Arschloch am Telefon

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Bacteria

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Arschloch am Telefon


Alles begann ganz harmlos.
Ich wollte meinen Freund Henry anrufen und wählte seine Nummer. Am anderen Ende der Leitung meldete sich ein Kerl und ich fragte:
„Guten Tag, ist Henry zu Hause?“
Der Typ knallte den Hörer auf.
„Sowas unverschämtes.“, dachte ich und verglich die Nummer mit meinem Telefonbuch. Ich hatte mich bloß um eine Nummer vertan.
Daraufhin entschied ich, die falsche Nummer noch einmal anzurufen und zu warten, bis der Knabe sich meldete. Dann brüllte ich ins Telefon:
„Sie sind ein Arschloch.“,
und knallte den Hörer ebenfalls auf.
Danach fühlte ich mich besser. Ich nahm den Zettel mit der Nummer und schrieb Arschloch dahinter und legte ihn in die Schublade.
Und jedes Mal wenn ich mich schlecht fühlte und mies drauf war, kramte ich den Zettel hervor, rief an und plärrte „Arschloch“ ins Telefon.
Ein gigantisches Gefühl.
Dann sagte mir jemand, dass man heutzutage die Telefonnummern zurückverfolgen kann.
Was konnte man da tun? Ich rief das Arschloch erneut an und sagte:
„Ich rufe im Auftrag der Telefongesellschaft an um zu fragen, ob Sie schon mit der Nummernrückverfolgung vertraut sind?“
Das Arschloch meinte:
„Was soll`n das sein?“
Ich schrie:
„Arschloch.“, und legte auf.
Meine Welt war wieder in Ordnung.

Ein paar Tage darauf fuhr ich zum Einkaufen in die Stadt. Es war ein schöner Sommertag und viele der zahlreichen Parkplätze waren bereits belegt.
Also kreiste ich umher und suchte. Nichts. Aber schon im nächsten Augenblick sah ich, wie eine Frau in ihr Auto stieg, und sich dranmachte einen
dieser kostbaren Fleckchen Erde freizugeben. Ich stellte ich mich an, blinkte und wartete geduldig ab. Die Dame brauchte entsetzlich lange um ihr Auto
rückwärts aus der Lücke zu rangieren. Als sie es endlich geschafft hatte, kam plötzlich ein schwarzer BMW von der anderen Seite angeschossen und
schnappte mir den Parkplatz vor der Nase weg. Ich kurbelte die Scheibe herunter und sagte ihm, dass dies mein Stellplatz sei, aber er ignorierte mich und ging weg.
Wieder so ein Arschloch. Doch dann entdeckte ich das kleine Schild hinter seiner Frontscheibe, auf dem stand, das er sein Auto verkaufen will.
Name und Telefonnummer hatte er fein säuberlich darunter gekritzelt. Nun hatte ich schon zwei Arschlöcher, die ich anrufen konnte.
Abwechselnd rief ich Arschloch eins und Arschloch zwei an. Als es mir damit aber irgendwann langweilig wurde, kam mir eine andere Idee.
Ich rief Arschloch eins an und brüllte mein „Arschloch“ ins Telefon, doch diesmal legte ich nicht auf. Er sagte:
„Unterlassen Sie diese Anrufe.“
Woraufhin ich ihm antwortete:
„Nein.“
„Wo wohnen Sie?“, fragte er.
„Ich wohne Gustav-Mahler-Allee und heiße Leon Dressler.“, erwiderte ich und fügte hinzu:
„Mein schwarzer BMW steht vor der Tür.“
„Lauf Dich schon mal warm, Kumpel.“, meinte Arschloch eins zu mir.
„Ich bin gleich da.“
Dann rief ich Arschloch zwei an und grölte wieder meinen Spruch. Er sagte:
„Wer bist Du Penner? Lass die Scheiße gefälligst.“
Ich sagte ihm, dass wir uns gleich kennenlernen werden, und legte auf.
Jetzt war es Zeit die Jungs in Grün einzuladen.
„Mein Name ist Leon Dressler.“, log ich ihnen was vor. „Ich wohne in der Gustav-Mahler-Allee und werde grad von meinem schwulen Freund bedroht.
Er steht vor der Tür und will mich umbringen. Bitte machen Sie schnell.“
Dann fuhr ich rüber zu besagter Adresse und sah zu, wie sich die beiden Arschlöcher auf dem Gehweg prügelten.
Ringsum blieben die Menschen stehen und verfolgten neugierig das Geschehen. Einige feuerten sie sogar an.
Arschloch eins hatte den rechten Rückspiegel von Arschloch zwei` BMW abgetreten und nun schlugen sie wie wild aufeinander ein.
Aus ihren zerkratzten Gesichtern troff Blut und ihre Hemden hingen in Fetzen an ihnen herunter. Sie sahen lächerlich aus. Die ganze Zeit über
schnauzten sich diese zwei ahnungslosen Idioten an und tappten selbst dann noch im Dunkeln, als schon von Weitem die Sirene zu hören war.
Ich drehte mich um, vergrub meine Hände in den Taschen und ging weg.

Deshalb hier mein gut gemeinter Rat:
Sei immer freundlich am Telefon. Schnappe niemanden den Parkplatz weg und schreibe auf gar keinen Fall deinen Namen und Telefonnummer
hinter irgendeine Scheibe, dann kann eigentlich nichts schief gehen.
Jetzt muss ich aber noch ein paar Anrufe erledigen, denn Arschlöcher lauern hinter jeder Ecke.
 
Köstlich!

Nur kleinere Formfehler sind mir spontan aufgefallen:

Beistrich:
Und jedes Mal, wenn…

…das kleine Schild hinter seiner Frontscheibe, auf dem stand, dass er sein Auto verkaufen will…

Beistrich:
Jetzt war es Zeit, die Jungs in Grün einzuladen.

Wie man das auflöst, bin ich mir selbst unsicher, vielleicht so:
Arschloch eins hatte den rechten Rückspiegel von Arschloch zweis BMW abgetreten (mit Fragezeichen)

3. Fall:
Schnappe niemandem den Parkplatz weg

Die Interpunktion in der direkten Rede stimmt auch nicht ganz, das zieht sich wiederholt durch den Text.

Aber insgesamt prima geschrieben!


Liebe Grüße,


Erdling
 

aliceg

Mitglied
unterhaltsam geschrieben (das ist ja das Wichtigste!), aber unglaubwürdiger Inhalt, weil zu übertrieben.
Der Typ knallte den Hörer auf.
hört man denn den Unterschied zwischen (seinem) Aufknallen und Auflegen wirklich?
Und reicht Auflegen (oder was immer ohne Worte) tatsächlich, um gleich mit dem ärgsten Schimpfwort auszuflippen? Gehört die Erzählerin damit nicht selber der Kategorie A... an??

Nix für ungut - aber Kritik muss man schon verkraften, wenn man selber Kraftausdrücke verwendet

lg aliceg
 
Hallo aliceg!

Der Witz dieser Geschichte lebt ja doch von der Übertreibung und Über-Reaktion, das kann man ihr nicht zum Vorwurf gereichen, finde ich.
Und ob der Protagonist das Aufknallen als solches wirklich gehört oder sich nur eingeredet (und sich in was reingesteigert) hat, tut für mich auch nicht viel zur Sache.

Kann man über alles diskutieren, sicher, aber:
Zwischen Werk und Autor solltest du vielleicht schon erst ein bisschen differenzieren, ehe du den Verfasser derart angehst.
Ich finde, das muss nicht sein.

Mit liebem Gruß,


Erdling

P.S:
‚Arschloch‘ ist echt das ärgste Schimpfwort, das du kennst? Schwer zu glauben.
 

Bacteria

Mitglied
Tausend Dank für Ihre Kritiken & Anmerkungen. Freu mich, wenn es Ihnen gefallen hat.
Es stimmt schon, ich bin da wohl manchmal etwas faul, was die Satzzeichen etc. angeht. Aber hey, lesen Sie mal Cormac McCarthy:)
 

aliceg

Mitglied
‚Arschloch‘ ist echt das ärgste Schimpfwort, das du kennst? Schwer zu glauben.
auch noch nie verwendet; in Gedanken vielleicht, sollte es dich beunruhigen, dass ich mir möglicherweise selbst einen 'Heiligenschein' verpasse.

Habe nicht die Autorin angegriffen - sondern ihre fiktive Erzählerin, denke nicht dass Bacteria das selbst erlebt hat.
Und wenn wir schon beim Kritisieren sind, Kritiker müssen auch aushalten können, dass ANDERE Teilnehmer die Sache eben ANDERS sehen.
Kontroversität kann ja nicht verwerflich sein.

lg aliceg
 
Mir hat mal eine Mutter erzählt, ihr kleiner Knirps hätte im Kindergarten ein neues Wort aufgeschnappt, das er auf Anhieb nicht wirklich verstehen konnte.
„Mama, was ist denn das, ein Ohr-Schlauch?“ - fragte er unschuldig.
 

aliceg

Mitglied
Lieb, deine Replik Dichter Erdling, dürftest Humor haben!

Aber wegen unseres bla-bla, ging eigentlich unter, dass die Erzählerin selbst ja das Schlamassel auslöste,
sie war diejenige, die sich verwählte, und anstatt sich zu entschuldigen, dem verblüfften Gegenüber sozusagen mit dem 'Hinterteil`-Ausdruck ins Gehör fuhr.

Statt einer Ode ans grundlos ordinäre Schimpfen hätte trotzdem eine flotte, unterhaltsame Story herauskommen können, wenn das Gespräch andersrum verlaufen wäre, dass nämlich sie angerufen würde (vielleicht einige Male) von einem Falschverbundenen, der sich nicht entschuldigt aber vehement seinen Freund sprechen will, und zwar sofort!! (moderne Festnetzapparate haben auch Rufnummern-Aufzeichnung). Dann hätte man Verständnis, dass ihr endgültig der Kragen platzt usw. usw.

Schlecht??
lg aliceg
 



 
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