Aus dem Leben einer Hausfrau

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DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Nachdem ich wegen fehlenden Bügeleisens drei Tage lang nichts tun konnte, wollte ich es mir heute aber mal so richtig gut gehen lassen und gar nichts tun. Also nahm ich viereckige Königsberger Klopse aus der Tiefkühltruhe, bereitete Reis zu, füllte Krautsalat aus der Packung in eine Schüssel (ich leckte den Deckel dieser Packung natürlich sauber) und kochte noch schnell Pudding auf der Platte links unten, die sich nicht mehr zurückschaltet und deshalb sehr gut zum Anbrennen von Süßspeisen geeignet ist. Anschließend wollte ich mir ein paar Gummibärchen schnappen und auf der Couch die hundert dreißigste Folge meiner Lieblingssoap sehen.

Ah - ich darf nie glücklich sein. Denn natürlich klingelte es just in dem Moment, bevor der Pudding wirklich anbrannte, und der Paketbote stand vor der Tür. Da er fast täglich erscheint, gehört er bald zur Familie. Mir schwante Schreckliches. Genau, das bestellte Bügeleisen, was ein Ende meines Couch-Daseins bedeuten würde. Ich bemühte mich, meinen Namen nicht falsch zu schreiben und musste dabei lächeln, weil ich an das letzte missratene Unterschreiben dachte und der Bote lächelte aber gar nicht zurück, sondern verzog keine Miene. Er dachte bestimmt, was ist das für ein Haushalt, jeden Tag ein Paket, die sind hier so oberfaul, die fahren noch nicht mal einkaufen.

Ich öffnete das Paket, das mir eine unbekannte Dame fertig gemacht hatte. Das wusste ich durch eine Mail. Irgendwie ist das ja spannend. Da packt irgendein Mensch einem ein Paket, obwohl weder Weihnachten noch Geburtstag ist. Das Paket war riesig. Was, wenn es jetzt das größte Bügeleisen aller Zeiten enthielt? Für mich kleine Frau! Zuerst kam ganz viel Plastik zum Vorschein. Es hätten ja wenigstens noch ein paar Gummibärchen versteckt sein können, aber stattdessen erblickte ich nach dem Auspacken eines weiteren Paketes – es war so wie früher beim Kindergeburtstag – das neue Bügeleisen.

Es war gelb, weiß und silbern und sah futuristisch und amerikanisch aus. Es würde sich sehr gut als Requisite für Star Trek machen. Aber zuallererst musste ich natürlich die Gebrauchsanweisung lesen. Das hat mein Papa mir beigebracht. Die Gebrauchsanweisung war klein und handlich. Ich faltete sie auseinander und sie wurde so groß wie eine Landkarte von Arizona. Ich kann keine derartig großen Karten wieder richtig zusammenfalten, das merke ich immer bei Straßenkarten, die ich außerdem auch nicht lesen kann.

Die Karte enthielt Erklärungen zum Bügeleisen in vier Sprachen: Englisch, Deutsch, Niederländisch und Französisch. Liebe Spanier. Liebe Italiener. Liebe Polen. Liebe Sachsen. Liebe Afrikaner. Liebe Lateiner. Liebe Chinesen. Liebe Kölner. Liebe Japaner. Ihr bügelt alle nicht. Nur ich Doofe. Also überflog ich die Gebrauchsanweisung auf Deutsch. Ich darf nur bügeln, wenn ich mich in einem psychisch und physisch einwandfreien Zustand befinde. Über ersteren äußere ich mich lieber nicht. Ansonsten habe ich Finger, Arm, Rücken, Kopf und Bauch. Darf ich dann bügeln?

Ich friemelte die Arizona-Karte so halbwegs wieder zusammen und stand nun vor dem Problem, dass ich noch vier Liter destilliertes Wasser vom alten Bügeleisen hatte, in das neue Star Trek Eisen aber Leitungswasser gehört. Ich bin ein sparsamer Mensch. Also füllte ich doch destilliertes Wasser in den Tank. Jetzt musste ich nur noch bügeln und das auch noch selbst.

Das Wasser war falsch, denn das neue Bügeleisen begann zu sprechen und schalt mich, dass ich die Anleitung auf Deutsch nicht kapiert und das falsche Wasser genommen hatte. Ich sei überhaupt einfach zu doof zum Bügeln und wieso ich das und das Teil bügele, das macht heute kein Mensch mehr und wenn, guckt jeder als Alibi dabei fern. Eigentlich ist das Fernsehen nur dazu da, damit überhaupt noch gebügelt wird, denn sonst sieht keiner mehr Werbung. Ich schwieg geplättet zu den Vorwürfen des Bügeleisens und schwor mir, dass es das letzte Mal in meinem Leben sei, dass ich dieses Teil benutze. Ab morgen muss die heiße Körperwärme der Wechseljahre meine Blusen glätten. Der Rest der Familie soll sehen, wo er bleibt.
 
U

USch

Gast
Hallo Doc,
köstlich gelacht. Ich wäre auch gern mal Hausfrau. Leider bin ich jetzt Hausmann und verstehe was von Technik und mir brennt selten was an und beim Bügeln genieße ich es, die Stoffe schön glatt zu bekommen und dann mit der Hand über den noch warmen Stoff zu streichen - und das OHNE Fernsehen. Mir macht das viel Spaß und das wird wohl nichts mehr mit der typischen Hausfrau - in mir.
LG USch
 

Ironbiber

Foren-Redakteur
Hausfrauen haben es schwer

Diese köstliche Geschichte hat das Leben geschrieben. Ein Bügeleisen als Steuerelement kam zwar nie bei den Star Treck Episoden zum Einsatz, im Raumschiff Orion der sechziger Jahre war es als Requisite jedoch ein fester Teil der Kommandokanzel. Dietmar Schönherr reiste mit Eva Pflug damals bügeleisengesteuert durch Raum und Zeit. Aber an diese Serie können sich sowieso nur noch Grufties (wie ich) erinnern.

Auch die Krux mit den Bedienungsanleitungen hast du hervorragend in Szene gesetzt. Ich bin auch immer wieder fasziniert, in welchen Ländern dieser Welt die Dinge noch landen, die ich bestelle. Lateinische Texte konnte ich zwar noch keine in Bedienungsanleitungen entdecken, aber wer weiß, der Vatikan bestellt vielleicht auch ab und zu fromme Utensilien beim bekanntesten Onlinehändler.

Begeisterte Grüße vom Ironbiber
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wenn die Geschichte unterhalten hat, hat sie ihren Zweck voll und ganz erfüllt. Was daran wahr ist, bleibt natürlich Autor(innen)geheimnis. ;-)
Lieber USch, Hausmänner sind viel besser als Hausfrauen. Sie wissen immer genau, wann welches Obst und Gemüse Saison haben, sie kaufen niemals Erdbeeren aus Burkina Faso oder in Folie verpackte Gurken. Beim Einkaufen blockieren sie nicht quatschend alle Gänge, sondern blicken stur auf ihren Zettel und bis auf erfolglose Baggerversuche bei Hausfrauen, während sie an der Kasse warten, sind sie vollkommen untadelig. Das gilt auch für das Bügeln, wie aus deinem Kommentar zu ersehen. Sie haben keine Schwierigkeiten mit der Technik und bügeln nie beim Fernsehen - aber sie streichen nach dem Bügeln über den noch warmen Stoff und machen ihn so wieder knubbelig. Tztztzt. ;-)

Lieber Biber, ich bin zu jung für Raumschiff Orion, ich durfte immer nur Daktari sehen. Aber du hast recht, das Bügeleisen war eine Requisite, wie ich mal irgendwo las - und der Beginn funktionierte mit Hilfe einer Brausetablette?!? Auf jeden Fall liebe ich keine Bedienungsanleitungen - auch nicht die, die vollkommen auf Worte in diversen Sprachen verzichten, sondern nur Bilder haben (!) und alle Lateiner mögen mir verzeihen, aber ich musste ja irgendetwas Verrücktes einbauen. Im Übrigen hat die Kirche so viel Geld, es gibt im Vatikan und vor allem in Limburg bestimmt goldene Bügeleisen, ähem.

Vielen Dank fürs Lob und viel Spaß beim Bügeln--- lg Doc
 
J

justooktavio

Gast
Hallo Doc,
nette Geschichte. (das nett ist hierbei NICHT die kleine schwester von sch**** sondern das gute, einfache nett:)
Allerdings hat mich folgendes ein wenig gestört:
1.
[red]und[/red] der Bote lächelte [red]aber[/red] gar nicht zurück, [red]sondern[/red] verzog keine Miene
die Formulierung will mir nicht ganz rein...
2.
Das hat mein Papa mir beigebracht.
Ist das absichtlich? ich finde, wenn es aus der sicht einer erwachsenen Frau geschrieben ist, auch wenn es eine gewollt... naja... einfach 'gestrickte' ist, kann da ein Vater stehen ABER der punkt ist glaube ich wirklich ansichtssache
3.
Ich kann keine derartig großen Karten wieder richtig zusammenfalten
die Formulierung ist auch nicht ganz meins...
So weit, ES SEI DENN, diese formulierungen sind ganz beabsichtigt und als subtile beschreibung der erzählerin gemeint. Dann vergiss was ich gesagt habe und es sei stattdessen gesagt:

Hallo Doc,
ich finde die geschichte ein wenig überzogen, an sich ganz ok, aber derartige ablässe klingen für mich zu sehr nach surrealem Stereotypen
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Justo, die Formulierungen sind alle gewollt - allerdings finde ich den Satz mit dem Lächeln inzwischen auch nicht mehr so gut und werde ihn ändern.
Natürlich ist alles überzeichnet - davon lebt eine Satire, das mit dem Zusammenfalten der Karten kommt der Realität allerdings ziemlich nahe. ;-) Wenn Du zu viele Stereotypen findest, ist das dein gutes Recht.
Ich finde diesen Text eigentlich noch zu brav, vielleicht gelingt mir irgendwann mal eine verschärfte Version.
Vielen Dank für deinen Kommentar und lG, Doc
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Nachdem ich wegen fehlenden Bügeleisens drei Tage lang nichts tun konnte, wollte ich es mir heute aber mal so richtig gut gehen lassen und gar nichts tun. Also nahm ich viereckige Königsberger Klopse aus der Tiefkühltruhe, bereitete Reis zu, füllte Krautsalat aus der Packung in eine Schüssel (ich leckte den Deckel dieser Packung natürlich sauber) und kochte noch schnell Pudding auf der Platte links unten, die sich nicht mehr zurückschaltet und deshalb sehr gut zum Anbrennen von Süßspeisen geeignet ist. Anschließend wollte ich mir ein paar Gummibärchen schnappen und auf der Couch die hundert dreißigste Folge meiner Lieblingssoap sehen.

Ah - ich darf nie glücklich sein. Denn natürlich klingelte es just in dem Moment, bevor der Pudding wirklich anbrannte, und der Paketbote stand vor der Tür. Da er fast täglich erscheint, gehört er bald zur Familie. Mir schwante Schreckliches. Genau, das bestellte Bügeleisen, was ein Ende meines Couch-Daseins bedeuten würde. Ich bemühte mich, meinen Namen nicht falsch zu schreiben und musste dabei lächeln, weil ich an das letzte missratene Unterschreiben dachte und der Bote lächelte nicht zurück, sondern verzog keine Miene. Er dachte bestimmt, was ist das für ein Haushalt, jeden Tag ein Paket, die sind hier so oberfaul, die fahren noch nicht mal einkaufen.

Ich öffnete das Paket, das mir eine unbekannte Dame fertig gemacht hatte. Das wusste ich durch eine Mail. Irgendwie ist das ja spannend. Da packt irgendein Mensch einem ein Paket, obwohl weder Weihnachten noch Geburtstag ist. Das Paket war riesig. Was, wenn es jetzt das größte Bügeleisen aller Zeiten enthielt? Für mich kleine Frau! Zuerst kam ganz viel Plastik zum Vorschein. Es hätten ja wenigstens noch ein paar Gummibärchen versteckt sein können, aber stattdessen erblickte ich nach dem Auspacken eines weiteren Paketes – es war so wie früher beim Kindergeburtstag – das neue Bügeleisen.

Es war gelb, weiß und silbern und sah futuristisch und amerikanisch aus. Es würde sich sehr gut als Requisite für Star Trek machen. Aber zuallererst musste ich natürlich die Gebrauchsanweisung lesen. Das hat mein Papa mir beigebracht. Die Gebrauchsanweisung war klein und handlich. Ich faltete sie auseinander und sie wurde so groß wie eine Landkarte von Arizona. Ich kann keine derartig großen Karten wieder richtig zusammenfalten, das merke ich immer bei Straßenkarten, die ich außerdem auch nicht lesen kann.

Die Karte enthielt Erklärungen zum Bügeleisen in vier Sprachen: Englisch, Deutsch, Niederländisch und Französisch. Liebe Spanier. Liebe Italiener. Liebe Polen. Liebe Sachsen. Liebe Afrikaner. Liebe Lateiner. Liebe Chinesen. Liebe Kölner. Liebe Japaner. Ihr bügelt alle nicht. Nur ich Doofe. Also überflog ich die Gebrauchsanweisung auf Deutsch. Ich darf nur bügeln, wenn ich mich in einem psychisch und physisch einwandfreien Zustand befinde. Über ersteren äußere ich mich lieber nicht. Ansonsten habe ich Finger, Arm, Rücken, Kopf und Bauch. Darf ich dann bügeln?

Ich friemelte die Arizona-Karte so halbwegs wieder zusammen und stand nun vor dem Problem, dass ich noch vier Liter destilliertes Wasser vom alten Bügeleisen hatte, in das neue Star Trek Eisen aber Leitungswasser gehört. Ich bin ein sparsamer Mensch. Also füllte ich doch destilliertes Wasser in den Tank. Jetzt musste ich nur noch bügeln und das auch noch selbst.

Das Wasser war falsch, denn das neue Bügeleisen begann zu sprechen und schalt mich, dass ich die Anleitung auf Deutsch nicht kapiert und das falsche Wasser genommen hatte. Ich sei überhaupt einfach zu doof zum Bügeln und wieso ich das und das Teil bügele, das macht heute kein Mensch mehr und wenn, guckt jeder als Alibi dabei fern. Eigentlich ist das Fernsehen nur dazu da, damit überhaupt noch gebügelt wird, denn sonst sieht keiner mehr Werbung. Ich schwieg geplättet zu den Vorwürfen des Bügeleisens und schwor mir, dass es das letzte Mal in meinem Leben sei, dass ich dieses Teil benutze. Ab morgen muss die heiße Körperwärme der Wechseljahre meine Blusen glätten. Der Rest der Familie soll sehen, wo er bleibt.
 

molly

Mitglied
:) Sehr gern gelesen und laut gelacht!
Tip von Hausfrau zu Hausfrau: Schick doch das blöde Bügeleisen zurück, du kannst dir ja alles bestellen und wieder kostenlos zurück schicken. Außerdem hast du ja schon die Herdplatte, die so schön anbrennt. Die Wäsche legst du am besten unter die Matratze, bügelt sich von selbst und du sparst dir deine Köperwärme für die kalten Tage.
Gute Woche und viele Grüße
molly
 



 
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