Aus dem Leben eines Frauenarztes

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DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Früh aufstehen, Kaffee mit der Ehefrau. Sie hat ihre Tage. Vertrautes Terrain. Aber einfach nur ätzend. Dann Zank mit den drei Töchtern. Von denen hat mindestens eine auch ihre Tage. Lieber Gott, hilf!!! Ab in die Praxis.

Stress mit den beiden Arzthelferinnen. Haben heimlich gequalmt. Jetzt riecht alles nach Rauch. Igitt!

Erste Patientin 8.00 Uhr, zweite Patientin 8.15 Uhr, dritte Patientin 8.35 Uhr ... usw. usf.

Immer dasselbe: Schwangerschaftsvorsorge, dabei Ultraschall von kleinen Wesen, wobei das Ertragen der Anwesenheit von werdenden hibbeligen Omas nicht vergütet wird. Antibabypillen verschreiben und aufgeregte pickelige männliche Jugendliche beruhigen, die stolz ihren Anteil an Verhütung durch die Begleitung der Freundin demonstrieren. Hormone bei Wechseljahrsbeschwerden verordnen. Zig Frauen nackt sehen, sie platzieren ihr Geschlecht zentimetergenau vor ihm, die meisten schweigen, einige reden dabei, aber allen ist es unangenehm.

Ihm manchmal auch. Und langweilig! Hast du eine gesehen, hast du alle gesehen, denkt er.

Brüste auf Krebsgeschwülste abtasten, das ist mitunter schwierig, weil anturnend. Himmel, er ist immer noch ein Mann. Der weiße Kittel ist wie ein Schutzschild. Wirkt nicht immer. Deshalb hat er grundsätzlich eine der Arzthelferinnen dabei. Ach, überhaupt ist er nur von Frauen umgeben.

Anruf der Ehefrau, wann er denn bitteschön zum Essen komme?

Er holt sich lieber etwas aus der Bäckerei. Wenn seine Frau ihre Tage hat, ist sie ungenießbar.

Nachmittags weiter Patientinnen, Patientinnen, Patientinnen. Eine ist interessant. Sagt sie doch glatt zu ihm: "Weshalb sind Sie eigentlich Frauenarzt geworden?"

Er denkt: Jaaaa, das frage ich mich gerade heute wieder!

Er sagt:" Weil ich den Frauen helfen will. Und weshalb gehen Sie zu einem männlichen Gynäkologen?"

Diese Patientin lacht. Lacht! Tut hier kaum jemand. Sie antwortet: "Ach, die Frauenärztinnen sagen doch immer, das ist jetzt unangenehm für Sie und das ist auch nicht schön für eine Frau und das hatte ich auch mal....nein danke. Lieber ein Mann. Der redet sachlich mit mir."

Oh. Jetzt bloß keine Kolleginnenschelte. Vielleicht war seine Berufswahl ja doch nicht falsch?! Nein. Er bittet im Geiste alle Frauen um Verzeihung, denen er wirklich helfen konnte. Oder die er bei schwerer Krankheit begleiten durfte.

Abends zu Hause. Die Töchter verschwinden zugespachtelt in das Nachtleben. (Lieber Gott, warum habe ich nicht wenigstens einen Sohn?) Seine Frau liegt lesend auf der Couch.

"Na, heute schöne Frauen gesehen?", fragt sie gähnend.

"Ach, immer dasselbe", antwortet er ebenso müde. Und morgen wieder: Frauen, Frauen, Frauen....
 
Hallo Doc,

ich vermisse den Spannungsbogen, und darum plätschert deine Geschichte (für meinen Geschmack) lustlos dahin. Der Anfang (Zitat William Faulkner: "Schreibe den ersten Satz so, dass der Leser unbedingt den zweiten lesen will!") macht keine Lust aufs Weiterlesen.

Früh aufstehen, Kaffee mit der Ehefrau. Sie hat ihre Tage. Vertrautes Terrain. Aber einfach nur ätzend. Dann Zank mit den drei Töchtern. Von denen hat mindestens eine auch ihre Tage. Lieber Gott, hilf!!! Ab in die Praxis.

Stress mit den beiden Arzthelferinnen. Haben heimlich gequalmt. Jetzt riecht alles nach Rauch. Igitt!
Du nutzt nicht die Möglichkeiten, die eine solche spannungsgeladene Atmosphäre bietet. Erwähnst lediglich, dass die Gattin ihre Tage hat - und das für deinen Prot. ätzend ist. Na gut. Aber zeig mir doch mal, wie sie rumätzt. Lass sie doch einen dummen Spruch machen, der deinen Prot. die halbvolle Kaffeetasse stehen lässt, weil er schnellstens weg will. Ebenso verhält es sich mit den Töchtern. Mit den Arzthelferinnen. Alles tell, kein show!

Wie du anschließend den Ablauf seines Arbeitstages beschreibst, finde ich sehr langweilig. Das geht nicht nur Frauenärtzen so, dass sie wegen der unvermeidlichen Routine ihren Beruf verfluchen. Ich hätte lieber ein paar zünftige Beispiele genannt, anhand derer der Leser haargenau vor Augen hat, wie sehr der Job deinem Prot. auf die Nerven geht. - Klar: Ich meine keine pornographischen Einlagen; ebenso ist mir bewusst, dass gerade bei dieser Thematik die Gefahr besteht, man schliddert in die Geschmacklosigkeit. (Wenn es dir darum ging, dass sich dein Prot. den Beruf schlichtweg anders (erotischer, prickelnder, geiler - wie immer man das nennen will) vorgestellt hast - dann ist dir das nicht gelungen.)

Wirklich schlimm (entschuldige, dass ich es so drastisch benenne) finde ich, dass du in deinem Plot (den ich dir der Einfachheit halber unterstelle, wirklich erkennen kann ich ihn nicht) plötzlich auf einen Kulminationspunkt zusteuerst (die Frage der Patientin, warum er denn Frauenarzt geworden sei) - und das wiederum larifari abtust: "Weil ich Frauen helfen will!" Sicher, ich kann mir vorstellen, im wirklichen Leben ist das die Standardantwort jedes Frauenarztes. Aber um deine Leser zu fesseln, müsstest du schon mehr bieten.

Ich erdreiste mich mal, die eine Änderung vorzuschlagen:

"Warum ich Frauenarzt geworden bin?", wiederholt er am Rande eines Wutausbruchs. "Damit ich Weibern zwischen den Beinen rumfummeln kann!"
"Wie sich das trifft!" Sie lacht gutmütig. "Ich gehe zum männlichen Gynokologen, weil ich mich ungern von Frauen befummeln lasse!"
Dann lachen sie beide darüber. Laut und herzlich.

Bitte, das ist nur ein holpriger Versuch, dir anschaulich zu machen, worum es mir geht. Deine Geschichte bleibt konstant auf demselben Level - und das macht sie kaputt.

Ich habe deine Geschichte als Kurzgeschichte kritisiert, wohlgemerkt. Außerdem ist es deine Geschichte, du musst selbst wissen, wen sie erreichen soll. Aber eine andere Rubrik erschiene mir unter Umständen geeigneter.

Viele Grüße

Huck
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Lieber Huck, vielen Dank, dass du dich so ausführlich mit dem Text befasst hast. Ich verstehe deine Einwände, aber dann nenne mir eine andere Kategorie, denn ändern werde ich nichts. Ich habe das Ganze bewusst so verfasst, viele Schlaglichter, die die Fantasie des Lesers fördern sollen und dass Frauenarzt ein Beruf wie jeder andere ist, sollte auch rauskommen, denn mit Erotik hat er herzlich wenig zu tun. Da gibt es nur Momente, die sie noch aufblitzen lassen.
Das mit der Rumfummelei zwischen den Beinen ist eine völlig falsche Antwort, die versteht keine Patientin. Und sei sie noch so gut drauf. Die Standard-Antwort ist in der Tat die richtige.
Vielleicht sollte ich allerdings die ätzende Ehefrau noch näher zu Wort kommen lassen. ;-)

LG (auch an Tom;-), Doc
 
Für mich ist das eher ein Essay; obwohl ich keinesfalls darauf poche, unbedingt Recht haben zu wollen. Aber eine Kurzgeschichte braucht (für mein Verständnis) einen Spannungsbogen - und den hat deine Geschichte nun mal nicht.

Natürlich, ich gebe dir völlig Recht: Wenn im wirklichen Leben ein Frauenarzt einer Patientin diese Antwort gäbe, wäre die Hölle los. Aber das würde die Geschichte nun mal spannender machen, wenn sich der Frauenarzt zu einer derartigen Antwort hinreißen ließe (völlig unüberlegt, versteht sich). Der Leser denkt: Autsch, jetzt sitzt er in der Scheiße! Und die Patientin tut, womit ebenfalls niemand rechnet: sie pariert seine Missgelauntheit mit Humor.

Damit wir uns verstehen: Ich will keinesfalls behaupten, eine geniale Textkorrektur vorgeschlagen zu haben. Ich wollte dir lediglich ein Beispiel nennen; und etwas anderes (besseres) fiel mir auf die Schnelle nicht ein.

Nee, das der Beruf des Frauenarztes etwas mit Erotik zu tun hat, glaube ich auch nicht.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Lieber Huck, das mit dem Spannungsbogen stimmt, aber auch das ist extra so. Soll eben die letztendliche Eintönigkeit auch dieses Berufes zeigen. Die Berufswahl und wie es im Leben eines Gynäkologen zugeht, ist doch ein Tabu-Thema. Und wie diese Ärzte selbst mit Patientinnen umgehen, auch. Ist schwer, eine Balance zu finden, damit das Ganze nicht pornographisch wird.
Weites Feld!
Imn Wortsinn;-)
LG Doc

P.S. Hab deine Verbesserungsvorschläge in keiner Weise als falsch empfunden. Ist doch gut, wenn sich jemand so intensiv mit einem Text auseinandersetzt. Essay trifft eigentlich zu.
 



 
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