Angst

5,00 Stern(e) 1 Stimme

Hera Klit

Mitglied
Angst

Du bist mein Fels in der Brandung,
wie abgedroschen das auch klingen mag,
obwohl du seit vierzig Jahren
nicht mehr mit mir auf der Bühne warst,
in diesem Einpersonenstück, das ich mein Leben nenne.
Du schenktest mir deinen Körper,
das ist viel, aber du schenktest
mir auch deinen Geist, das ist viel mehr.
Deine Seele besessen zu haben, hielte ich
für vermessen behaupten zu wollen.
Vierzig Jahre warst du unsichtbar
und nun diese Erscheinung in der Straße deines Vaters
in der Nähe des Altenheims.
Ein lächelndes Gesicht, versunken in Gedanken,
hinter der Windschutzscheibe eines alten Mercedes.
Hast womöglich nicht so viel erreicht,
wie wir uns einst erträumten?
Auch das verbindet uns.
Ich schlich danach um die Wohnung deines Vaters,
die Läden blieben tagelang unverändert.
Ist er im Heim, in dem nun auch meine Mutter ist?
Eine Begegnung mit dir, dort, scheint möglich.
So bedrohlich, so unwirklich.
Kann ich dies ertragen?
Ich habe Angst davor.
Angst vor einem Geist, der plötzlich wieder Mensch werden könnte.
 

petrasmiles

Mitglied
Fifty/Fifty sagt man. Vielleicht sogar eher weniger Aussicht auf ein erhebendes Erlebnis.
Aber wenn man es nicht versucht, findet man es nicht heraus. Vor allem: Wenn man einmal dieser Gedankenmaschine ausgesetzt ist, kommt man so bald nicht mehr raus. Und am Ende sollte man 'es' tun, um diese Schraube im Kopf loszuwerden - wenn man denn will. Künstler sind ja nicht immer an Vernunftgründen interessiert :D. (Schon Rilke meinte ja, sich der aufkommenden Psychoanalyse nicht aussetzen zu wollen aus Furcht, seine Inspiration zu verlieren.)

Das Schöne an einer solchen Situation kann auch sein, dass man dem alten Selbst begegnet und vielleicht feststellt, dass man nicht nur etwas verloren, sondern auch jede Menge gewonnen hat.

Gerne gelesen!
Liebe Grüße
Petra
 

Hera Klit

Mitglied
Fifty/Fifty sagt man. Vielleicht sogar eher weniger Aussicht auf ein erhebendes Erlebnis.
Aber wenn man es nicht versucht, findet man es nicht heraus. Vor allem: Wenn man einmal dieser Gedankenmaschine ausgesetzt ist, kommt man so bald nicht mehr raus. Und am Ende sollte man 'es' tun, um diese Schraube im Kopf loszuwerden - wenn man denn will. Künstler sind ja nicht immer an Vernunftgründen interessiert :D. (Schon Rilke meinte ja, sich der aufkommenden Psychoanalyse nicht aussetzen zu wollen aus Furcht, seine Inspiration zu verlieren.)

Das Schöne an einer solchen Situation kann auch sein, dass man dem alten Selbst begegnet und vielleicht feststellt, dass man nicht nur etwas verloren, sondern auch jede Menge gewonnen hat.

Gerne gelesen!
Liebe Grüße
Petra
Vielen Dank, liebe Petra,

natürlich liegst du wieder mal goldrichtig. Ich glaube auch mehr und mehr, dass das Leben uns
dazu bringen will, etwas dazuzulernen. Neben der physischen Evolution findet auch eine geistige statt
und die sogar in jedem einzelnen Leben.

Loslassen, weitergehen und ohne Groll zurückschauen, ist wohl das Vernünftigste.

Habe mir gestern nochmal den Film "Lou" angeschaut. Sehr schön, auch
Rilke wird darin gut gezeigt, in seinem Dilemma, finde ich.

Liebe Grüße
Hera
 



 
Oben Unten