Autokino

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Boris Winter

Mitglied
"Schau mir in die Augen, Kleines." Humphrey Bogart und Ingrid Bergman schmachtend in Schwarz-Weiß auf einer riesigen Leinwand, ganz großes Kino. Der Film war zuende, beide hatten Tränen in den Augen. Ihre Stimmung passte zu dem Film, den sie gerade gesehen hatten. An ihren Händen klebten noch die Reste von Zuckerwatte und Popcorn. Es sollte ein besonderer Tag werden. Er hatte sein letztes Geld zusammengekratzt, den 1957er Ford Fairlane gemietet, die Tickets besorgt und sie standesgemäß von ihrem Elternhaus abgeholt. Im Radio lief Elvis. Er drehte die Lautstärke hoch.

Sie drehte die Lautstärke herunter. Es gab noch etwas zu besprechen. Danach gab es nur noch Stille, eine quälende, endlose Stille. In seiner rechten Jackentasche konnte er noch den Ring ertasten, den er nun mit seinen Fingerspitzen immer tiefer in den hintersten Winkel der Tasche hineinzugraben versuchte. Er hatte den Ring in einem Pfandhaus erworben. "Mehr habe ich nicht, was bekomme ich dafür?" Er warf eine Unmenge an Münzen und einige Scheine auf den Tresen und sah den Verkäufer erwartungsvoll an. Goldrausch, Baby.

Seit der Hinfahrt hatten sie sich nicht mehr in die Augen geschaut und kein einziges Wort mehr gesprochen. Sie bogen vom Parkplatz des Autokinos auf die lange, von stolzen Bäumen gesäumte Allee ab. Plötzlich gab er Vollgas, ihre Körper wurden in die Sitze gedrückt. Er nahm die Hand vom Lenkrad, der Ford brach aus und hob ab wie das Flugzeug am Ende des Films. A wop bop a loo bop a lop bam boom!
 

anbas

Mitglied
Moin,

ein wirklich gut geschriebener Text, wie ich finde - bedrückend aber gut.

Liebe Grüße

Andreas
 

lietzensee

Mitglied
Hallo Boris,
da schließe ich mich an, das ist ein wirklich guter Text. Ich mag, wie Musik und Film die Handlung mit tragen helfen.

Viele Grüße
lietzensee
 



 
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