Michael Kempa
Mitglied
Eine neue Welt
Juni, 2036
Jahre anstrengender Arbeit entluden sich in einem gewaltigen Feuerstrahl. Die letzte der drei Jupiter-Trägerraketen ließ die Erde beben. Nach wenigen Minuten war das Schauspiel mit den Augen nicht mehr zu erkennen.
Katrin zog den Schallschutz von ihren Ohren, die natürlichen Geräusche konnte sie vom Dröhnen des Starts noch nicht trennen.
Es sprudelte aus ihr heraus:
„Tatah sankhas ca bheryas ca panavananka gomukha sahasahi vabhyaham gomukha sahasai vabhyaham hanta sa sabdas tumulo thavat.“
Eine Stimme hinter ihr übersetzte:
„ Da ertönten alle Muschelhörner, Trommeln, Kesselpauken, Signalhörner und Trompeten, der Klang war tosend.“
Der Fremde verneigte sich knapp. „Ich habe diesen Dialekt des Sanskrit schon lange nicht mehr gehört!“
„Sanskrit?“, Katrin verstand nicht.
„Die alte, heilige Sprache, die älteste Sprache der Menschheit.“ Der Fremde lächelte sie an.
“Ich spreche Englisch und ein wenig Französisch, das war es dann schon“, antwortete Katrin. „Wer sind Sie?“
„Entschuldigung, ich sollte mich wohl vorstellen. Manuel de Pont - Beobachter des Vatikans. Ich bin hier für die Astronomische Sektion. Es ist eine alte Tradition des Vatikans, bedeutende Entwicklungen zu begleiten.“
Manuel schaute in den Himmel. „Nun haben wir ein wenig Zeit, uns kennenzulernen.“
„Viel Zeit!“, antwortete Katrin. „Die Mission läuft nun fast automatisch. Die Module werden zusammengefügt und auf die Reise zum Rand des Sonnensystems geschickt.“
Der Beobachter lächelte. „Ich werde das Projekt weiter beobachten.“
„Sie kennen das Projekt?“, fragte Katrin.
„AMOTEP: Antimaterial Motion Outspace Test Experiment Projekt. Es ist mein Auftrag, das zu kennen! Ich freue mich, Sie als Vordenker des Projekts ansprechen zu dürfen.“
Katrin sagte: „Ab nun läuft es auch ohne mich. Die Fusionstriebwerke starten in acht Wochen.“
Manuel hakte ein: „Da sind Sie sicher in der Mission-Control.“
„Sicher.“ Katrin wurde knapp.
Manuel ließ nicht locker. „Danach haben wir noch sechs Monate Zeit, ein halbes Jahr, bis die Antimaterie gezündet wird.“
Katrin wurde vorsichtig. „Sie sind gut informiert!“
„Das ist mein Beruf. Der Vatikan ist besorgt, Antimaterie ist die ultimative Energiequelle im Universum. Manche nennen es auch die Kraft Gottes.“
Katrin gab ihren Widerstand auf. „Der Weg ist weit und voller Gefahren. Es sind fast 50 Jahre, bis die Sonde an Alpha Centauri B vorbeirauscht. Erste brauchbare Bilder erwarten wir in 40 Jahren. Mit etwas Glück erlebe ich das als Oma.“
Manuel drehte seine Handflächen nach außen und ergab sich so dem Urteil der Expertin.
„No tad bhasyate suryo na sasanko na pavakah yad gatvah na nivor tante tad ahama paramam mama.“
Katrin schaute wie vom Donner gerührt.
„Mein Reich wird weder von der Sonne, noch vom Mond, noch vom Feuer erleuchtet. Diejenigen, die es erreichen, kehren nicht zurück.“
Katrin hielt sich an einer Absperrung fest. „Warum kann ich das verstehen?“
Manuel deutete eine Verbeugung an. „Es ist die alte Sprache, in der Istar mit dir gesprochen hat.“
Bilder flackerten in Katrins Geist. Schemenhaft reptiloide Gesichter, die Erde als Halbmond im All, riesige Katamarane und Pyramiden mit vergoldeten Spitzen. Versklavte Gestalten in den Goldminen und wahre Berge von Aurum, auf denen ihr Bruder, Mardu, - Der Herr der Fliegen - seinen Fuß setzte.
„Es ist alles gut, Hermes.“, sagte Katrin.
Hermes Trismegistos nahm Istar in die Arme.
„Die Sklaven haben es geschafft, sie haben sich befreit und den Weg zu den Sternen gefunden. Mardu nahm den Weg der Gier und wurde zu Hass, seine Gedanken wurden zu Maden und Fliegen. Wir geben den Stab des Lebens ab und ebnen so den Weg nach Cela eno.
Zeit?
Was ist Zeit?
Das waren die Gedanken von Katrin.
Epilog
In der Zeit 13.000 vor Christus bis 5000 vor Christus stieg der Meeresspiegel um 120 Meter an.
Die Reste von Atlantis liegen vielleicht 100 Meter unter dem Meer.
Für einen Taucher mit Standardausrüstung sind Tiefen über 50 Meter fast nicht erreichbar. Die Tiefseeforschung beginnt bei Tauchtiefen über 500 Metern. Der Bereich um 100 Meter Meerestiefe ist praktisch nicht erforscht. Reste uralter Bauten sind zudem mit Sedimenten bedeckt.
Weitere Informationen:
Lighthouse-foundation.org/Meeresspiegelanstieg
ENDE