Atemlos - die Parallelgeschichte

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Gudrun

Mitglied
„Ich muss los!“
Schnell leert Karl die blaugepunktete Tasse, greift sich die braune Aktentasche und haucht seiner Trudi einen hastigen Kuss auf die Lippen.
„Aber dein Frühstück?“
„Schatz, ich habe Termine, vier Bewerbungen hintereinander, und ich bin spät dran.“
„Eier mit Speck.“
Na, dann werden die Damen wohl etwas warten müssen, cum tempore, durchaus in Ordnung. Karl wuchtet seinen schweren Körper auf die Eckbank und verliert sich im Genuss.
Die Küchenuhr wirft ihn ins Leben zurück. In 15 Minuten das erste Gespräch.
Der Speck-Eier-Rest verschwindet im beschleunigt mahlenden Mund, während Karl die Haustür hinter sich schließt. Gott schickt ihm ein Taxi vorbei, das sogar auf sein Winken reagiert. Wie im Film, denkt Karl.
In fünf Minuten ist er da, jetzt noch durch die Fußgängerzone. Alles im grünen Bereich.
Der Frühling hat die ersten Kaffeehäuser geöffnet und zieht die morgendlichen Einkaufsbummler an.
„Karl, hey, nicht so eilig! Ich spendier dir ´nen Drink.“
Sein alter Kumpel Klaus wischt sich das Latte-Bärtchen aus dem Gesicht und winkt ihm fuchtelnd zu.
Speck und Eier belagern Karls Magen, schnelles Essen ist ungesund, sagt Trudi, ja ein Averna könnte nicht schaden.
Außerdem genießt er die stets etwas frivolen Scherze mit Klaus, eine willkommene Abwechslung zu seiner nicht sehr frivolen Trudi. Sein Büro liegt in Sichtweite und immerhin ist er der Chef.
Er erzählt von seinen Terminen, vier junge Frauen, und Klaus beschenkt ihn mit den erwarteten Kommentaren. Bald schon bestellt er unter fröhlichem Gelächter den nächsten Magenbitter.
Klaus ist frisch geschieden und zwischendurch schiebt sich etwas Ernsthaftigkeit in ihr Gespräch.
Als Karl auf die Uhr schaut, denn ernsthafte Anteilnahme ermüdet ihn, ist es 10 Uhr 29.
Er hastet zur schweren Eingangstür des Bürogebäudes, die er gerade noch erreicht, bevor sie sich nach einer jungen, zerzaust wirkenden Frau wieder schließen kann.
Knapp vor ihm rennt sie, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, in den ersten Stock und klingelt bei seinem Büro.
„Na, die ist eindeutig spät dran, die wird’s nicht.“ Er hängt sein Jackett auf und betritt den hellgrünen Vorraum, aus dem ihn vier junge Damen, ohne jegliche Frivolität im Lächeln, erwartungsvoll ansehen.
 
Schöne kurze und unterhaltsame Geschichte, allerdings nimmst du die Pointe mit dem Titel "Parallelgeschichte" schon im voraus weg, deshalb ist der Schluss keine wirkliche Überraschung. Trotzdem gerne gelesen.

LG SilberneDelfine
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Gudrun,

deine Beschreibung der Parallelwelten habe ich sehr gerne gelesen.

Liebe Grüße
Manfred
 

Ji Rina

Mitglied
Aus der Reihe “Atemlos”!

Witzige Pointe, die ich nicht erwartet hätte.

Liebe Grüsse,
Ji
 



 
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