Asphalt

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Mimi

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Jemand brüllt, dass ich nicht hinschauen soll.
Verdammt nochmal nicht hinschauen.
Die Stimme gehört zu einem Mann mit Glatze, der in die Dunkelheit schreit, irgendwer solle mich endlich hier wegbringen.
Seine Stimme klingt verzerrt und fern.
Ich spüre Hände. Überall Hände.
Sie drücken gegen meine Schulter und Arme, gegen meinen Rücken und Bauch.
Sie überdecken mich, verschmelzen zu einer einzigen riesigen Hand.
Ich drohe unter ihnen zu ersticken, spüre wie meine Beine weich werden.
Der Asphalt unter meinen nackten Füßen ist nass und rau.
Mein Kleid klebt seltsam an meiner Haut.
Ich greife mir an die pochende Schläfe, taste etwas Weiches unter meinen Fingern.
Es fühlt sich heiß und gleichzeitig feucht an.
Mein Blick wird unscharf. Ich kneife die Augen zusammen, um etwas erkennen zu können.
Das weiße Licht eines Autos beleuchtet einen großen Klumpen aus Metall.
Warnlichter blinken. Sie wirken surreal.
Regentropfen tanzen im Kegel der Lichter.
Irgendetwas liegt auf dem Boden. Daneben liegt ein einzelner Schuh, dessen Lasche obszön nach oben klafft.
Ich will mich losreißen, trete um mich, schreie bis mir der Speichel von den Lippen fließt.
Ich falle, schlage hart mit dem Gesicht auf. Der Asphalt riecht nach Sommerregen.
Immer wieder spüre ich Hände. Sie zerren an mir, heben mich vom Boden.
Ich reiße mich los, kratze Haut auf, beiße in Fleisch.
Der Mann mit der Glatze hat seinen Mund weit geöffnet. Er schwingt seine Arme wie Flügel.
Ich spüre noch wie er mich streift, als ich an ihm vorbeistürme und meine Kehle sich enger und enger schnürt.
 



 
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