Autor – Herrscher über Zeit und Raum

Papiertiger

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Zeit ist die kostbarste Ressource. Und schreiben ist eine Möglichkeit, die Zeit auszutricksen. Ich las einmal das Zitat, es war von Sir Peter Ustinov, meine ich: „Angst vor dem Tod haben vor allem diejenigen, die nicht wissen, wie sie den heutigen Nachmittag ausfüllen sollen.“ Oder wie es Frank Sinatra gesagt haben soll: „Man lebt nur ein Mal. Und wenn man so lebt wie ich es getan habe, dann reicht das auch.“. Oder ein Indianer-Sprichwort: „Man kann dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr leben“. Was mich auf eine Geschäftsidee bringt: ein Geschäft eröffnen, in dem es all solche Sprüche als hübsch gestaltete dekorative Schilder für die Wohnung gibt. Und dazu Kalender mit lebensbejahenden Botschaften, Duftkerzen, Massagekissen, CD’s mit Walgesängen. Ich habe schon leibhaftig miterlebt, dass es einen nicht kleinen Markt für solche Bedürfnisse gibt, etwa bei einem Aushilfsjob in einem kleinen Getränkemarkt. Da kam eine Frau, die ich schon oft im Bus gesehen hatte und die immer wahnsinnig verkniffen, abgeschlagen und frustriert wirkte. Und diese Dame kaufte, ja das tat sie wirklich, ich schwöre, Wasser. Da ich als Aushilfskraft jeden Arbeitstag ein beliebiges alkoholfreies Getränk trinken durfte, hatte ich dieses Wasser auch schon probiert und kann es deshalb so klar heraus sagen: es schmeckte hundertprozentig wie ganz normales Trinkwasser wie es aus jeder vernünftigen Wasserleitung in Deutschland herausfließt, also ohne Bleirohre oder irgendwie verkalkt oder verunreinigt. Der Clou und der Grund dafür, das dieses Wasser sehr teuer war, war die Tatsache, dass es angeblich bei Vollmond abgefüllt wurde und somit besonders esoterischen Klimbim-Zusatzfeatures haben sollte. Oh Mann!

Wenn es also einen Markt gibt, voll mit Horoskopen, Scharlatanen und allerlei Arten vermeintlicher Trostspender und Fluchtmöglichkeiten wie der Vielzahl an Süchten, von Kauf- über Nikotin, von Zucker-, Spiel- bis zur geradezu lächerlich aggressiv angepriesenen Alkoholsucht gibt, dann muss es doch im Umkehrschluss auch eine Gegenseite geben. Und ganz ehrlich, ohne arrogant und altklug sein zu wollen, ich denke ich habe dieses „Geheimnis“ entdeckt. Heute früh bin ich aufgewacht und ich fühlte mich besser als nach einem Orgasmus, so wundervoll tiefen entspannt und erholt, aber anders als nach dem Sex war es eben noch besser, weil all meine Energie noch da war. Und dabei habe ich keine Wunderpille eingeworfen, sondern schlicht und ergreifend erholsam ausgeschlafen. Hätte ich am Abend davor auch nur ein kleines Glas Bier getrunken, ich hätte sehr schlecht geschlafen. Das bisschen Rausch ist mir keinen Kater wert. Und so meine ich: Wer ohnehin glücklich mit seinem Leben ist und Strategien hat wie Humor, Stress abbauenden Sport, Meditation oder was auch immer hilft, der braucht keinen Alkohol. Ohne absurden Leistungsdruck keine „Ventile“ wie Hooligans oder biedere Angestellte, die am Ballermann „die Sau rauslassen müssen“. Und ohne Doppelmoral und Verklemmtheit würde ein Großteil der Geschäftsgrundlage für Prostitution entfallen. So, wieder ein Problem gelöst. Auf dem Papier. In weniger als 24 Minuten. Absolute Kontrolle über die komplexesten Themen. Das ist eine Sache, die mir am Schreiben sehr gefällt. Ich bin Herrscher über Zeit und über jede Welt, die ich erschaffe. Autoren sind Gott. Großartig! Um so wichtiger sind Kritiker, damit die Bodenhaftung dann doch nicht verloren geht. Wie im alten Rom flüstern sie dem Kaiser ins Ohr. Zwar selten: „Bedenke, dass du sterblich ist“, sondern eher Sachen wie: „Bitte, bitte schau stärker auf Rechtschreibung und Grammatik“ oder auch: „Denkst Du wirklich, dass Schreiben das richtige Hobby für Dich ist?“.
 



 
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