Begegnung (gelöscht)

Ich will den Text inhaltlich nicht schlecht reden, denn es steckt der Versuch darin ein sehr bekanntes (meditatives) Gefühl in Form von Bildern auszudrücken ( = symbolisch).

Indes sind mir zuviele Wiederholungen darin, die nicht nur syntaktisch (das wäre sogar gut = suggestiv), sondern leider auch bedeutungs-wiederholen, und dies ist dann allzu redundant.

[[red]Wir stehen unterm Gipfelkreuz [/red]unseres Lebens
in [red]verschiedenen[/red] Welten, zu [red]verschiedenen[/red] Zeiten.
[red]Eine Papierschwalbe trägt deinen Namen [/red]
[red]hinunter ins Tal[/red].
[red]Wir stehen unterm Gipfelkreuz [/red]und
sind uns seltsam nah.
[red]Eine Papierschwalbe trägt meinen Namen [/red]
[red]hinunter ins Tal[/red].

Sie werden sich begegnen,
dort, wo wir beide [blue](einst)[/blue] waren.]

Ich ganz persönlich finde das Wort "Gipfelkreuz" leider abstoßend, insbesondere in dem Zusammenhang, der hier in Frage käme, denn dieses Wort erinnert mich allzu sehr an "bayerische Idylle", AndreasHofer, die Oberkrainer Blasmusik und anderen schlimmen Kitsch.

Aus dem Text geht auch nicht hervor, ob sich die Papierschwalben finden werden, oder vielmehr die Namen - wäre Ersteres doch plastisches sich-Finden, das Letztere aber "Schall und Rauch".

Mein Aspekt der Sache "zwei finden sich" wäre sowieso genau gegenteilig (dynamischer als Papierschwalben, die Wind- = zufallsgetrieben sind):
Wie sich nämlich zwei in der nur vermeintlichen Kulmination ("Berg"weise) aktiver, illusionärer, autopoietisch-getriebener Verkennung zu finden meinen, und sich gerade dadurch ein Leben lang versäumen, weil sie nur sich selbst unter dem Bild eines anderen treffen.
Solange sie sich noch nicht illusionär-verkannt gefunden zu haben glauben, laufen sie zwar nur fremd nebeneinander her, haben aber wenigstens die beim Fremdsein aufrecht erhaltene Chance sich selbst und ein reales Gegenüber tatsächlich finden zu können (durch bewusstes sich-von-sich-selbst und sich einander Ent-Fremden).
Das emotionale "patsch-und sie kleben aneinander" (wie Wasserstoff- und KohlenstoffAtome) ist limbische Automatik, instinktgetrieben = "blind", und darin steckt eine Riesenportion von gegenseitigem Sich-ver-kennen = sich in Wahrheit unbekannt bleiben = lediglich in Form emotionaler Vorurteile sich illusionär zusammen-zu-kennen glauben - was, wie die Praxis zeigt, nur allzu oft erbärmlich schiefgeht, wenn nämlich die Anfangs-Attraktion nach kurzer Zeit dann wegfällt.

Falls sich also die "Papierschwalben" treffen sollten, werden sie sich aus mindestens drei Gründen nicht "erkennen", sondern sich gehörig ver-kennen:
(1) weil sie vom Wind zufalls-getrieben sind
(2) weil sich dann nur zwei "Namen" = Vorurteilskomplexe treffen
(3) weil Papier geduldig ist = auch jeden Unsinn pseudo-ernsthaft zirkuliert
 

NewDawnK

Mitglied
Hallo Waldemar,

rein technisch gebe ich Dir recht. Ich werde die Formulierungen überdenken. Danke!

Das sollte man nicht tun als Autor, aber ich möchte trotzdem kurz beschreiben, was ich mir bei diesem Text gedacht habe:
Das „Gipfelkreuz“ ist (für mich) nichts weiter als eine zusammengesetzter Begriff, bestehend aus zwei Metaphern: Das Kreuz als Symbol für das Leben, so ungnädig wie es nun mal ist - als ein ständiges Unter-einem-Kreuz-unterwegs-sein. Der Gipfel als die (unerreichbare) Idealvorstellung des Endlich-am-Ziel-angekommen-seins.
“Unterm Gipfelkreuz“ soll relativieren: Obwohl die Prots. glauben angekommen zu sein, befinden sie sich objektiv immer noch unter ihrem Kreuz, also mitten im Leben, und nirgendwo sonst.
Unter ihrem persönlichen Gipfelkreuz, das immer nur eine Zwischenstation sein kann, schreiben sie ihren Namen auf jeweils eine Papierschwalbe und lassen diese ins Tal hinunter segeln. Soll heißem: Sie werfen symbolisch ihren persönlichen Ballast ab, denn jeder Name steht (für mich) für eine Identität, d.h. für ein So-und-nicht-anders-sein-und-scheinen, für ein mehr oder weniger unabänderliches Festgelegtsein im Hier und Jetzt.
Ein Ich/ein Du ist alles das, was sich unter einem Namen subsumieren lässt - aber es ist gleichzeitig noch viel mehr. Und gerade dieses Mehr ist auf dem jeweiligen (Zwischen)Gipfel erfühlbar. Die emotionale Teilhaberschaft an diesem Mehr ist das, was meine Prots. als Verbundenheit erleben können. (Sich im Freisein von allem paradoxerweise verbunden fühlen – darauf möchte ich hinaus.)
Der Nachsatz soll die Unlogik, die in diesem Bild, das mit der Ratio allein nicht begreifbar ist, steckt, noch einmal unterstreichen: Natürlich werden sich die beiden Papierschwalben in der Realität niemals treffen, denn sie sind ja räumlich/zeitlich voneinander getrennt.

Der Text steht für das, was ich (unter anderem) unter Verbundenheit verstehe: Ein subjektives Zusammen-Denken von objektiv Getrenntem – nie mehr als eine Illusion - eine grandiose, räumlich/zeitlich Grenzen überschreitende Illusion immer dann, wenn die Beteiligten imstande sind auf ihren gemeinsamen menschlichen Nenner zu kommen oder ihn wenigstens zu erahnen.
Jede solcher „Begegnungen“ ist gewissermaßen ein Bestandteil einer viel umfassenderen menschlichen Sichtweise, bei der in letzter Konsequenz alles mit allem verbunden ist...

Danke Dir fürs Lesen und für Deine interessante Interpretation.

Schöne Grüße, NDK
 

Julia P

Mitglied
Hallo!

Ich sage gleich, ich habe die beiden vorangegangenen Kommentare nicht gelesen und schreibe hier nur meine direkten Eindrücke auf das Gedicht.

Ich finde es super. Die Zeilenschaltung nach der Papierschwalbe ist zum Hinknien schön. Auch unter der Szene insgesamt (Gipfelkreuz, fliegende Papierschwalben die sich kreuzen) kann ich mir sehr viel vorstellen. Einfach schön.

Ciao,
Julia
 



 
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