Lieber Otto,
ich teile deine Ansicht zu dem, was Lyrik in uns auslösen kann/sollte. Ich bin auch kein Formenfetischist. Gerade im Ungereimten liegt der Reiz ja zT auch darin, eine Perspektive neu zu entdecken, die feste Bahnen nicht ermöglichten (im übrigen halte ich den Vers libre deshalb für besonders schwierig - Versmaß, Reim und Rhytmus geben einem immerhin ein Gerüst, eine Orientierung).
Ein gewisses Maß an das Formale eines Verses müsste meiner Ansicht nach jedoch auch im Vers libre eingehalten werden. Vers heisst ja soviel wie "Kehre". Bei deinem Text sehe ich keinen gewollten Zeilenumbruch - es wirkt auf mich wie ein Fließtext.
Verstehe mich nicht falsch: Der Text gefällt mir außerordentlich gut. Daher ist es auch nicht so wichtig, wo man ihn jetzt einordnet. Da aber gerade Anfänger wie ich oft vor dem Problem stehen, das Handwerkliche zu begreifen und korrekt anzuwenden, bin ich etwas penibel in der Hinsicht.
Ich hätte es spontan als "Kurzprosa" charakterisiert. Die Grenzen sind sicher fliessend, vielleicht kann man beide Ansichten vertreten. Ich wäre für ein Wort eines Handwerksexperten dankbar.
Gruß,
Archi