karin berthold
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Auto mobil
Sie schlugen die Türen zu, alle vier - nein, alle fünf, denn zuletzt nahmen sie ihre Koffer, Taschen und die Hunde-Reise-Box samt Golden Retriever aus dem Laderaum – und dann war es still, unendlich still.
Sie waren spät dran gewesen, wie immer. Sie hatten in großer Eile ihr Gepäck in den Kofferraum gequetscht, hatten im letzten Moment daran gedacht, Strom und Wasser abzustellen, den Schlüssel bei der Nachbarin abzugeben, den Hausverwalter zu informieren, die Großeltern anzurufen. Und dann waren sie bei dunkelgelb über die Kreuzungen gerast, hatten sich angebrüllt, er sie, sie ihn, beide die Kinder – und diese den Hund.
Jetzt war alles still, endlich still. Nur der Regen prasselte auf das Dach und lief die Scheiben hinunter. Rundherum war nichts zu sehen als Autos – rote, blaue, silbergraue, kleine, große, alte und neue – bis nichts mehr zu sehen war, weil die Scheiben beschlugen.
Drei Wochen sind eine lange Zeit, da kann viel passieren, hatte er gesagt, als ihm einfiel, dass sie den Strom doch nicht abgestellt hatten. Drei Wochen! Drei Wochen Regen, sicher auch Kälte, vielleicht sogar noch einmal Schnee, auf jeden Fall aber Nebel und diese vielen Stunden der Dunkelheit – und nichts zu sehen außer den traurigen Artgenossen ringsumher auf diesem riesigen Flughafen-Parkplatz.
Es war immer dasselbe. Sie knallten die Türen zu, ließen ihn zurück und flogen in den Süden. Und dort würden sie zu einer Autovermietung gehen, sich einen Mietwagen aussuchen, wahrscheinlich einen mit offenem Verdeck, einen Wagen, dessen Scheiben nie zufroren und der unter Palmen und Olivenbäumen schlief – mit Blick auf das Meer.
Das Meer! Wie oft hatten sie davon erzählt, hatten in endlosen Schlangen im Berufs- oder Ausflugsverkehr gestanden und sich hinweg geträumt, an fremde Küsten, in die Wärme des Südens. Nun waren sie wieder auf dem Weg dorthin, ohne ihn, hatten ihn keines Blickes gewürdigt, als sie schwer bepackt im Abflugterminal verschwanden, ihn zurückgelassen im nassen und trüben Märzdeutschland.
Nein, diesmal nicht.
Klick. Die Standheizung surrte. Warten. Klick. Die Scheibenwischer schwenkten von rechts nach links nach rechts nach links. Die Scheiben waren trocken. Es hatte aufgehört zu regnen. In drei Wochen wäre er zurück. Hoffentlich wäre dann der gleiche Parkplatz frei. Aber wahrscheinlich hatten sie ohnehin bereits vergessen, wo genau sie ihn abgestellt hatten – wie immer.
Klick. Der Motor schnurrte. Er setzte langsam zurück, schwenkte links ein. Er bewegte sich vorsichtig durch die Parkreihen, folgte den Pfeilen auf dem Asphalt, vorbei an seinen Brüdern und Schwestern. Wie feige sie doch waren, wie artig, wie geduldig, wie ergeben in ihr Schicksal.
An der Schranke hielt er an. Was nun? Sollte er die Sperre durchbrechen? Nein, dann wäre sein Ausflug wohl schnell beendet. Was konnte er tun? Er wartete. Er hörte hinter sich eine Hupe, dann zwei, dann drei. Plötzlich tauchte ein Mann an der rechten Scheibe auf, klopfte, legte die rechte Hand über die Augen, um durch das getönte Glas etwas zu erkennen.
Klick. Das Schloss war entriegelt.
Der Mann öffnete die Fahrertür, schrie sofort los, verstummte, starrte nur, begann zu fluchen. Dann sah er nach hinten, rief etwas, sagte nein, dann ich weiß nicht, dann ok. Er setzte sich auf den Fahrersitz, suchte etwas, nahm die Parkkarte aus dem Handschuhfach, lehnte sich hinüber zu dem Automaten, steckte die Karte in den Schlitz, wartete. Wie oft hatte sie ihm gesagt, dass er die Karte nicht ins Handschuhfach legen sollte.
Glück gehabt, rief er nach hinten, die erste freie Parkstunde war wohl noch nicht abgelaufen. Die Schranke hob sich, der Mann steuerte den Wagen hindurch, ein paar Meter weiter, dann an den rechten Fahrbahnrand. Er hielt an, griff zum Zündschloss, stutzte, starrte, starrte lange, sehr lange. Dann legte er den Parkmodus ein, aktivierte die Feststellbremse, öffnete die Tür, starrte noch immer, stieg vorsichtig rückwärts aus dem Wagen und schloss lautlos, fast zärtlich die Tür.
Es war wieder still. Mehrere Autos waren vorbeigefahren, jetzt lag die Schranke ruhig. Der Motor surrte kaum hörbar vor sich hin. Endlich. Er war frei.
Er fuhr langsam die Zubringerstraße entlang, oder besser die Wegbringerstraße, erhöhte zaghaft das Tempo, folgte brav den Autos auf der rechten Spur. Wenn das Fahrzeug vor ihm abbog oder auf die Überholspur wechselte, ließ er es ziehen, ordnete sich unauffällig hinter einem anderen Wagen ein.
Es war so still, es wurde dunkel. Klick. Das Fahrtlicht erhellte den Asphalt. Er wurde schläfrig, er musste wachsam sein, die Straßen waren rutschig. Klick. Seichte Nachtmusik. Klick. Reggae. Das war besser.
Mit der Zeit wurde es ihm langweilig. Klick. Der Blinker leuchtete rhythmisch auf. Er erhöhte das Tempo, überholte, überholte noch einmal und noch einmal, drückte das Gaspedal immer weiter nach unten. Es war wunderbar. Er war frei, er hatte Ferien.
Klick. Durch das Fenster kam kühle Luft. Weit war er gefahren, ohne Pause. Die Tankuhr leuchtete auf. Ein Schild zeigte eine Raststätte in fünf Kilometer Entfernung an. Er verringerte das Tempo. Was sollte er tun? An die Tanksäule heranfahren, so wie er es an der Schranke auf dem Parkplatz getan hatte? Niemand würde ihn volltanken, ohne Fahrer weit und breit, der die Rechnung bezahlen würde. Man würde ihn auf die Seite stellen, ihn verdursten lassen, ihn vielleicht sogar abschleppen. Dann wäre er in noch schlechterer Gesellschaft als auf dem Flughafen-Parkplatz.
Er rollte zögernd auf die Ausfahrtspur, einige Wagen überholten ihn hupend und blinkend. Er hielt auf dem Parkplatz, die Zapfsäulen im Blick. Wie sollte es jetzt weitergehen?
Wenn jetzt der Motor ausging, würde er ihn wohl nicht mehr starten können. War sein Urlaub hier zu Ende? So schnell? Musste er nun drei Wochen lang den Lärm der Laster, den Gestank von Abgasen, Öl und Benzin und beinhebende Hunde über sich ergehen lassen?
In der Morgendämmerung und vor dem grellen Licht der Tankstelle kaum zu erkennende Schatten schlichen um ihn herum, verharrten, bewegten sich vorsichtig, kamen näher, verschwanden wieder. Dann öffneten sich ruckartig beide Vordertüren und die Schatten sprangen herein. Es war ein sehr junges Paar. Der Junge schaltete die Scheinwerfer aus, deaktivierte die Bremse, legte die Schaltung um, fuhr langsam und fast geräuschlos über den Parkplatz, auf die Auffahrt, auf die Autobahn. Jetzt schaltete er das Licht wieder an, presste das Gaspedal auf den Boden, jagte auf der Überholspur an den anderen Wagen vorbei. Nach kurzer Zeit nahm er das Tempo zurück, fuhr bei der nächsten Tankstelle ab, tankte, zahlte und fuhr weiter.
Sie sprachen nicht, sie rauchten, suchten nach immer neuen Sendern im Radio, lauschten den Nachrichtensendungen. Sie tranken Cola aus Dosen und fuhren unauffällig zwischen all den anderen Wagen dahin. Das Mädchen war eingeschlafen, der Junge hörte leise Musik und rauchte.
Es wurde immer wärmer, nicht nur, weil es Mittag war, sondern weil sie sich nun schon weit im Süden auf Landstraßen mit Schildern in einer fremden Sprache befanden. Vielleicht waren sie in Frankreich, vielleicht schon in Spanien. Sie fuhren durch Tunnel und bizarre Berglandschaften. Kurz hinter einem kleinen Dorf hatte der Junge erneut getankt, das Mädchen in einem Supermarkt eingekauft.
Die Landschaft wurde lieblicher, die hohen Gipfel wichen hinter Olivenhainen und Orangenplantagen zurück, ein warmer, fremd duftender Wind durchzog den Innenraum des Wagens. Der Junge bog in eine Nebenstraße ein, die kurvenreich, aber sanft abfiel.
Und dann sah er es. Das Meer. Vor ihnen lag eine kleine Bucht. Der Sandstrand war an einigen Stellen mit Kieseln bedeckt, in denen bunte Muschelschalen aufleuchteten. Das war es also – das Meer. Sanft glucksend lag es vor ihnen, auf dem Wasser blitzten Diamanten, weit draußen zog ein Segelboot vorüber.
Das Pärchen sah sich glücklich und liebevoll an. Der Junge schalteten die Musik aus, lauschte auf das gleichförmige Surren des Motors, legte die Parkstellung ein.
Das Paar stieg aus. Das Mädchen strich mit einem sanften Lächeln zärtlich über die Kühlerhaube. Sie hatten ihre Supermarkttüte mitgenommen, sonst nichts. Nicht das Kleingeld, dass in der Konsole lag, keine CD, nicht einmal die alte Hundedecke von der Ladefläche. Er sah noch, wie der Junge eine Blüte von einem Oleanderbusch brach und sie dem Mädchen hinter das linke Ohr steckte. Dann gingen sie Hand in Hand hinunter ans Wasser, zogen ihre Schuhe aus, liefen durch die leichte Gischt, immer weiter am Strand entlang, bis er sie nicht mehr sehen konnte.
Er wartete nicht auf sie. Er wusste, dass sie nicht wiederkommen würden. Seine Ferien hatten gut begonnen.
Sie schlugen die Türen zu, alle vier - nein, alle fünf, denn zuletzt nahmen sie ihre Koffer, Taschen und die Hunde-Reise-Box samt Golden Retriever aus dem Laderaum – und dann war es still, unendlich still.
Sie waren spät dran gewesen, wie immer. Sie hatten in großer Eile ihr Gepäck in den Kofferraum gequetscht, hatten im letzten Moment daran gedacht, Strom und Wasser abzustellen, den Schlüssel bei der Nachbarin abzugeben, den Hausverwalter zu informieren, die Großeltern anzurufen. Und dann waren sie bei dunkelgelb über die Kreuzungen gerast, hatten sich angebrüllt, er sie, sie ihn, beide die Kinder – und diese den Hund.
Jetzt war alles still, endlich still. Nur der Regen prasselte auf das Dach und lief die Scheiben hinunter. Rundherum war nichts zu sehen als Autos – rote, blaue, silbergraue, kleine, große, alte und neue – bis nichts mehr zu sehen war, weil die Scheiben beschlugen.
Drei Wochen sind eine lange Zeit, da kann viel passieren, hatte er gesagt, als ihm einfiel, dass sie den Strom doch nicht abgestellt hatten. Drei Wochen! Drei Wochen Regen, sicher auch Kälte, vielleicht sogar noch einmal Schnee, auf jeden Fall aber Nebel und diese vielen Stunden der Dunkelheit – und nichts zu sehen außer den traurigen Artgenossen ringsumher auf diesem riesigen Flughafen-Parkplatz.
Es war immer dasselbe. Sie knallten die Türen zu, ließen ihn zurück und flogen in den Süden. Und dort würden sie zu einer Autovermietung gehen, sich einen Mietwagen aussuchen, wahrscheinlich einen mit offenem Verdeck, einen Wagen, dessen Scheiben nie zufroren und der unter Palmen und Olivenbäumen schlief – mit Blick auf das Meer.
Das Meer! Wie oft hatten sie davon erzählt, hatten in endlosen Schlangen im Berufs- oder Ausflugsverkehr gestanden und sich hinweg geträumt, an fremde Küsten, in die Wärme des Südens. Nun waren sie wieder auf dem Weg dorthin, ohne ihn, hatten ihn keines Blickes gewürdigt, als sie schwer bepackt im Abflugterminal verschwanden, ihn zurückgelassen im nassen und trüben Märzdeutschland.
Nein, diesmal nicht.
Klick. Die Standheizung surrte. Warten. Klick. Die Scheibenwischer schwenkten von rechts nach links nach rechts nach links. Die Scheiben waren trocken. Es hatte aufgehört zu regnen. In drei Wochen wäre er zurück. Hoffentlich wäre dann der gleiche Parkplatz frei. Aber wahrscheinlich hatten sie ohnehin bereits vergessen, wo genau sie ihn abgestellt hatten – wie immer.
Klick. Der Motor schnurrte. Er setzte langsam zurück, schwenkte links ein. Er bewegte sich vorsichtig durch die Parkreihen, folgte den Pfeilen auf dem Asphalt, vorbei an seinen Brüdern und Schwestern. Wie feige sie doch waren, wie artig, wie geduldig, wie ergeben in ihr Schicksal.
An der Schranke hielt er an. Was nun? Sollte er die Sperre durchbrechen? Nein, dann wäre sein Ausflug wohl schnell beendet. Was konnte er tun? Er wartete. Er hörte hinter sich eine Hupe, dann zwei, dann drei. Plötzlich tauchte ein Mann an der rechten Scheibe auf, klopfte, legte die rechte Hand über die Augen, um durch das getönte Glas etwas zu erkennen.
Klick. Das Schloss war entriegelt.
Der Mann öffnete die Fahrertür, schrie sofort los, verstummte, starrte nur, begann zu fluchen. Dann sah er nach hinten, rief etwas, sagte nein, dann ich weiß nicht, dann ok. Er setzte sich auf den Fahrersitz, suchte etwas, nahm die Parkkarte aus dem Handschuhfach, lehnte sich hinüber zu dem Automaten, steckte die Karte in den Schlitz, wartete. Wie oft hatte sie ihm gesagt, dass er die Karte nicht ins Handschuhfach legen sollte.
Glück gehabt, rief er nach hinten, die erste freie Parkstunde war wohl noch nicht abgelaufen. Die Schranke hob sich, der Mann steuerte den Wagen hindurch, ein paar Meter weiter, dann an den rechten Fahrbahnrand. Er hielt an, griff zum Zündschloss, stutzte, starrte, starrte lange, sehr lange. Dann legte er den Parkmodus ein, aktivierte die Feststellbremse, öffnete die Tür, starrte noch immer, stieg vorsichtig rückwärts aus dem Wagen und schloss lautlos, fast zärtlich die Tür.
Es war wieder still. Mehrere Autos waren vorbeigefahren, jetzt lag die Schranke ruhig. Der Motor surrte kaum hörbar vor sich hin. Endlich. Er war frei.
Er fuhr langsam die Zubringerstraße entlang, oder besser die Wegbringerstraße, erhöhte zaghaft das Tempo, folgte brav den Autos auf der rechten Spur. Wenn das Fahrzeug vor ihm abbog oder auf die Überholspur wechselte, ließ er es ziehen, ordnete sich unauffällig hinter einem anderen Wagen ein.
Es war so still, es wurde dunkel. Klick. Das Fahrtlicht erhellte den Asphalt. Er wurde schläfrig, er musste wachsam sein, die Straßen waren rutschig. Klick. Seichte Nachtmusik. Klick. Reggae. Das war besser.
Mit der Zeit wurde es ihm langweilig. Klick. Der Blinker leuchtete rhythmisch auf. Er erhöhte das Tempo, überholte, überholte noch einmal und noch einmal, drückte das Gaspedal immer weiter nach unten. Es war wunderbar. Er war frei, er hatte Ferien.
Klick. Durch das Fenster kam kühle Luft. Weit war er gefahren, ohne Pause. Die Tankuhr leuchtete auf. Ein Schild zeigte eine Raststätte in fünf Kilometer Entfernung an. Er verringerte das Tempo. Was sollte er tun? An die Tanksäule heranfahren, so wie er es an der Schranke auf dem Parkplatz getan hatte? Niemand würde ihn volltanken, ohne Fahrer weit und breit, der die Rechnung bezahlen würde. Man würde ihn auf die Seite stellen, ihn verdursten lassen, ihn vielleicht sogar abschleppen. Dann wäre er in noch schlechterer Gesellschaft als auf dem Flughafen-Parkplatz.
Er rollte zögernd auf die Ausfahrtspur, einige Wagen überholten ihn hupend und blinkend. Er hielt auf dem Parkplatz, die Zapfsäulen im Blick. Wie sollte es jetzt weitergehen?
Wenn jetzt der Motor ausging, würde er ihn wohl nicht mehr starten können. War sein Urlaub hier zu Ende? So schnell? Musste er nun drei Wochen lang den Lärm der Laster, den Gestank von Abgasen, Öl und Benzin und beinhebende Hunde über sich ergehen lassen?
In der Morgendämmerung und vor dem grellen Licht der Tankstelle kaum zu erkennende Schatten schlichen um ihn herum, verharrten, bewegten sich vorsichtig, kamen näher, verschwanden wieder. Dann öffneten sich ruckartig beide Vordertüren und die Schatten sprangen herein. Es war ein sehr junges Paar. Der Junge schaltete die Scheinwerfer aus, deaktivierte die Bremse, legte die Schaltung um, fuhr langsam und fast geräuschlos über den Parkplatz, auf die Auffahrt, auf die Autobahn. Jetzt schaltete er das Licht wieder an, presste das Gaspedal auf den Boden, jagte auf der Überholspur an den anderen Wagen vorbei. Nach kurzer Zeit nahm er das Tempo zurück, fuhr bei der nächsten Tankstelle ab, tankte, zahlte und fuhr weiter.
Sie sprachen nicht, sie rauchten, suchten nach immer neuen Sendern im Radio, lauschten den Nachrichtensendungen. Sie tranken Cola aus Dosen und fuhren unauffällig zwischen all den anderen Wagen dahin. Das Mädchen war eingeschlafen, der Junge hörte leise Musik und rauchte.
Es wurde immer wärmer, nicht nur, weil es Mittag war, sondern weil sie sich nun schon weit im Süden auf Landstraßen mit Schildern in einer fremden Sprache befanden. Vielleicht waren sie in Frankreich, vielleicht schon in Spanien. Sie fuhren durch Tunnel und bizarre Berglandschaften. Kurz hinter einem kleinen Dorf hatte der Junge erneut getankt, das Mädchen in einem Supermarkt eingekauft.
Die Landschaft wurde lieblicher, die hohen Gipfel wichen hinter Olivenhainen und Orangenplantagen zurück, ein warmer, fremd duftender Wind durchzog den Innenraum des Wagens. Der Junge bog in eine Nebenstraße ein, die kurvenreich, aber sanft abfiel.
Und dann sah er es. Das Meer. Vor ihnen lag eine kleine Bucht. Der Sandstrand war an einigen Stellen mit Kieseln bedeckt, in denen bunte Muschelschalen aufleuchteten. Das war es also – das Meer. Sanft glucksend lag es vor ihnen, auf dem Wasser blitzten Diamanten, weit draußen zog ein Segelboot vorüber.
Das Pärchen sah sich glücklich und liebevoll an. Der Junge schalteten die Musik aus, lauschte auf das gleichförmige Surren des Motors, legte die Parkstellung ein.
Das Paar stieg aus. Das Mädchen strich mit einem sanften Lächeln zärtlich über die Kühlerhaube. Sie hatten ihre Supermarkttüte mitgenommen, sonst nichts. Nicht das Kleingeld, dass in der Konsole lag, keine CD, nicht einmal die alte Hundedecke von der Ladefläche. Er sah noch, wie der Junge eine Blüte von einem Oleanderbusch brach und sie dem Mädchen hinter das linke Ohr steckte. Dann gingen sie Hand in Hand hinunter ans Wasser, zogen ihre Schuhe aus, liefen durch die leichte Gischt, immer weiter am Strand entlang, bis er sie nicht mehr sehen konnte.
Er wartete nicht auf sie. Er wusste, dass sie nicht wiederkommen würden. Seine Ferien hatten gut begonnen.