gedicht durchaus gelungen.

Lyrik ist ein weites Feld mit vielen Wegen. Einigen Einwürfen Frodomirs muss ich allerdings zustimmen. Hier wird ein längerer Ablauf eines Erlebens mit Höhen und Tiefen dargestellt. Das Erzählerische ist wichtiger Bestandteil einer Ballade. Hier wäre EINE Grundstimmung bzw. der Kontrast zwischen Himnelhochjauchzend und emotionalem Absturz wirksamer, weniger Handlung, mehr Gefühl. Sinnvolle Kürzung des Textes, auf das Wesentliche konzentrieren usw.

Ich würde dennoch davon abraten, noch lange daran herumzubasteln. Einfach beherzt auf das nächste stürzen. Der beste Ratgeber ist immer noch die Lektüre, womit ich nicht unbedingt das Forum meine. Einfach lesend die Welt der Lyrik erkunden, auch das formt Geschmack und Gefühl für sprachliche Vervollkommnung, du entdeckst was dir stilistisch gefällt bzw. liegt. Das bedeutet nicht, andere nachzuahmen, sondern ist vielmehr eine Frage künstlerischer Erkundung und schließlich Selbstfindung.

LG
Tula
 
G

Gelöschtes Mitglied 14616

Gast
Hallo Amelie,

den beiden Kollegen vor mir kann ich mich nur anschließen. Ja, wichtig ist das Lesen, noch wichtiger aber ist das Schreiben. Es ist ein guter Rat, jetzt nicht weiter an diesem Text zu kleben. Versuche, weitere Texte zu schreiben. Vielleicht versuchst du es zu Beginn auch mal etwas kürzer. Aber du musst selbst wissen, womit du dich am wohlsten fühlst. Du wirst beim Schreiben spüren, wenn der Text deiner ist. Das dauert vielleicht, aber es wird kommen.

Wenn der Text auch noch recht weit von perfekt ist, so ist doch klar herauszulesen und zu spüren, dass du hier wirklich gefühlt hast. Das Lyrische ist unverkennbar. So jedenfalls sehe ich das.

Das Weitermachen lohnt sich ganz bestimmt!

LG
Cellist
 

amelie_franzi

Mitglied
Guten Mittag zusammen,

zunächst möchte ich mich ganz herzlich bei Euch bedanken; Es ist wahnsinnig schön, Unterstützung von Sachverständigen zu erfahren und das angenehme Gefühl zu haben, dass meine Texte verstanden und ernstgenommen werden. Nicht nur Lyrik, sondern Literatur an und für sich ist, obwohl sie mich fasziniert und begeistert, ein sehr einschüchterndes Feld. Nicht selten habe ich erfahren, dass gestichelt und sich lustig gemacht wird. Daher nochmals: Danke!

Ich habe mich Euren Ratschlägen angenommen und im Wesentlichen Folgendes mitgenommen:
  1. Den Inhalt meiner Texte auf die Emotionen herunter brechen und sie, wenn möglich, in feste Formen einspannen.
  2. Meinen "erzählenden Stil" in der Lyrik herunterfahren (dazu gleich noch mehr).
  3. Eventuell kürzere Texte schreiben.
  4. Mehr schreiben!
Ihr habt natürlich vollkommen Recht: was ich kenne und liebe sind Erzählungen, Lyrik ist mir (noch) fremd. Ich halte mich in meinen Texten eigentlich nie an irgendwelche "Vorgaben".
Allerdings habe aus Freude an der Herausforderung und euren lieben Nachrichten Sonett geschrieben. Natürlich kein Sonett im klassischen Sinne und natürlich auch wieder in meinem jugendlich verspielten Erzählstil, aber in Anlehnung an das "Kochrezept" von Wikipedia. Ich werde dafür einen neuen Beitrag erstellen und hoffe natürlich sehr, dort wieder von Euch zu hören.

Ganz herzliche Grüße und einen guten Start in die Woche,
Amelie
 
G

Gelöschtes Mitglied 21589

Gast
Hallo Amelie,

ich finde gut, was du aus unseren Kommentaren mitgenommen hast. Nur über Punkt 1 würde ich noch einmal nachdenken. Eine feste Form ist für ein gutes Gedicht nicht zwingend notwendig, es gibt auch herausragende Gedichte im Freien Vers. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass es trotzdem gar nicht so verkehrt ist, sich am Anfang der Lyrikkarriere noch nicht unbedingt auf den vers libre zu stürzen. Ich denke, Gedichte in gebundenen Formen sind ideal, um das poetische Schreiben zu üben, weil man durch die festen Schemata gezwungen ist, in einem vorgegebenen Raum so verdichtet wie möglich zu schreiben. Wenn du dies beherrschst, drängt es dich vielleicht eines Tages wieder von ganz allein zum vers libre :)

Liebe Grüße
Frodomir
 



 
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