antispastische Antispastika auf Antipasti

Schreibfan

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@kakadu
du hast mich mit deinen Antispastischen Knallfröschen inspiriert.

Ich probiere es auch mal (ist mein erster Versuch).

Versfuss:
◡ — — ◡
◡ — — ◡
◡ — — ◡
usw.

antispastische Antispastika auf Antipasti

Auf Weißbrot liegt
in Eintracht mit
dem Mozza und
dem Rella auch
das Weißgift das
mir Hassdank bringt
und Furchtglueck denn:
kein Krampfkampf mehr,
doch Bauchweh sehr.

Hannah May, 06.08.2023
 

kakadu

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Hallo Schreibfan,

bei solchen ungewöhnlichen Bewegungsmustern, die in der deutschen Metrik eigentlich nicht vorgesehen sind, muss man sehr streng auf die Silbenschwere achten. Da reicht es nicht aus, einfach nach Betonung zu schreiben bzw. lesen. Ich zeige dir mal, wie ich deine Beispiele nach Betonung ixen würde und dahinter schreibe ich die ◡ für leichte und — für schwere Silben.

Auf Weißbrot liegt xXxX ◡ — — —
in Eintracht mit xXxX ◡ — — ◡
dem Mozza und xXxX ◡ — ◡ ◡
dem Rella auch xXxX ◡ — ◡ ◡
das Weißgift das xXxX ◡ — ◡ ◡
mir Hassdank bringt xXxX ◡ — — —
und Furchtglueck denn: xXxX ◡ — — ◡
kein Krampfkampf mehr, xXxX ◡ — — ◡
doch Bauchweh sehr. xXxX ◡ — — —

Du siehst, nach Betonung würde man den gesamten Text einfach alternierend lesen. Ideal wären Wörter wie "Gebirgszüge", "Gehaltskonto", "Betonwüste" oder halt Kombinationen wie "und Knallfrösche" oder "Musik machen". Da sind die äußeren Silben so leicht, dass die inneren praktisch beide in die Betonung hineingewungen werden. Ein ganzes Gedicht aus solchen Knallfröschen klingt allerdings nicht gut. Ich denke, mehr als dreimal hintereinander hält das ein menschliches Ohr nicht aus. :D

Freut mich sehr, dass ich dich angefixt habe!

LG Claudi
 
Zuletzt bearbeitet:

Schreibfan

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@kakadu danke für deine ausführliche Rückmeldung. Du scheinst dich da etwas genauer auszukennen, weißt du wo ich mich genau einlesen kann? Denn meine Quellen (Wikipedia und Poetik in Stichworten) schreiben halt nur, dass sich der Antispast aus Jambus und Trochaeus, ergo aus einer Kombination von unbetonten und betonten Silben zusammensetzt. Welche Rolle Moren dabei spielen wird nicht erwähnt.

Das mein Gedicht auch jambisch gelesen werden kann war mir klar, deswegen habe ich die Hilfe dazu geschrieben. So wie ich das sehe, kann man die antispastischen in der deutschen Variante meistens auch anders lesen, oder? Mindestens war das bei den Beispielen auf Wikipedia so. Betonwüsten und Knallfrösche sind meines Erachtens nach nach der deutschen Betonungsweise Daktylen. Mindestens gibt mir der Duden dabei Recht...‍♀
 

kakadu

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So wie ich das sehe, kann man die antispastischen in der deutschen Variante meistens auch anders lesen, oder?
Wie gesagt, gibt es Antispaste im deutschen Vers eigentlich nicht. Das Versprinzip der deutschen Sprache ist ja akzentuierend, während die alten Griechen die Silben nicht nach ihrer Betonung, sondern nach ihrer Länge gemessen haben. Um solche Füße also einigermaßen wirksam im deutschen Vers hörbar zu machen, muss man etwas erfinderisch sein.

Betonwüsten und Knallfrösche sind meines Erachtens nach nach der deutschen Betonungsweise Daktylen.
"Betonwüsten" werden xXXx betont, wie die Einzelwörter Jambus plus Trochäus. Die lassen sich im deutschen Vers nicht gut unterbringen, ohne dass es knirscht. "Knallfrösche" kann man als (unsauberen) Daktylus verwenden Xxx. Das Wort tendiert wegen der Nebenbetonung auf "frö" eigentlich eher zu XXx. Das wäre ein Antibacchius, der ebenfalls im deutschen Vers nicht gebräuchlich ist. Der Duden gibt für die meisten Stichwörter auch nur die Hauptbetonungen an. Deswegen ist er für metrische Feinheiten nur bedingt brauchbar.

Der Antispast kommt übrigens auch im Hinkjambus (Choljambus) vor. Da ist vielleicht eher was zu finden. Ich hatte dazu mal eine kleine Spielerei mit Doppelreimen gemacht. Eigentlich sind solche Verse aber ungereimt.

Vielleicht magst du ja mal was mit dem Kretikus probieren? Evtl. bei den Fingerübungen? Der ist etwas handlicher, kommt häufiger in der deutschen Dichtung vor und ist für den Anfang auch schon schwierig genug zu handhaben. Dazu gibt es auch Literatur im Netz. Am besten schaust du mal unter "kretischer Vers".

Das ist der Kretikus: XxX. Für sich allein kann man ihn auch nicht gebrauchen. Die Verse würden nicht mehr gut klingen, wenn man ihn zu oft hintereinander verwendet. Aber zweimal geht wunderbar! Und er lässt sich sehr gut mit Trochäen kombinieren. Ein bekanntes Beispiele ist:

Hänschen klein ging allein XxX XxX
in die weite Welt hinein. XxXxXxX
...

LG Claudi
 

mondnein

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betonte Silben nebeneinander, lieber kakadu,

werden in der deutschen Dichtung vermieden, und die zweite der beiden erscheint etwas schwächer betont, siehe das gute Beispiel "Betonwüsten".
Vergleichbar den Dreiergruppen von Längen vor einem Kürzenpaar, die in der griechischen Lyrik und bei Horaz üblich waren, bei alkäischen, sapphischen und asklepiadeischen Versen und Strophen, wo die zweite der drei Längen durch eine Kürze ersetzt werden kann (was bei Horaz vermieden wird: der schwört auf die Dreiergruppe). Die Schlußsilbe vor der Pause war anceps. also "egal", eigentlich der Pause wegen besonders lang, sonst hat man dann wieder so eine Dreiergruppe von Längen vor dem Kürzenpaar, siehe im Beispiel (Horaz) die Fügung "locorum sera". Und, wie ich rückblickend sehe, auch die Anfügung der jeweils nächsten Zeile (der ersten drei Verse) an die Anceps-Silbe, deren Dreiergruppe aber keine Doppelkürze folgt, wie sonst üblich. Nein, der Anceps-Silbe folgt eine Pause, die Verse sind in den lyrischen Versen durch lange Pausen getrennt, die Verse haben strophengliedernde Melodien. Also eine zweite Dreiergruppen von Längen nur beim pausenlosen (enjambementalen) "Weiterlesen" vom dritten in den kürzeren vierten Vers.

persicos odi puer adparatos /
XxX XX xx XxXX /

displicent nexae philyra coronae /
XxX XX xxX xXX /

mitte sectari rosa quo locorum / sera moretur.
Xx XXX xx X xXX / Xx xXX.

Das "Hänschen klein"-Beispiel ist toll, absolut zutreffend. Aber der melodischen Gliederung entsprechend höre ich die beiden ersten Verse durch Pause getrennt: "Hänschen klein - (Pause) - Ging allein - (Pause)", und "In die weite Welt hinein" höre ich trochäisch, mit unbetontem "-te" und iambischem ("männlichen") Ende der ersten Halbstrophe.

grusz. hansz (wohlgemut)
 
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kakadu

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betonte Silben nebeneinander, lieber kakadu,

werden in der deutschen Dichtung vermieden, und die zweite der beiden erscheint etwas schwächer betont, siehe das gute Beispiel "Betonwüsten".
Grüß dich Hansz,

klar, das sagte ich ja. Ohne ein Silbenbild mitzugeben, wird Otto Normalleser auf jeden Fall strikt nach (Haupt-)Betonungen lesen, wie es die deutsche Metrik nun mal vorsieht. Und sicher, zwei gleichstark betonte Silben finden sich in deutschen Texten nicht. Stimmt, die zweite Silbe bei solchen Komposita ist schwächer, weil nur nebenbetont.

Nun ja, das Silbenbild hat Schreibfan ja mitgegeben. Und immerhin steht der Versuch unter Experimentelles. Es war schon eine ziemlich abgefahrene Spinnerei, die ich da angefangen hatte. Damit es nicht ganz so extrem wird, schlug ich einen Versuch mit Kretikern vor.

Ich glaube, wir sind uns im Grunde einig. Aber Mensch will halt spielen. Klopstock hätte volles Verständnis. ;)

LG Claudi
 

kakadu

Mitglied
Das "Hänschen klein"-Beispiel ist toll, absolut zutreffend. Aber der melodischen Gliederung entsprechend höre ich die beiden ersten Verse durch Pause getrennt: "Hänschen klein - (Pause) - Ging allein - (Pause)", und "In die weite Welt hinein" höre ich trochäisch, mit unbetontem "-te" und iambischem ("männlichen") Ende der ersten Halbstrophe.
Ja, da bin ich ganz bei dir. Falls die Zäsur zwischen den beiden kretischen Füßen nicht stark genug ist, wäre folgende Formatierung zu empfehlen:

Hänschen klein
ging allein
in die weite Welt hinein
 



 
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