An Hedwig (Kitschsonnet 1)

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Ich liebe dich, frag nicht nach Gegenlieb',
Denn kein Geschäft ist‘s, so wie ich zu lieben;
Die Liebe traf mich wie des Schwertes Hieb,
Der Adam aus dem Paradis vertrieben.
Ich sage dir den Weg, der dich vor Schuld,
Vor Schmerzen und vor Irrthum wird bewahren:
Nur wenn du mir für immer deine Huld,
Dein Lächeln nimmst, kann ich mich offenbaren.
Wie sehr ich liebe! Alles ist bereit,
Die Herrin meiner Seele zu empfangen.
Behalte deine ird‘sche Zeytlichkeit,
Denn auf dein Ewiges geht mein Verlangen.
[ 8]Der Sonne gleich, die hoch am Himmel steht,
[ 8]Gibst du mir Licht, der nichts als dein Planet.
 

poetix

Mitglied
Hallo,
du hast es also gewagt, ein eigenes Gedicht als Kitsch zu bezeichnen. Wie du schon geschrieben hast, ist das mutig. Indes bin ich nicht sicher, ob es wirklich in diese Kategorie fällt. Die Wortwahl allein macht es nicht dazu. Die Form des Sonetts zeigt, dass du eigene Arbeit investiert hast. (Übrigens würde ich Absätze setzen, aber das ist deine Entscheidung.) Außerdem hast du eine gewisse Distanz, reflektierst, bringst Inhalte zusammen. Ich bin nicht der Meinung, dass man ein Etikett daraufkleben muss. Es gefällt mir unabhängig von der Bezeichnung.
Viele Grüße
poetix
 
Vielen Dank, Poetix. Kitsch ist ein rückwärts gewandter, der Vergangenheit höriger Text, und wenn ich Worte wie "Huld" lese" oder Wendungen wie "Herrin meiner Seele", dann scheint mir ein solcher eindeutig vorzuliegen. Hinzu kommt eine Metaphysik, die asketisch aufs Geistige setzt - Petrarca und Dante lassen grüßen. Du hättest die drei Quartette und das Schlusscouplet gern von einander abgesetzt, aber das hat Shakespeare, an dessen "sonnets" sich der Text orientiert, nie getan, er hat nur das Couplet, wie hier geschehen, ein wenig eingerückt.
Mit Gruß
E. L.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
edel

Hinzu kommt eine Metaphysik, die asketisch aufs Geistige setzt - Petrarca und Dante lassen grüßen.
und das ist wohl eher epigonal denn kitschig.
(Die anderen von Dir genannten Kriterien, lieber Eike, charakterisieren "Kitsch" durchaus.)
 

Walther

Mitglied
Yo,

lb. Eike,

das ist allenfalls epigonal. du bekommst die tonart der zeit, auf die du rekurrierst, einfach nicht perfekt genug hin. das "Paradis" ohne "e" und "Zeytlichkeit" mit "y" reichen nicht für die gelungene mimikry.

netter versuch, metrisch korrekt, ein wenig unterhaltsam: eigentlich energieverschwendung. schade drum!

lieber gruß W.
 
O, Walther und Mondnein, epigonal! Das ist auch so ein Kampfbegriff, der Werken die Kunstqualität allgemein abspricht, weil sie auf ausgetretenen Wegen wandeln; wandeln sie auf allzu ausgetretenen, ist Kitsch die nächste Steigerung des Verdammungsurteils. Wenn aber nun jemand sich lustvoll dem Sog der Vergangenheit überlässt, auf Originalität ebenso lustvoll verzichtete und sich in einer Sprache, in künstlerischen Mitteln gefällt, die uralt und traditionalistisch sind? Ist nicht die Benutzung der Sonettform überhaupt ein Inbegriff von Epigonalität? Heutige Sonettisten versuchen dem Vorwurf zu entgehen, indem sie das Sonett mit Betrachtungen und Realitäten füllen, die in recht markantem Gegensatz zu seiner harmonischen und dialektischen Form stehen. Ersonnen und erdacht wurde das Sonett für die Liebesklage, sie allein gibt ihm den Inhalt, den es braucht; für alles andere sollten die Autoren andere Formen ersinnen und benutzen. Ich versuche im Kitschsonnet nur zu seiner ursprünglichen inhaltlichen Bindung zurückzukehren - ohne deshalb die Perfektion einer Fälschung anzustreben. Die Zugeständnisse an eine überholte Orthographie sind nur Signale dafür, dass hier bewusst epigonal gearbeitet wird. Es lebe der Kitsch!
Gruß
E. L.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Nein, "epigonal" meinte ich nicht als Kampfbegriff.

Und was den Mut zum Kitsch angeht - jaja, es gab vorige Woche einen heftigen Diskurs dazu, des röhrenden Hirsches wegen, das hat Dich wahrscheinlich dazu veranlaßt, dieses Lied zu schreiben bzw. aus der Kiste hervorzukramen - erinnere ich Dich nur kurz an den "schmetterling mit toughern", den ich vor einigen Wochen hier eingebracht habe:

schreib mir einen richtig süßen
kitsch der mir das herz umdreht ich
bin ganz hin und weg vom weichen
hauch der mir den schmerz verweht ich

weiß nicht was du mit mir rummachst
musen kosen? - fällt dir nicht mehr
ein? komm greif mir in die vollen:
leer mit toughern mein gedichtmeer

sprich nicht - schweig! die stille hör ich
singen - metren klopft dein busen
meinem ohr: dein herz reimt sich auf
meinen schmerz - dein stab reimt schmusen

märz reimt sich auf scherz und faden
reimt auf - na? den maden-laden
wo du motten-larven kaufst - willst
du mich faltern? puppen? baden?
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Fazit

Dem Lied fehlt die Schlager-Süße, die den Kitsch zum Kitsch macht.
 



 
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