AURUM 5/11

Michael Kempa

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August, 17652 vor Christus



Zeit?
Was ist Zeit?
Das waren Istars Gedanken.

Es dauerte einige Monate, bis der Gleiter für die Reise bereit war. Shangri wurde zur Basis von Istar, dort war alles auf ihre Rückkehr vorbereitet, dort speicherte sie ihr Wissen. Shangri war ihr Erbe und ihre Zukunft.
Nin Madol war eine herbe Enttäuschung, aus dem Ozean ragten einige Basaltblöcke, von einer Stadt war nichts übrig. Die Hoffnung, eine Spur von ihrer Mutter zu finden, begrub Istar im Sand vor der Küste des kleinen Atolls. Die Flutwelle, die ihr Bruder Mardu zu verantworten hatte, riss alle Erinnerungen in den Ozean. Von irgendeiner Zivilisation konnte Istar auf dieser Seite des Planeten nichts mehr entdecken.
Dann steuerte sie ihren Gleiter zum Gegenozean.
Tatsächlich fand sie dort, was sie suchte.
Wie aus dem Nichts erschienen zwei Abfangjäger, die ihre Flanken deckten und ihr den Kurs vorgaben. Die Landung auf einer Insel vor dem Kontinent wurde perfekt, das Team war eingespielt. Ein Heli brachte die Herrscherin zum Palast.
Anu begrüßte die Reisende.
„Willkommen auf Atlantis, Schwester! Es ist nicht schwer, deine Art zu erkennen, auch wenn du dich vom Äußeren sehr verändert hast. So bist du also Inana, die Gestalterin der Untertanen?“
Istar wurde vorsichtig, sie wusste leidvoll, dass ihre Aufgabe nicht von jedem Cela geschätzt wurde.
„Ruhe dich von deiner Reise aus und sei gewiss, dass du unter Freunden bist - auch wenn wir nicht mehr sehr viele sind. Unsere Menschen werden dir dienen und alle Fragen beantworten, es gibt keinen Streit; nicht im Himmel und auch nicht auf der Erde.“
Die Reisende wurde in einen Teil des Palastes gebracht, der für Gäste vorbehalten war. Es fehlte ihr an nichts.
Nach zwei Tagen bat Teres um ein Gespräch, sie war offensichtlich ein Mensch. Eine schöne, schlichte Erscheinung. Istar war angenehm berührt. Teres zeigte ihr die Stadt und beantwortete alle Fragen. Wie viele Bewohner von Atlantis war sie in einem Gewand gekleidet, das dem der Inder glich, nur etwas schlichter gewoben war.
Die Stadt Atlantis beeindruckte Istar sehr. Es gab Plätze aus weißem Marmor mit Springbrunnen und Bäumen, die Schatten spendeten. Es gab Beete mit Blumen in allen Farben. Die Menschen flanierten an den Ufern der Metropole; auf den Kanälen zogen Lastkähne daher. Kinder spielten in den Gassen. Es gab Plätze und Tavernen. An einem Kanalufer waren Stühle, Bänke und Tische aufgebaut. Teres lud Istar auf einen Tee ein. Auf der anderen Kanalseite spielten Musiker schöne Lieder auf ihren Instrumenten. Es war wie Urlaub, keine Spur von Hunger, Dreck und Krankheit - so wie es Istar die letzten Jahre sehen musste.
Teres war eine perfekte Fremdenführerin, sie zeigte und erklärte jeden Winkel der Stadt. Die junge Frau war deshalb nicht unterwürfig, sie erschien in einem gesunden Maß selbstbewusst und stellte zwischendurch auch Fragen.
„Ich wurde gebeten, eine Reptiloide zu begleiten, wie kann es sein, dass du aussiehst wie ein Mensch?“ fragte sie.
Istar musste sich sammeln, so eine Frage hatte sie nicht erwartet. Dieses Wissen, das nötig war, um diese Frage zu stellen, war ihr seit langer Zeit nicht begegnet.
„Wie alt bist du?“, fragte Istar.
„24 Zyklen und nächste Woche feiere ich das Vierteljahrhundert. Warum fragst du?“
„Nun“, begann die Herrscherin, „ich finde es erfrischend, dass du mich duzt und Titel weglässt, das ist mir lange nicht begegnet. Ich lasse es sehr gerne dabei und bedanke mich für die Führung durch deine Stadt. Schau, ich bin seit vielen hundert Zyklen auf diesem Planeten. Du bist ein Mensch und ich bin eine Reptiloide.
Teres hörte einfach zu und Istar erklärte weiter: „ Deine Art gibt es noch nicht lange, eure Wurzeln liegen in den Primaten dieses Planeten, doch dann kam einiges hinzu. Äußerlich gab es Änderungen. Hast du schon einmal ein anderes Lebewesen gesehen, das so schöne Haare hat, wie du sie trägst? Hast du schon ein Tier gesehen, das keinen Pelz hat und so glatte Haut wie du? Wer wird in der Sonne braun? Welches Tier kann weinen? Hast du schon irgendwo ein Wesen gehört, das flüstern kann?“
Das blonde Mädchen senkte den Kopf und flüsterte ein leises „Danke.“
Teres fragte weiter.
„Bist du ein Gott? Bist du mein Gott?“
Die Reptiloidin schüttelte langsam den Kopf. „Nein, ich kann zwar Dinge tun, die du dir nicht vorstellen kannst, doch auch mich und meine Art hat jemand geschaffen, der weit über uns steht und auch wenn ich viel daran getan habe, dass es Menschen wie dich gibt, so bin ich noch lange kein Gott.“
Teres und Istar wurden Freunde und Istar erlebte, wie Teres ihr erstes Kind bekam und ihren Mann verlor, sie sah die Kinder von Teres und die Enkelkinder und sie hielt ein kleines Mädchen auf ihrem Schoß, dass sie mit wachen grünen Augen anstrahlte.

Anu herrschte über das Inselreich Atlantis und hörte auf den Rat von Inana, so wie er sie nannte.
Das Reich wurde größer und stabiler, die Schiffe fuhren über den Atlantik zu fremden Städten und trieben reichen Handel, die Wissenschaft blühte und in den Wissenstempeln wurden Dinge erdacht, die noch nie gedacht wurden. Nur der Kontakt zu Cela eno blieb aus. Es gab keine Nachricht von Ningal oder Enk; eine Reise nach Cela blieb ein Traum.
Istar begann mit ihren Reisen im Reich; sie bestieg die höchsten Gipfel und erkundete die Inseln, die weit im Westen lagen. Lange Zeit verbrachte sie bei den Perlentauchern und kreuzte über den Meeren zwischen den Kontinenten. Das Metall Aurum begegnete ihr immer wieder, und sie sah, wie damit Handel getrieben wurde. Die Menschen auf dem westlichen Kontinent formten Schmuck daraus, Becher und Pokale, und sie verzierten das Metall mit Edelsteinen.
Nach einiger Zeit zog es Istar wieder in die Stadt, und sie begann mit ihren Lehren im Tempel des Wissens. Anu begegnete ihr immer wieder, und sie bemerkte, dass seine Schritte kürzer wurden und er sich manchmal schwer auf seinen Stab stütze.
Der König von Atlantis winkte Istar zu sich heran. „Ich werde alt, und die Jahre gleiten davon, mein Ziel habe ich nicht erreicht und die Zeichen werden immer deutlicher, dass die Entwicklung nicht unendlich weitergeht. Höre mir zu und sage dann, was du dazu denkst!“
Der König der Reptiloiden setzte sich schwer und atmete durch. „Wir sind nur noch wenige, die Menschen von Atlantis haben sich entwickelt; sie sind in der Lage, sich selbst zu verwalten. Ich habe meine eigenen Pläne - zusammen mit den letzten unserer Art. Wir haben unser Wissen und unsere Fähigkeiten gebündelt, wir haben die Möglichkeiten dieses Planeten genutzt und haben nach vielen Jahren auch Ergebnisse erzielt. Wir stehen kurz davor, nach Cela eno zurückkehren zu können.“
„Hast du Nachrichten von den Plejaden?“, fragte Istar.
„Keine Nachrichten und keine Möglichkeiten, eine Sonde zu schicken, doch wir sind bereit das Risiko einer Reise einzugehen.“
Noch an diesem Abend sprach Istar mit Ka.
Ka übermittelte alle Daten, die er über Cela eno gesammelt hatte, an Anu.
Der König zeigte sich überrascht und tadelte seine Freundin für das verborgene Geheimnis um Ka.
Doch dann nahm er die Königin bei der Hand.
„Wie menschlich du aussiehst, es ist verblüffend!“ Es war ein ernst gemeintes Kompliment. „Mein Sohn will mich nicht begleiten, Marduchai hat keine Wurzeln in den Plejaden, nicht so wie ich und jene, die diese Welten gesehen haben. Er hat Gefallen an der Erde gefunden und möchte hier seine Kräfte entfalten. Ich möchte dich bitten, in meinem Auftrag nach den Ländern am Fluss Nil zu sehen. Viel Aurum ist dorthin gelangt, doch nach Cela ist nichts gesendet worden.“
Istar verstand und lehnte sich zurück. „Mit Marduchai kann ich kaum reden; er ist nicht so wie ich, er sucht die Macht und er ist nicht zufrieden mit sich selbst. Er achtet unsere Herkunft wenig.“
Anu nickte traurig. „Ich verstehe dich und kann manches nicht ändern. Darum bitte ich dich, als meine Vertretung zu reisen. Du bist dann die Senatorin von Atlantis und wirst mich in allen Belangen vertreten. Marduchai soll sich um die Inseln kümmern!“
Istar nickte bedächtig und schaute in die Reptilaugen des Königs.
Die Senatorin saß am Kai der Stadt und ließ ihre Blicke über den Teil des Hafens schweifen, der ihr am liebsten war. Mit den Gedanken war sie weit weg und sie bemerkte die junge Frau zuerst nicht, die in ihrem weißen Gewand zu ihr schritt. Automatisch bot ihr Istar den Platz neben ihr an. Die Frau setzte sich und strahlte die Senatorin mit tief leuchtenden, grünen Augen an. „Ich bin Karina, die Urenkelin von Teres - ich soll dir Grüße bestellen und ich soll dir zur Seite stehen, wenn du das wünschst.“
„Was ist mit Teres?“ fragte Istar.
„Teres war meine Urgroßmutter und sie hat mir viel von dir erzählt. Leider ist sie gestorben, doch sie wurde fast 400 Jahre alt. Meine Oma lebt noch auf den südlichen Inseln.“
„Deine Oma?“ Die Senatorin war über den Auftritt etwas verwirrt.
„Meine Mutter ist Perlentaucherin, so wie ich es auch bin, Atlantis ist mir eine fremde Stadt, lieber tauche ich in den südlichen Meeren.“
„Warum bist du hier? Was willst du? Wie war dein Name?“
„Karina.“
„Ka…?“
„Rina“, ergänzte die Frau, die nun neben Istar saß.
Ungläubig starrte die Herrscherin die junge Frau an, dann konzentrierte sie sich auf ihre Aufgaben.

Nach einer Woche auf See erreichten Istar und Karina das Delta des ewigen Flusses, der Empfang war der, einer Vertreterin von Atlantis, angemessen. Doch der Herrscher der Länder am Nil brauchte noch einige Tage zur Anreise aus den Randgebieten des Reichs. Bis zum Eintreffen des Monarchen kümmerte sich ein Beamter des Staates um die Gäste. Es standen Besichtigungen der wichtigsten Tempel auf dem Programm und Besichtigungen der angelegten Gärten am Nil. In der Stadt herrschte geschäftiges Treiben, die Menschen waren gut genährt, erschienen gesund und zufrieden, doch sie wichen stets zurück, wenn der Tross um Istar erschien. Cherusmani war ein zurückhaltender Fremdenführer und erzählte nie mehr, als unbedingt nötig war. Der Beamte vertröstete auf die Ankunft des Herrschers und er wollte nichts preisgeben, was dem Reich auch nur im entferntesten schaden könnte. Doch die Tage am Fluss und in den dichten Wäldern, die in die westlichen Gebiete des Reichs führten, blieben Istar und Karina in ewiger Erinnerung.
Im Nil lebten große Echsen, die ihre Beute im wilden Tanz rissen und dann spurlos in den Fluten verschwanden; etwas weiter flussaufwärts gab es gewaltige Tiere, die entfernt an Elefanten erinnerten, doch sehr kleine Ohren hatten. Meistens waren sie im Wasser, oft nicht zu sehen, und wenn sie am Ufer standen, waren sie schwerfällig und behäbig. Wasservögel gab es in allen Farben, und manchmal in Mengen, die an lebende Wolken erinnerten. In den Wäldern zeigte Cherusmani löwenartige Katzen, die wie Tiger durch das Gebüsch schlichen, und Horden von wild schreienden Affen vor sich her trieben. An einem Hang lebten große Menschenaffen, die mit ihren klugen Augen auf die Expedition schauten. Mehrere Tage waren inzwischen vergangen; dann wurde Karina krank.
Istar nannte Karina längst Rina, einerseits, weil sie sich durch die Reise näher gekommen waren, andererseits, weil sie sich nicht ständig an Ka erinnern wollte, der ihr immer mehr fehlte.
Rina begann zu zittern, und ihr stand der Schweiß auf der Stirn; sie klagte über Schmerzen in den Gelenken und im Bauch. Dann ging es ihr wieder besser, bis sie die nächste Welle traf. Mit klappernden Zähnen wehrte sie sich gegen das Schütteln, und war am ganzen Körper schweißnass. In den gesunden Stunden konnte sie nur mühsam sitzen, und hatte Durst. Essen konnte sie nichts. Am frühen Morgen schüttelte sie eine weitere Attacke, und Cherusmani schickte nach einem Heiler.
Der Heiler betrat die Unterkunft und hob seine Nase, zog die Augenbrauen dabei zusammen, und schaute dann in die Runde; er schickte alle vor die Tür, und blieb nur mit der Senatorin am Krankenbett von Rina. Sorgsam untersuchte er seine Patientin, schaute ihr tief in die Augen, zog die Lider vorsichtig nach unten, und tastete den Körper ab. „Die Lymphknoten sind geschwollen, und der Bauch ist gebläht…“ Am Hals entdeckte er fast abgeheilte Insektenstiche. Dann kramte er in seinem Beutel, und fand, was er suchte. Rina musste sich auf den Bauch drehen, ihre Sinne waren angespannt.
Ein markerschütternder Schrei fuhr aus Rinas Kehle; sie bäumte sich auf, und fiel mit einem Grunzen in das Kopfkissen.
Der Heiler war zufrieden. „So, nun müssen meine Freunde nur noch ihre Arbeit tun!“
„Welche Freunde?“, fragte Istar verwirrt.
„Kleine, sehr kleine Freunde, so winzig, dass sie niemand sehen kann. Doch in diesem Moment beginnen sie mit ihrer Arbeit!“
Cherusmani gab dem Heiler zwei glänzende, kleine Scheiben, und der Mann verschwand, so wie er gekommen war.
„Was war das?“, fragte Istar.
„Aurum. Der Heiler kann damit eintauschen, was er braucht, und er hat einen fürstlichen Lohn erhalten!“
Nach vier Tagen war Rina wieder auf den Beinen und reisebereit, am fünften Tag verließen sie den Dschungel und nahmen den Weg zurück zum Palast.

Menos war ein eher klein geratener Repiloid; in seiner Kleidung war er aus der Ferne als solcher nicht einwandfrei zu erkennen. Doch sehr neugierig lauschte er den Reiseberichten der Senatorin von Atlantis. Selbst Cherusmani und Rina ließ er zu Wort kommen.
„Du sagst, dass unser Heimatplanet, Cela eno, nicht mehr zu erreichen ist? Dass es keine Nachrichten mehr gibt?“
Die Senatorin richtete sich etwas auf, „Anu ist auf dem Weg, doch sein Erfolg steht in den Sternen, frühestens in 900 Jahren ist mit einer Antwort von Anu zu rechnen, bis dahin werden wir uns hier zurechtfinden müssen.“
„Also gut,“ begann Menos mit seiner Rede. „ich werde dir zeigen was wir hier im Land am Nil bewahren konnten und was wir weiter gefunden haben. Wir beginnen morgen, und bis du verstehst, wird es einige Zeit brauchen. Wir werden uns sehen, doch bis dahin gebe ich dir Cherusmani mit auf den Weg. Bis zum heutigen Tag musste er über viele Dinge schweigen, doch nun soll Vertrauen zwischen euch herrschen. So ist mein Wille!“
Menos zog sich zurück und am Tag darauf begann die Erkundung des Königreichs am Nil.
Die Priester des Landes waren gebildete Menschen und in ihren Tempeln wurde Wissenschaft gelehrt. Der Senatorin wurde stolz gezeigt, wie große Paläste gebaut werden konnten. Harter Granit schmolz zu einer zähen Masse, die geformt werden konnte, so, wie es die Pläne verlangten. Rina schob einen tonnenschweren Stein aus Granit über mehrere Meter mühelos zum Transportkran. Ein Kasten machte das möglich, der auf dem Block befestigt war.
Der Fremdenführer drängte bald zum Aufbruch in den tiefen Dschungel, er wollte dort besondere Dinge zeigen und drängte zum Aufbruch. Vor Sonnenaufgang stand der Flugwagen bereit. Nahezu geräuschlos zog der Wagen seine flache Bahn nach Westen, über dichte Wälder und kaum bewohntes Gebiet. Nach einer Stunde Flugzeit erschien ein Palast mitten im dichten Wald. Der Wagen hielt geräuschlos im Innenhof des Gebäudes.
Chimären wurden ihr vorgeführt, Wesen die aus den Teilen von mindestens zwei Tieren bestanden. Löwen mit dem Kopf einer Katze. Ein Affe brabbelte sinnlose Wörter, die keinen Sinn ergaben und ein Zebra mit Rüssel stapfte durch sein Gehege.
Gänse liefen auf vier Beinen über die Wege. Die Flügel der Gänse waren nicht mehr erkennbar. Die Tiere waren genetisch verändert, bei vielen Kreaturen konnte die Senatorin nur Mitleid empfinden.
Der Leiter der Anlage stellte sich vor und begann ohne Umschweife auf die Gesandte einzureden.
„Herrin, ich bin stolz, dir meine Ergebnisse der Forschung zeigen zu dürfen! Ich hatte davon geträumt, die Meisterin des Erschaffens befragen zu dürfen und heute werden meine Träume wahr!“
„Woran arbeitest du?“, fragte die Senatorin.
„An starken Arbeitern, an unbesiegbaren Soldaten, die das tun, was ihnen gesagt wird. Ich will Pflanzen erschaffen, die nicht krank werden und große Früchte tragen. Ich will unsere Welt verbessern und das gedeihen lassen, was Menos wünscht, so wie wir Herrscher dieser Welt es verdient haben!“
„Mit Wünschen sollte jeder immer vorsichtig sein“, gab Istar zu bedenken.
„Du hast uns gezeigt, was möglich ist. Deine Geschöpfe dienen uns noch heute. Hast du nicht aus den wilden Affenhorden den Menschen geformt, der für uns das Aurum gesucht hat?“
„Zeige mir dein Labor, dann werde ich dir sagen, was möglich ist“, besänftigte Istar.
Das Labor war extrem sauber und verfügte über optische Mikroskope, Zellseparatoren und Brutschränke. Einige Versuche konnten so laufen, doch Molekularoptiken und Zyklotrone fehlten, ein Datenverarbeitungssystem war nicht verfügbar. Die Mitarbeiter im Labor brauchten ein gutes Gedächtnis.
„Wie entsorgst du deine Misserfolge?“, fragte die Senatorin.
„So, wie du es immer gelehrt hast. Wir zerkleinern das Gewebe und schichten es in flüssigem Teer.“
„Zeige mir die Behälter!“
Der Laborleiter stieg mit seinen Besuchern in die Katakomben der Anlage. Stufen und schräge Rampen führten in die Tiefe, Licht gab es immer dort, wo sich jemand bewegte. Die Beleuchtung blendete nicht und schien von den Decken der Anlage. Dann sahen sie die ersten Behälter – gefüllt mit einer teerigen, glänzenden Masse. In den Seitengängen reihten sich dutzende, steinerne Sarkophage mit schweren, geschlossenen Siegelsteinen. Ein einziger Tank war noch geöffnet, der Deckel lag schräg darauf.
„Unser letztes Experiment.“ Der Laborleiter strich versonnen über die glänzende Seitenwand des Behälters. „Hier sind die Stiere entsorgt, diese Tiere sollten für die Stärke unserer Geschöpfe sorgen, doch sie waren extrem gefährlich und bösartig. Die Apis-Stiere haben für Unruhe gesorgt und einige Pfleger wurden von diesen Hybriden getötet. Kein Ruhm für unsere Anlage“, bedauerte der Forscher.
Istar, die Senatorin von Atlantis, blieb im Dschungellabor, sie musste dafür sorgen, dass sich die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholten. Es würde Überzeugungsarbeit fordern, doch das war sie ihrem eigenen Gewissen schuldig. Es vergingen einige Jahre, bis die ersten natürlichen Züchtungen verbreitet werden konnten. Die tonnenschweren Teertanks wurden versiegelt und die kilometerlangen Gruften gesichert. Die Granitsärge durften keine Spuren reptiloider Genmassen in die Welt tragen. Die Teermasse musste lange Jahre wirken, am besten würde es sein, wenn Stein daraus würde, dachte Istar in ihren geheimsten Gedanken.

Viel Zeit brauchte die Vertraute von Menos für die zwei Pyramiden. Die große, sendende Pyramide mit ihren stolzen 500 Metern Höhe und die kleine Pyramide mit gerade einmal 50 Metern. Die Senatorin verbrachte Jahre mit Messungen und Testversuchen.
Mit der kleinen Anlage konnte Aurum auf den Weg geschickt werden, pro Erdenjahr nur wenige Kilo. Die große Anlage versagte komplett. Nach Jahren kam sogar Materie zurück und die wenigen Gramm Aurum waren radioaktiv.
Die Senatorin war sich sicher, dass das Problem auf
Cela eno zu suchen war. Doch der Weg dorthin war versperrt, die Reisezeiten waren gigantisch, die Sternenschiffe wurden im Krieg zwischen Istar und ihrem Bruder Mardu zerstört.
Rina konnte bei den Forschungen nicht wirklich helfen und war gelegentlich das Medium zwischen Ka und Istar; dann war sie wieder für Zeiten Karina. sie entwickelte sich als Mensch mit einem Zugang zu Ka, konnte Dinge in Gang bringen, die jeden erstaunten.
Im reptiloiden Weltbild war Ka eher eine Eigenschaft, ein Bestandteil einer Person und wirkte nie alleine, weil Ka kein eigenes Bewusstsein hatte. Selbst Istar konnte sich nur schwer an den Gedanken gewöhnen, dass Ka die Erde umkreiste und gleichzeitig ihr treuester Diener war, der nun mit Rina eine Einheit bildete.
Menos näherte sich seinem Ideal und wurde menschlicher. Dann kam es, wie es kommen sollte: Rina und Menos wurden ein Paar. Zusammen regierten sie das große Reich, das Volk liebte sie. Am Nil entstand ein mächtiger Staat mit glänzenden Palästen und Tempeln, die im goldenen Glanz das Auge des Betrachters blendeten. Die zwei Pyramiden wurden mit Gold verkleidet und stellten ihre wahre Funktion ein.
Vom Delta des Nils fuhren die Frachter zu den Inseln von Atlantis. Palastanlagen säumten die Seewege und die Stiere auf der großen Insel im Mittleren Meer wurden wegen ihrer Wildheit und ihrer Kraft berühmt.
Es gab wenige Reisen nach Atlantis, denn Marduchai bereitete seine Reise nach Cela eno vor.
Es gab es für Rina und Menos einen Nachfolger, der Istar mit seinen klaren, grünen Augen anstrahlte.
Istar betrachtete das Kind und hielt es auf dem Schoß.
Nachdenklich senkte sie ihr Haupt und ließ das Kind mit ihren Locken spielen.

Zeit?
Was ist Zeit?
Das waren Istars Gedanken.






Fortsetzung folgt.
 



 
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