Hi Max,
revilos Anstoßnehmen an gelockerten Assoziationsketten teile ich nicht nur nicht, sondern bin sogar der verstiegenen Meinung, dass eine "Lex revilonis", welche in der Lyrik grundsätzlich einem logisch-kohärenten Schreiben den Vorrang vor frei flottierendem Gedankenkonfetti einräumt, in einem objektiven Korridor "falsch" ist.
Bei diesem Gedicht finde ich nun sogar, dass für "Max-Verhältnisse", die Bilder relativ zusammenhängend gewählt sind, es gibt ein paar kleine Szenensprünge, aber im wesentlichen interagiert das lyrische Ich als Stechmücke mit verbrannten Flügeln mit einem lyrischen Du (die ungeraden Strophen streuen hier nur quasi kleine Nebenszenen bei). Ich find das soweit alles sehr schön, wie die Mehrzahl der Gedichte im typischen Max-Sound.
... dennoch ist das ein bisschen eine Vorrede zu einem nicht ganz ungewichtigen ABER.
Ich finde nähmlich, Max, dass Du Dein sehr sehr beachtliches Lyrikpotential dadurch etwas limitierst, dass Du wirklich äußerst hartnäckig eine Ich-Perspektive in Deinen Gedichten einnimmst. Man zähle mal Deine Texte, die mit dem Wort "ich" beginnen - das ist schon keine so kleine Zahl. Und dann ziehe man von den Übrigbleibenden diejenigen ab, in denen nicht ein Ich in der ersten Strophe eingeführt wird. Da bleibt dann nicht mehr soviel übrig.
Ja, ein reines Ding-Gedicht von Dir, Max, welches von irgendeinem Objekt außerhalb des eigenen Ichs handelt, fällt mir ad hoc gar nicht ein. Ich glaube, dass hier eine lyrische Kreisbahn beschritten wird, die vor dem Hintergrund des sprachlichen Audruckpotentials bedauerlich eng gezogen ist. Die Welt außerhalb des Ichs ist doch so weit und bunt... ich glaube, Du hättest viel zu ihr zu sagen...
... vielleicht gehe ich mit diesem Grundsatzeinwand ein bisschen zu weit; wir sind ja zum Glück (noch) ein (relativ) freies Land - und wer Lust hat nur Ich-Lyrik zu schreiben, ist dazu herzlich eingeladen (bzw. genauer: braucht dazu gar keine Einladung, sondern soll halt sein Ding machen)... aber... ich mein ja nur...
LG!
S.