Die Sonne fällt durch die Balkontür auf seinen Esstisch; Leo frühstückt - was eine Mischung aus Essen und Lesen ist. In der Regel - so auch heute - liest er einen Comic über gute und böse Mächte, mit Superhelden und Fantasiegestalten, als urplötzlich auf der anderen des Tisches eine stattliche Gestalt steht. Während Leo versucht sich zu sammeln, können wir die Erscheinung schnell beschreiben: ein Mann nackt wie Gott ihn geschaffen hat, nur seine Füße stecken in einem Paar Wildlederstiefelchen. Über seiner Schulter hängt eine Schärpe, an der unzählige Steingutkrügelchen hängen. Er hebt die rechte Hand und flötet: “Ich bin der Amorläufer! Fürchte dich nicht!”
Leo signalisiert mit einer Geste: wovor auch?!
“Ich bringe dir die Liebe!”
“In Krügen?!”
“Die Liebe muss fließen!” und der Amorläufer schenkt aus einem seiner Steinkrüge die Liebe aus - in die Mitte des Esstisches. Wie eine Lache, die größer wird, verteilt sich die Liebe über die glatte Tischplatte, fließt über das Frühstücksdeckchen, überzieht das verschmierte Messer mit einem dünnen Film Liebe und hüllt auch das halbe Marmeladenbrötchen ein.
Und Leo wird erfüllt von einem Gefühl von Wärme und Zufriedenheit. Alles, was seine Augen erblicken, ist ungewohnt richtig. Alle Zweifel sind verschwunden. Das Frühstücksbrettchen, dessen Blumenmotiv er eigentlich spießig findet, ist plötzlich die Königin aller Frühstücksdeckchen. Der Frühstücksteller, den er in letzter Zeit zu bunt fand, wird ein Zauberteller, mit dem er schon immer das wunderbarste Frühstück gezaubert hat, und sein Marmeladenbrötchen: die süßeste Versuchung seit es Marmelade gibt …
Die Liebe zieht vom Tisch auch den Eierbecker hinauf, zieht über das braune Ei, das ihn anlacht und behauptet, im Paradies gelegt worden zu sein.
Aber irgendwann ist auch der Krug leer der Liebe und das Auseinanderfließen auf dem Tisch kommt ins Stocken. Die Liebe bleibt als dünne Pfütze auf dem Tisch stehen. Leo fühlt seine Beseeltheit schwinden, und er, der gelernt hat, dass die Liebe fließen muss, kippt den Tisch leicht seitlich. Und so kommt die Liebe wieder mit vielen kleinen Rinnsalen ins Fließen, tropft die Tischkante hinab auf den Boden, den Leo mit ganz neuen Augen zu sehen beginnt. Seine Küche hat einen Fliesenboden? Das scheint ihm was ganz Neues zu sein. Und so schön!? So wunderschön… Aber sein Halleluja-Gefühl verschwindet schnell, denn auch auf dem Fußoden kann die Liebe nicht fließen.
Leo hastet ins Bad und holte sich den Wasserschieber, mit dem er auf dem Küchenboden die Liebeslache hin- und herbewegt. Die Liebe muss fließen. Leo erlebt sich vom Schicksal gesegnet: kein Mensch hat einen so schönen, perfekt gelegten Fliesenboden, kein Mensch hat einen so liebenswerten Wasserschieber wie er.
Aber leider sorgt er selbst mit dem Hin und Her dafür, dass die Liebe immer breiter verteilt wird. Sie ist bald hauchdünn verteilt, dass sie weder stehen noch fließen kann, sondern quasi verdunstet. Und so findet er sich am Schluss ernüchtert auf dem Küchenboden wieder, hockend, und versteht nicht wirklich, warum er da mit so einem saublöden Wasserschieber sitzt. Er erinnert sich zwar vage an den Amorläufer, aber als er sich umschaut, ist der Nackedei mit den Krügen verschwunden. War der überhaupt mal da?!
Ihm dämmert’ wieder: die Liebe muss fließen! Er öffnete den Wasserhahn des Spülbeckens. Ein satter Strahl Wasser ergießt sich ins Becken, aber keine Liebe. Und gute Empfindungen? Nein, auch nicht. Er wird nur daran erinnert, dass er das Kochgeschirr der letzten Tage wird abspülen müssen.
Als er im Bad fließen lässt, was fließen kann, wird auch keine seiner Empfindungen erhöht oder intensiviert. Er sieht nur Schmutzränder, die ihn an vernachlässigte Pflichten erinnern. Die Welt ist wie ehedem - profan.
Leo signalisiert mit einer Geste: wovor auch?!
“Ich bringe dir die Liebe!”
“In Krügen?!”
“Die Liebe muss fließen!” und der Amorläufer schenkt aus einem seiner Steinkrüge die Liebe aus - in die Mitte des Esstisches. Wie eine Lache, die größer wird, verteilt sich die Liebe über die glatte Tischplatte, fließt über das Frühstücksdeckchen, überzieht das verschmierte Messer mit einem dünnen Film Liebe und hüllt auch das halbe Marmeladenbrötchen ein.
Und Leo wird erfüllt von einem Gefühl von Wärme und Zufriedenheit. Alles, was seine Augen erblicken, ist ungewohnt richtig. Alle Zweifel sind verschwunden. Das Frühstücksbrettchen, dessen Blumenmotiv er eigentlich spießig findet, ist plötzlich die Königin aller Frühstücksdeckchen. Der Frühstücksteller, den er in letzter Zeit zu bunt fand, wird ein Zauberteller, mit dem er schon immer das wunderbarste Frühstück gezaubert hat, und sein Marmeladenbrötchen: die süßeste Versuchung seit es Marmelade gibt …
Die Liebe zieht vom Tisch auch den Eierbecker hinauf, zieht über das braune Ei, das ihn anlacht und behauptet, im Paradies gelegt worden zu sein.
Aber irgendwann ist auch der Krug leer der Liebe und das Auseinanderfließen auf dem Tisch kommt ins Stocken. Die Liebe bleibt als dünne Pfütze auf dem Tisch stehen. Leo fühlt seine Beseeltheit schwinden, und er, der gelernt hat, dass die Liebe fließen muss, kippt den Tisch leicht seitlich. Und so kommt die Liebe wieder mit vielen kleinen Rinnsalen ins Fließen, tropft die Tischkante hinab auf den Boden, den Leo mit ganz neuen Augen zu sehen beginnt. Seine Küche hat einen Fliesenboden? Das scheint ihm was ganz Neues zu sein. Und so schön!? So wunderschön… Aber sein Halleluja-Gefühl verschwindet schnell, denn auch auf dem Fußoden kann die Liebe nicht fließen.
Leo hastet ins Bad und holte sich den Wasserschieber, mit dem er auf dem Küchenboden die Liebeslache hin- und herbewegt. Die Liebe muss fließen. Leo erlebt sich vom Schicksal gesegnet: kein Mensch hat einen so schönen, perfekt gelegten Fliesenboden, kein Mensch hat einen so liebenswerten Wasserschieber wie er.
Aber leider sorgt er selbst mit dem Hin und Her dafür, dass die Liebe immer breiter verteilt wird. Sie ist bald hauchdünn verteilt, dass sie weder stehen noch fließen kann, sondern quasi verdunstet. Und so findet er sich am Schluss ernüchtert auf dem Küchenboden wieder, hockend, und versteht nicht wirklich, warum er da mit so einem saublöden Wasserschieber sitzt. Er erinnert sich zwar vage an den Amorläufer, aber als er sich umschaut, ist der Nackedei mit den Krügen verschwunden. War der überhaupt mal da?!
Ihm dämmert’ wieder: die Liebe muss fließen! Er öffnete den Wasserhahn des Spülbeckens. Ein satter Strahl Wasser ergießt sich ins Becken, aber keine Liebe. Und gute Empfindungen? Nein, auch nicht. Er wird nur daran erinnert, dass er das Kochgeschirr der letzten Tage wird abspülen müssen.
Als er im Bad fließen lässt, was fließen kann, wird auch keine seiner Empfindungen erhöht oder intensiviert. Er sieht nur Schmutzränder, die ihn an vernachlässigte Pflichten erinnern. Die Welt ist wie ehedem - profan.