Balkonnächte

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LilaWolken

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Sie fuhr wieder mit dem Fahrrad den selben Weg nach Hause. Wie jeden Tag, oder zumindest jeden Tag, der kein Samstag oder Sonntag war und an dem sie nicht wieder eine dieser nervigen Grippeinfektionen erwischt hatte. Den selben Weg zurück von der Schule, nur heute alleine, anders als an den meisten Tagen, an denen eine ihrer Freundinnen dabei war, die heute wegen eines "wichtigen" Termins schon früher gefahren war. Aber eigentlich mochte sie es sowieso, sich einfach mal nicht zu unterhalten, das Alleinsein zu genießen und die Details der Straßen, der Häuser und Vorgärten zu entdecken. Das Treiben der Menschen zu beobachten, Autofahrer, die mit gestresstem Blick auf die rote Ampel blickten, oder Schüler, die sich gegenseitig anfeuernd noch versuchten ihre Straßenbahn zu erwischen. Ihr gefiel es, zu trödeln. Sie hatte ja an diesem Tag ohnehin nicht mehr vorgehabt, etwas zu unternehmen, obwohl es Freitag war und einige ihrer Freundinnen sie gefragt hatten, ob sie den Abend nicht gemeinsam im Kino verbingen wollten. Aber ihr war heute einfach nicht danach.
So kam sie zuhause an, stellte ihr Fahrrad in den Vorgarten und ihr fiel auf, dass die Hecke vor dem Haus frisch geschnitten war. Sie ging die Treppen hinauf in den vierten Stock, langsam, der lange Schultag hatte sie nicht unberührt gelassen. Anders noch als vor einigen Jahren, als sie und ihre Eltern hier eingezogen waren, hatte sie sich mittlerweile einigermaßen an die vielen Stufen gewöhnt. Ohne sich die Schnürsenkel aufzubinden zog sie sich ihre Schuhe aus und schloss die Wohnungstür auf. Ihre Mutter arbeitete noch, ihr Vater wohnte schon seit einiger Zeit nicht mehr hier. Sie musste hinnehmen, dass ihre Mutter sich trotz gar nicht allzu großem Streit hatte scheiden lassen. Aber sie konnte es ihr auch nicht übel nehmen, ihr Vater war einfach schon immer eine komplizierte Person gewesen. An manchen Tagen etwas unberechenbar und wegen Nichtigkeiten schnell gereizt. Es waren diese vielen Kleinigkeiten gewesen, die ihre Mutter so viel Kraft gekostet hatten.
Mit einem Seufzer legte sie sich ins Bett. Nach einiger Zeit von sinnlosem herumgescrolle auf ihrem Handy holte sie sich ihre Kopfhörer aus der Komode in ihrem Zimmer und legte sich wieder auf ihr Bett. Die Musik tat gut, sie half ihr gegen diese Kopfschmerzen, die sich häufig im Verlaufe des Tages aufbauten. Sie kam zum Nachdenken, wie so oft in den letzten Monaten. In der Schule lief es längst nicht mehr so gut wie früher noch und außerdem plagten sie immer öfter auch andere Gedanken. Rund um ihren Vater oder auch ihre Freunde.
Manchmal glaubte sie, niemand war der, für den sie ihn wirklich hielt. Manchmal wünschte sie, es wäre zwischen ihren Eltern einfach anders gelaufen. Und manchmal lag sie genau hier, in ihrem Bett, und dachte darüber nach, wer wohl ernsthaft um sie trauern würde, wenn sie jetzt, aus welchen Umständen auch immer, sterben würde. Die Zeit verging und ihre Gedanken drehten sich mehr oder weniger im Kreis. Je länger sie über diese Dinge nachdachte desto schlechter fühlte sie sich. Aber leider liefen in letzter Zeit viel zu viele Tage auf diese Weise ab.
Irgendwann bemerkte sie, dass sie ziemlich hungrig geworden war und enschied, sich eine Portion Nudeln zu kochen. Sie machte die Tüte vollständig leer, dadurch waren es etwas mehr als sonst, aber sie hatte ohnehin noch nichts gegessen nach der Schule. Während die Nudeln so vor sich hinkochten, erhielt sie eine SMS von ihrer Mutter und ihr fiel ein, dass sie über das Wochenende gemeinsam mit einigen Kolleginnen auf einen Campingurlaub gefahren war. Sie lächelte, zum ersten Mal heute, sie freute sich auf das Wochenende allein.
Wenn ihre Mutter manchmal nicht da war, übernachte sie auf dem Balkon, wenn der Wetterbericht es zulies. Ihrer Mutter gefiel das nicht, aber sie fand es schon immer schön, die Sterne im Himmel zu beobachten und die frische Luft zu genießen.
Sie holte sich eine Tüte Chips beim nächstgelegenen Supermarkt und verbrachte den restlichen Abend vorm Fernseher. Als sie langsam bemerkte, wie sie müde wurde, holte sie sich die Isomatte und den Schlafsack vom Dachboden und begann, sich auf dem Balkon für die Nacht einzurichten. Sie zog sich noch schnell eine Fliesjacke über, machte sich eine passende Playlist auf der niedrigsten Laustärke ihres Handys an und legte sich hin.
Sie schaute sich die Sterne an, und nach einiger Zeit verspürte sie es: dieses schöne Gefühl von innerem Frieden und Unendlichkeit, das Gefühl bei dem sie alle negativen Gedanken vergessen konnte, das Gefühl, das sie schon von vorherigen Übernachtungen auf dem Balkon kannte. Nach einiger Zeit fielen ihr langsam die Augen zu und sie schlief ein.
Es waren genau diese Balkonnächte, die sie so liebte.
 
G

Gelöschtes Mitglied 16391

Gast
Liebe @LilaWolken,

ohne dir zu nahe treten zu wollen, muss ich sagen, dass der Text mich nicht sonderlich gepackt hat. Ich möchte
dir kurz sagen, warum:

In sprachlicher Hinsicht wirkt der Text relativ lieblos und schnell heruntergeschrieben. Ein Störfaktor sind für mich die
vielen Füllwörter. Ein Beispiel:

Anders noch als vor einigen Jahren, als sie und ihre Eltern hier eingezogen waren, hatte sie sich mittlerweile einigermaßen an die vielen Stufen gewöhnt.
noch, mittlerweile, einigermaßen sind mE unnötige Füllwörter. Ich würde aus dem Satz zwei Sätze machen und schrieben: Nach dem Einzug war ihr das Treppensteigen immer schwer gefallen. Jetzt war sie die vielen Stufen gewohnt. Solche Sätze finden sich zuhauf in deinem Text.

Wenn ihre Mutter manchmal nicht da war, übernachte sie auf dem Balkon, wenn der Wetterbericht es zulies.
zuließ

Insgesamt plätschert der Text gemächlich vor sich hin. Das Ende ist ganz nett, aber er setzt sich nicht ab von anderer
Befindlichkeitsliteratur dieser Art.

LG,

CPMan
 



 
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