atacama

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HerbertH

Mitglied
atacama

hinter der ebene mit den llamas
die hoch über die dürre aufs meer blicken
ziehen sanft drohend rauchschwaden
aus dem kegelberg und der
boden zittert unter den sohlen

in den poncho gewickelt
verkaufen sie den hellhäutigen
touristen holzflöten
und bunte bänder

nur selten besuchen sie
die mineralisch bunten münder
der geysire unter den dampfschwaden
im kalten licht

und in den tagebauten
suchen sie wohl immer noch
nach dem violett des jods
und dem rostbraun der kupfererze
obwohl der blick der spiegel nur den sternen gilt
 
Lieber Herbert,
tolles Stimmungsbild. Würde am liebsten dorthin...
Aber für mich ist das Prosa...
Tut mir Leid. Kann aber durch Verdichtung und durch eine ablesbaren Konsequenz ein tolles Gedicht werden...
Herzliche Grüße
Karl
 
A

AchterZwerg

Gast
Hallo Herbert,
auch ich bin etwas zwiegespalten in meiner Einschätzung. Mit der lyrischen Prosa habe ich weniger Probleme als Karl, wohl aber mit einigen anderen Dingen (beispielsweise "sanft drohen (?), den zweimaligen Schwaden, die & sie etc). Ich stelle dir mal eine 2. Version vor:
atacama

hinter der ebene mit den llamas
die hoch über die dürre aufs meer blicken
ziehen rauchschwaden aus dem kegelberg, drohend,
der boden zittert unter den sohlen

in ponchos gewickelt
verkaufen sie den hellhäutigen holzflöten
farbreiche bänder

nur selten besuchen [blue]jene[/blue]
die bunten münder der geysire
unter den dampf im kalten licht

sie graben wohl immer noch
nach dem violett des jods, dem rostbraun
der kupfererze - obwohl ein spiegelblick
nur sternen gilt
Inzwischen bist du zweifellos ein fortgeschrittener Lyriker, brichst aber noch wie ein Romantiker um. - Darf ich dir einen Tipp geben? Beschäftige dich mal mit dem großen Johannes Bobrowski, da erhältst du diesbezüglich ganz andere Sichtweisen.
In meinem Vorschlagstext genügt im Groben die Umstellung eines einzigen Worts (drohend), um aus der Prosa ein Gedicht zu machen. ;)
Der Klang ist dir übrigens außerordentlich gut gelungen.
Dir einen lieben Gruß
Heidrun
 

HerbertH

Mitglied
atacama

hinter der ebene mit den llamas
die hoch über die dürre aufs meer blicken
ziehen sanft drohend rauchwölkchen
aus dem kegelberg und der
boden zittert unter den sohlen

in ponchos gewickelt
verkaufen sie den hellhäutigen
touristen holzflöten
und farbige bänder

nur selten besuchen jene
die mineralisch bunten münder
der geysire unter den dampfschwaden
im kalten licht

und in den tagebauten
suchen sie immer noch
nach dem violett des jods
und dem rostbraun der kupfererze
obwohl der blick der spiegel nur den sternen gilt
 

HerbertH

Mitglied
Lieber Karl, liebe Heidrun,

ich habe Eure Anmerkungen zum Anlass für eine neue Variante genommen.

Einige Änderungsvorschläge habe ich dankbar übernommen.

Über andere denke ich noch nach, auch bezüglich der Umbrüche. Ich lese gerade eine Menge romantischer Dichter, das prägt vielleicht.

"sanft drohend" zusammenzulassen schien mir wichtig. Denn nur dadurch meine ich die Ambivalenz dieser nett anzusehenden, aber imminentes Unheil kündenden Rauch{schwaden,wölkchen} deutlich werden zu lassen, so wie ich sie seither bei dem Blick auf Vulkane verspüre.

Prosa würde ich übrigens ganz anders schreiben. Die Verwendung der verschiedenen Farbigkeiten - Bänder, Geysirränder, Jod, Kupfer - ist für mich ein Leitmotiv dieses Gedichts.

Danke und liebe Grüße

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
atacama

hinter der ebene mit den llamas
die hoch über die dürre aufs meer blicken
ziehen sanft drohend rauchwölkchen
aus dem kegelberg und der
boden zittert unter den sohlen

in ponchos gewickelt
verkaufen sie
hellhäutigen touristen
farbige bänder

nur selten besuchen jene
die mineralisch bunten münder
der geysire unter den dampfschwaden
im kalten licht

und in den tagebauten
suchen sie immer noch
nach dem violett des jods
und dem rostbraun der kupfererze
obwohl der blick der spiegel nur den sternen gilt
 
F

Fettauge

Gast
Ich habe mit diesem Gedicht so einige Probleme:

1. Es handelt sich um Lamas und nicht um llamas (gesprochen Jamas).

2. Wer verkauft hier, in Ponchos gewickelt, farbige Bänder? Die Rauchwölkchen, die Sohlen?

3. Warum wird auf die Farbe der Haut angespielt, warum diese rassistische Sichtweise? Warum nicht sagen: Nordamerikaner?
Die aus dem Norden? Europäer? Oder was auch immer?

4. Strophe drei müsste sortiert werden.

5. Was sind Tagebauten? Tagebaue? Und warum "obwohl"? Haben sie etwas mit dem Spiegel zu tun? Falls ja: Was?

6. Zum Titel: Die Atacama ist die trockenste Wüste der Welt. Dort können sogar Lamas nicht existieren. Sie leben in den Bergen, den Anden, wo es Gräser gibt, die sie fressen können. Vom Sand der Atacama können sich auch Lamas nicht ernähren. Du willst hier eine Impression erzeugen, der man aber anmerkt, dass du nicht weißt, wovon du schreibst.

Gruß, Fettauge
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Fettauge,

gerade aus den von Dir angeführten "Kritikpunkten" ist das Ganze ein Stück Lyrik und keine Prosa....

Tagebaue klingt nicht, etc.

Dir auch noch viel Erfolg beim Dichten

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
PS

llamas ist übrigens die spanische Schreibweise ... Da ich schon in der Atacama war, kann ich Dir, liebes Fettauge, versichern, dass es die dort gibt :). und auch all die anderen Details aus dem Gedicht....

Die Atacama ist sicherlich sehr trocken, aber nicht die Sahara. Und selbst in Wüsten gibt es Tiere und - abhängig von der Jahreszeit - Pflanzen ...

hellhäutig hat nichts mit Rassismus zu tun, sondern ist einfach eine beobachtung, die zufällig zu dem leitmotiv der farben passt.

Honi soit qui mal y pense
 



 
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