Auf Knien

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"Du musst mich härter anfassen. Bitte! Sonst kann ich mich nicht fallen lassen...".

Er kniete vor ihr, der Raum war sanft abgedunkelt, Kerzen brannten, der Geruch von Leder, Schweiß und vormals verströmter Lust lag in der Luft.
Er war ihr erster Real-Life-Sklave und sie hatte - aus leichtsinnigem Übermut heraus (und weil man sich auch beim zweiten Treffen im Kaffeehaus gut verstanden hatte) - einer Session bei ihm zugestimmt und ihn als ihren Aktmodellsklaven angenommen. Von Neugier getrieben hatte sie im Vorfeld den Mund etwas voll genommen beim Ausloten der Möglichkeiten und Fantasien, die irgendwann Realität werden sollten; die Messlatte lag also - das war ihr nur zu bewusst - reichlich hoch.

Die Session hatte auch gut angefangen. Sie hatte nicht verschwiegen, dass dies ein erstes Mal für sie war. So dumm war sie nicht gewesen. Und er hatte es ihr dementsprechend leicht zu machen versucht. Man hatte mit einer Aktstudie begonnen und auch ein paar Aktfotos gemacht, mit denen beide sehr zufrieden waren. Das Sklavengeschirr an seinem wohlproportionierten, nackten Körper sah wirklich aufregend aus. Dennoch stand sie nun hier, vor ihm, in hohen Stiefeln, Strapsen und einem aufregend engen Mieder, und musste erkennen, dass sie ihn zwar mit der Riemenpeitsche züchtigen konnte, dies aber eher ihm zuliebe tat als ihrer eigenen Lust wegen.

Das, wovon sie geträumt hatte - ihn beispielsweise einer schlecht gehaltenen Pose wegen zu bestrafen, mit der Gerte oder dem Finger über sensible Körperpartien zu streifen oder ihn sanft aber streng in gewünschte Stellungen zu zwingen - hatte sie nicht fertig gebracht. Da war plötzlich eine Schüchternheit gewesen, die sie selbst überrascht und völlig aus dem Konzept gebracht hatte. Seine nackte Haut zu berühren, war ihr einfach nicht möglich. Auf einer nichtkörperlichen Ebene viel zu intim.

Er hatte ihr davor erzählt, wie zerrissen er in seiner Ehe war, weil er diese Seite nicht offiziell ausleben konnte, seine Frau aber aufrichtig liebte. Das hatte ihr ihn so sympathisch gemacht. Und vielleicht war das nun auch der Grund für ihre Hemmungen. Ihr Versagen. Vielleicht, wenn sie ihn weniger gemocht...oder Handschuhe getragen hätte, hätte sie...

Nur gut, dass er diesen von ihr so gefürchteten Satz nicht ausgesprochen hatte. Doch er war allgegenwärtig im Raum geschwebt, hatte ihn mit lautlosem Getöse ausgefüllt und sie zutiefst beschämt.

Natürlich war er viel zu nett gewesen, um die Session in einem Desaster enden zu lassen. Einen "vielversprechenden Anfang" hatte er sie genannt. Man hatte sich freundschaftlich verabschiedet und danach noch ein paar freundliche SMS ausgetauscht, doch keiner hatte ein zweites Treffen vorgeschlagen.

Wenn sie gekonnt hätte, hätte sie ihm auf Knien dafür gedankt.
 
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molly

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Hallo Claudia,

gut geschrieben, Deine Geschichte.

Phantasie und Wirklichkeit sind oft sehr ernüchternd.

Liebe Grüße
Monika
 
Die inneren Regungen der Protagonistin sind in ihrem Kern gut erfasst und dargestellt, fee. Das kann ich aus eigener, schon lange zurückliegender Erfahrung bestätigen. Den Widerspruch zwischen Wertschätzung und gewünschter Schlechtbehandlung aufzulösen, ist manchen nicht gegeben. Es dürfte sogar der Normalfall und ganz natürlich sein. Doch tritt die konkrete Situation so selten ein, dass auf diese Weise Frustrierte davon überrascht sind und sich leicht auf eine unklare Weise schuldig fühlen. Wenn man es aber einige Male mit unterschiedlichen Partnern erlebt hat, kann man nüchtern Konsequenzen ziehen, so oder so. Mit einer leicht zynischen Volte habe ich einen Text über das Thema mal so ausklingen lassen: Er gestand es sich nicht ein, doch in Wahrheit bereitete ihm die Vorstellung Genuss, dass er Jan mehr misshandelt, indem er ihn nicht gequält hatte.

Freundliche Grüße
Arno Abendschön
 

petrasmiles

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Liebe Fee,

Respekt, Dich an dieses Thema gewagt zu haben!
Aber irgendwie springt da bei mir kein Funke über, dass ich die Geschichte - und das Dilemma der Protagonistin - spüren könnte. Nur mit dem Kopf 'verstehen'.
Ich weiß auch nicht, woran es liegt, gut geschrieben ist es ja allemal - vielleicht liegt es daran, dass das Atmosphärische im Verhältnis zur intellektuellen Einbettung zu kurz kommt? Was der eingehende Satz an Atmosphäre verspricht, wird später nicht mehr aufgenommen - nur der Titel im Verhältnis zum letzten Satz ist dann wieder ein Hammer :)
Kann ja nicht immer klappen mit dem Funken.

Liebe Grüße
Petra
 

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Was der eingehende Satz an Atmosphäre verspricht, wird später nicht mehr aufgenommen
...was ja irgendwie auch die Absicht war, liebe Petra.

Es geht ja nicht um das Erregende oder Gefühlsregungen allgemein, sondern dass genau das nicht geschieht - das Fühlen - und der Kopf nicht ausschaltet und somit alles ausbremst, was da sein könnte.
Ich wollte mich, um das in den Vordergrund zu stellen, nicht zu sehr in geschilderten Gefühlswelten ergehen, sondern als Kurzprosa eher ein Thema anstoßen - und das Nicht-Klischee zeigen.

gut geschrieben, Deine Geschichte.

Phantasie und Wirklichkeit sind oft sehr ernüchternd.
Ja, allerdings. Cyber und Real sind nun mal zwei vollkommen andere Paar Schuh.
Fürs schöne Lob und für die gute Bewertung meinen herzlichen Dank, liebe Monika.

Er gestand es sich nicht ein, doch in Wahrheit bereitete ihm die Vorstellung Genuss, dass er Jan mehr misshandelt, indem er ihn nicht gequält hatte.
Was definitiv die ultimative Form der Dominanz darstellt. Allerdings. Eine Behandlung, die vor allem für jene angezeigt wäre, die topping from the bottom betreiben wollen...was aber, wenn der submissive Part außergewöhnlich gehorsam und brav ist?...ach, da gibt es so viele Faktoren, die da reingrätschen können...:cool:

Die inneren Regungen der Protagonistin sind in ihrem Kern gut erfasst und dargestellt,
Danke dafür und für die gute Bewertung, lieber Arno.

Herzlichen Dank auch dir, liebe Sue, fürs Reinlesen und Besternen!

Euch allen noch einen schönen Sonntagabend!
fee
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine Behandlung, die vor allem für jene angezeigt wäre, die topping from the bottom betreiben wollen...was aber, wenn der submissive Part außergewöhnlich gehorsam und brav ist?...ach, da gibt es so viele Faktoren, die da reingrätschen können...
Ich denke, darauf jetzt genauer einzugehen, würde auf eine Fachsimpelei wie im BDSM-Forum herauskommen - wo genau genommen auch nie wirklich etwas herauskommt ... außer dass es eben jeder anders sieht.

dass sie ihn zwar mit der Riemenpeitsche züchtigen konnte, dies aber eher ihm zuliebe tat als ihrer eigenen Lust wegen.
Ja, und das ist eine Quälerei. Für beide. Dieses Fazit hätte man vielleicht erst am Schluss der Geschichte ziehen können.

Mit der Geschichte hast du mich jetzt wirklich überrascht, liebe Fee.

Seit die „erotischen Geschichten" bzw. das spätere Forum „Lust und Liebe" verschwunden sind, habe ich hier keine Geschichte mehr zum Thema BDSM gelesen. Früher gab es das häufiger.

LG SilberneDelfine
 

wiesner

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Literarisch völlig wertlos, Kleingeisterei auf Spießerniveau. Und das Spießertum ist bekanntermaßen der Humus, auf dem das Kaputte und Gewaltätige prächtig gedeihen. (Geld)Ausbeutung, Unterdrückung, Gewalt und sexuelle Verkrüppelung - da haben wir die Strickmuster unserer freiheitsbesoffenen Wertegesellschaften. Es ist ein öder und sich ständig wiederholender Mist und seinem Gestank dazu.

Eine Lachnummer habe ich aber gefunden: Sklavengeschirr! Die Firma Sklaven kenne ich nicht, mein Geschirr stammt hauptsächlich von WMF oder Villeroy&Boch, ein paar besonders schöne Teile weisen KPM und Meißen auf.

Gruß Béla
 
Zuletzt bearbeitet:

fee_reloaded

Mitglied
Literarisch völlig wertlos, Kleingeisterei auf Spießerniveau.
Ach, lass mir doch meine Freude, lieber Béla.
Mit dem Textchen tu ich doch niemandem weh....dachte ich.


würde auf eine Fachsimpelei wie im BDSM-Forum herauskommen - wo genau genommen auch nie wirklich etwas herauskommt ... außer dass es eben jeder anders sieht.
Lach...ja, liebe Silberne Delfine! Wie recht du hast.
Ja, und das ist eine Quälerei. Für beide. Dieses Fazit hätte man vielleicht erst am Schluss der Geschichte ziehen können.
Hätte man. Mir ging es aber darum, dass die Protagonistin diese Erkenntnis schon während des Prozesses gewinnt, ihm zuliebe - oder aus eitlem Stolz (oder beidem) - es aber nicht schafft, abzubrechen oder um Hilfe zu bitten. Vielleicht hat sie auch nur gehofft, dass ihr noch der Knopf aufgeht. Da es aber genau diese Erkenntnis ist, die den Prozess in weiterer Folge so quälend gestaltet, musste sie sie natürlich schon am Anfang haben.

Seit die „erotischen Geschichten" bzw. das spätere Forum „Lust und Liebe" verschwunden sind, habe ich hier keine Geschichte mehr zum Thema BDSM gelesen. Früher gab es das häufiger.
Hm. Ist aber auch schwierig, weil die Grenzen des guten Geschmacks da für jeden anders aussehen. (q.e.d.) - ich würde so ein Forum auch nicht moderieren wollen, wenn ich ehrlich bin.

Danke dir fürs Reinlesen und den spannenden Kommentar, sowie die gute Bewertung! Hab mich sehr darüber gefreut und auch du hast mich überrascht. ;)

LG,
fee
 

petrasmiles

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Ich wollte mich, um das in den Vordergrund zu stellen, nicht zu sehr in geschilderten Gefühlswelten ergehen, sondern als Kurzprosa eher ein Thema anstoßen - und das Nicht-Klischee zeigen.
Da sind wir auf anderen Planeten, liebe Fee.
Für mich wäre der einzige Grund, in dieses Milieu 'gedanklich' einzudringen, wie eine Person dazu kommt, was es mit ihr macht und warum es nicht funktioniert. Diese intellektuelle von draußen Sicht bleibt für mich irgendwie 'kalorienfrei'.
Aber glücklicherweise gibt es ja genug Leser, die der Geschichte etwas abgewinnen können, und meine Rückmeldung meint nur meine Perspektive.

Liebe Grüße
Petra
 

fee_reloaded

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Für mich wäre der einzige Grund, in dieses Milieu 'gedanklich' einzudringen, wie eine Person dazu kommt, was es mit ihr macht und warum es nicht funktioniert.
Was ja definitiv spannend ist, liebe Petra.

Das wäre dann Stoff für einen eigenen, ganz anderen Text.
Hier aber geht es darum, dass die nüchterne Realität etwas mit der Person macht - nämlich all ihre Fantasien als genau nur solche zu entlarven (und das führt dann zu einer Art Black-Out).
Das ist in etwa so wie bei Menschen, die bei der Selbstbefriedigung von Szenen fantasieren, in denen sie gedemütigt, unterworfen, genötigt o.ä. werden. Die würden das in Wirklichkeit niemals mit sich machen lassen wollen, geschweige denn dabei sexuell erregt werden. Und dessen sind sie sich (meistens) auch völlig bewusst. Im BDSM läuft es aber etwas subtiler. Die Fantasien sind vorher da und das meist schon lange, werden in Chats oder Forendiskussionen noch zusätzlich befeuert und erst im Spiel selbst zeigt sich, ob die tatsächliche Neigung auch wirklich vorhanden ist. Doof nur, dass da eben zwei Personen involviert sind. Da kann's dann auch kompliziert werden.

meine Rückmeldung meint nur meine Perspektive.
Weiß ich doch. Ich finde deine Rückmeldung aber wichtig und wertvoll. Daher ein herzliches Dankeschön!

LG,
fee
 
Literarisch völlig wertlos, Kleingeisterei auf Spießerniveau. Und das Spießertum ist bekanntermaßen der Humus, auf dem das Kaputte und Gewaltätige prächtig gedeihen. (Geld)Ausbeutung, Unterdrückung, Gewalt und sexuelle Verkrüppelung - da haben wir die Strickmuster unserer freiheitsbesoffenen Wertegesellschaften. Es ist ein öder und sich ständig wiederholender Mist und seinem Gestank dazu.
Aha ...wo siehst du in dem Text Ausbeutung und sexuelle Unterdrückung, @wiesner?
 

petrasmiles

Mitglied
Lieber Béla,

gegen Dein Geschmacksurteil mag ich mich nicht richten - obwohl mir das 'wertlos' übel aufstößt. Das ist kein 'ich sag' nur wie es ist', sondern anmaßend.
Aber gegen andere Aspekte Deines Verdiktes möchte ich schon etwas einwenden.

Und das Spießertum ist bekanntermaßen der Humus, auf dem das Kaputte und Gewaltätige prächtig gedeihen. (
Wenn man schon 'bekanntermaßen' bemühen muss, ist an dem Argument nix dran. Ich kenne x-beliebige Gründe, woraus Kaputtes und Gewalt resultiert. Von welchem Jahrhundert sprichst Du? Die Viktorianer sind ausgestorben. Dass sexuelle Verkrüppelung auf den diversen Ausbeutereien beruht, ist schmissig, aber nicht fundiert begründbar. Vor allen Dingen scheint mir 'freiheitsbesoffen'und 'Wertegesellschaft' nicht auf demselben Baum zu wachsen. Im Gegenteil sehe ich in der 'Wertegesellschaft' den Ursprung von Unfreiheit. Darüber könnte man diskutieren, aber über Deinen Kübel nicht.
Was hat Dich geritten?

Liebe Grüße
Petra
 
Literarisch völlig wertlos, Kleingeisterei auf Spießerniveau. Und das Spießertum ist bekanntermaßen der Humus, auf dem das Kaputte und Gewaltätige prächtig gedeihen. (Geld)Ausbeutung, Unterdrückung, Gewalt und sexuelle Verkrüppelung - da haben wir die Strickmuster unserer freiheitsbesoffenen Wertegesellschaften. Es ist ein öder und sich ständig wiederholender Mist und seinem Gestank dazu.

Eine Lachnummer habe ich aber gefunden: Sklavengeschirr! Die Firma Sklaven kenne ich nicht, mein Geschirr stammt hauptsächlich von WMF oder Villeroy&Boch, ein paar besonders schöne Teile weisen KPM und Meißen auf.

Gruß Béla
Meine Frage weiter oben sollte lauten:
@wiesner
Wo siehst du in diesem Text „(Geld)Ausbeutung, Unterdrückung, Gewalt und sexuelle Verkrüppelung"?
 

Mimi

Mitglied
Sorry, liebe fee, wenn ich jetzt das unter Deinen Text schreibe, aber ich denke, wiesner sollte seine Bemerkungen zu Deiner Kurzprosa schon etwas näher erläutern.

Dieser Sprachduktus erinnert mich doch stark an ein Mitglied, das unter einem meiner Texte nur meinte, dass "es nichts Schlimmeres in der Literatur gäbe als Erotik/Sex. Man mache Sex, aber halte das Maul, schreibe kein Wort darüber!"

Gruß
Mimi
 

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Mitglied
Sorry, liebe fee, wenn ich jetzt das unter Deinen Text schreibe, aber ich denke, wiesner sollte seine Bemerkungen zu Deiner Kurzprosa schon etwas näher erläutern.
Nur zu, liebe Mimi.

Wie ich der Heftigkeit seines Ausbruchs entnehme, hat mein Text - aus mir wirklich unerfindlichen Gründen - Béla wohl regelrecht getriggert. Daher habe ich nicht weiter nachgehakt. Da gehe ich auch nicht davon aus, dass da ein brauchbarer Dialog entsteht. Aber ich lasse mich in diesem Fall natürlich gerne Lügen strafen.

dass "es nichts Schlimmeres in der Literatur gäbe als Erotik/Sex. Man mache Sex, aber halte das Maul, schreibe kein Wort darüber!"
Da kann ich nur staunen. Das ist doch sehr aus der Zeit gefallen, will mir scheinen. Vielleicht ist es aber auch nur die Pauschalität dieser Aussage, die sie so unsachlich sein lässt. Wir wissen alle, dass es gleichermaßen gute wie eben auch grässliche Texte in der Sparte Erotik/Sex gibt (wie übrigens auch in allen anderen Sparten...nur berühren die weniger peinlich, wenn wir mal ehrlich sind). Das ist aber keine Entschuldigung für einen solchen Kommentar. Schon eher ein Zeichen von hilfloser Erregung.

LG,
fee
 
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