Beinahe ein Blason

5,00 Stern(e) 1 Stimme

sufnus

Mitglied
Beinahe ein Blason

Ich setzte die Geliebteste
zusammen wie ein Mosaik
jetzt guck doch mal ich zauberte
dich einszweidrei ins Freie
versah auch optisch dich
von Kopf bis Fuß dann machte
ich rasch uns beiden Licht
und fertig war das Angesicht

und dabei sollte stets dein lieber Mund
nicht völlig unbesungen offen sein
für ein "na dann" (ich konnte es
ja selbst kaum glauben bis
ich ebendies hier lesen durfte)
da nimmts nicht wunder dass
in jedem Deiner Selfies
die Rettungsflöße trieben für
erblindete Poeten

und doch blieb stets
Dein Herz bedeckt
von thorakalen Hebungen
vorzüglicher Natur dies alles
nahm mich mit am siebten Tag
zu Anbeginn des Frühlings wie
Chronisten allgemein vermuten

was daraus folgte blieb so heißt es
ein Geheimnis für uns zwei
das ist so lange her dass es
nur beinahe wahr sein darf
und ob die Liebenden jetzt glücklich sind
entscheidet ihr ich bitt euch drum
seid also achtsam freundlich ohne Arg



-----

Erklärung:

Ein Blason ist eine alte, etwas aus der Mode gekommene literarische Form, bei welcher der Gegenstand des Gedichts oder Liedes (in der Regel eine geliebte Person) sozusagen gedanklich "dekonstruiert" wird und ihre oder seine (körperlichen) "Einzelteile" jeweils gesondert bedichtet werden, wobei oft recht kühne Metaphern Verwendung finden. Häufig liest man, dass diese Form in der frühe Neuzeit ihre Ursprünge hat, zunächst im Frankreich des 16. Jh., dann im elisbethanischen England, aber tatsächlich ist eines der bekanntesten und schönsten Blasons sehr sehr viel älter:

"Siehe, meine Freundin, du bist schön! Siehe, schön bist du! Deine Augen sind wie Tauben hinter deinem Schleier. Dein Haar ist wie eine Herde Ziegen, die herabsteigen vom Gebirge Gilead. Deine Zähne sind wie eine Herde geschorener Schafe, die aus der Schwemme kommen; alle haben sie Zwillinge, und es fehlt keiner unter ihnen. Deine Lippen sind wie eine scharlachfarbene Schnur, und dein Mund ist lieblich. Deine Schläfen sind hinter deinem Schleier wie eine Scheibe vom Granatapfel. Dein Hals ist wie der Turm Davids, mit Brustwehr gebaut, an der tausend Schilde hangen, alle Köcher der Starken. Deine beiden Brüste sind wie zwei Kitze, Zwillinge einer Gazelle, die unter den Lotosblüten weiden."
 
Zuletzt bearbeitet:

sufnus

Mitglied
Hi Chandrian!
Hier melde ich mich jetzt arg spät - dafür umsomehr mit Dank - zurück!
Ehrlich gesagt fand ich in der von Dir kommentierten Fassung die dritte Strophe auch ganz nett, war aber mit dem Gesamthabitus nicht so recht zufrieden.
Bis auf den Wechsel zur direkten Anrede ist die dritte Strophe auch weiter so geblieben wie sie war (ich hoffe also, Du bist noch ganz zufrieden mit dem Outcome ;) ) - sonst hab ich jetzt aber doch nochmal etwas dran herumgewerkelt.... ob es eine Verbesserung war.... ich denke... glaube... na - ich grübel noch.... :)
Vielleicht sollte ich auch den Begriff "Blason" noch erklären? Hm... ja... vielleicht besser. :)
LG!
S.
 



 
Oben Unten