Bekenntnis der Marlene O.
Als er in dieser Nacht zu mir kam, sah ich, er hatte getrunken. Er war leise hereingekommen, hatte nicht den gleichen Lärm gemacht wie sonst. Dabei waren heute die Nachbarn gar nicht da. Wo er sonst hereingepoltert war, schlich er nun durch die Tür und sein rechter Mundwinkel hing schief herab, wie nach einem Schlaganfall. Doch es war nur der Alkohol, wie jede Nacht.
Er kam auf mich zu. Ich war bereits zu Bett gegangen und sein Blick war verloren hinter den wässrigen Trinkeraugen.
Ich zog den Träger meines Nachthemdes hoch, der mir über die rechte Schulter geglitten war. Diese rechte Schulter, die noch die Spuren der letzten Nacht und der Nacht davor zeigten.
Auch diesmal holte er aus und ich schloss die Augen. Für einen Moment sah ich meine Tochter, sah, wie sie immer geweint hatte als kleines Kind, wenn der Vater sie und mich schlug. Sie war lange tot nun, beinahe zwei Jahre. Sie hatte es selbst getan mit einem Dolch. Mitten ins Herz hatte sie sich getroffen. Die Kinderseele war verwundet worden und die Seele der Erwachsenen, die sie hatte werden wollen, war nicht stark genug, das Alte zu vergessen.
Der Schlag kam nicht.
Ich öffnete die Augen und sah, wie er blicklos an mir vorbeiglotzte. Wo war er nur? Woran dachte er? An sie?
Ich wagte nicht, mich zu regen. Ich hielt den Atem an. Was würde heute geschehen?
Ein wenig wankte er, wie er da stand. Der Alkohol nahm ihm das Gleichgewicht und ich bemerkte den scharfen Geruch, der von ihm ausging. Mich ekelte und gleichzeitig war ich voller Mitleid.
Unendlich langsam drehte er den Kopf zu mir.
„Warum sie und nicht Du?“ flüsterte er.
Ich wagte nicht, zu antworten. Was auch hätte ich sagen sollen?
Hätte ich sagen sollen: „Du hast sie dahin getrieben? Du bist schuld!“
Sein wässriger Blick war traurig und als ich ihn erwiderte hielt er einige Zeit stand. Dann verzerrte sich sein Gesicht und der schiefe Mundwinkel zog sich unter Spannung gerade.
Jetzt würde er es wieder tun. Wahrscheinlich härter als je zuvor und noch ehe er ausholen konnte, griff ich nach dem Dolch, mit dem meine Tochter sich das Leben genommen hatte und der immer an meiner Seite war. Ich hielt ihn in der Hand, am Griff mit der ganzen Faust umklammert.
Er holte aus und verlor das Gleichgewicht. Weinen schüttelte ihn und er lag auf mir, als wäre er mein Liebhaber. So lag er lange und ich fragte mich, ob mir nicht auch Tränen kommen wollten. Doch sie waren versiegt.
Endlich raffte er sich auf, trat dabei grob mit seiner Handfläche in meine Magengrube. Er kniete über mir und wieder verzerrte sich sein Gesicht. Es war darin all die Qual der letzten Jahre zu sehen und auch der Hass. Der Hass auf mich, die für ihn nur noch einen Zweck hatte. Opfer seiner Wut zu sein - seiner Wut auf sich selbst und sein Versagen.
Dann holte er aus und schlug mich ins Gesicht. Ich schrie nicht. Ich hob nur den Dolch und stieß zu.
Als er in dieser Nacht zu mir kam, sah ich, er hatte getrunken. Er war leise hereingekommen, hatte nicht den gleichen Lärm gemacht wie sonst. Dabei waren heute die Nachbarn gar nicht da. Wo er sonst hereingepoltert war, schlich er nun durch die Tür und sein rechter Mundwinkel hing schief herab, wie nach einem Schlaganfall. Doch es war nur der Alkohol, wie jede Nacht.
Er kam auf mich zu. Ich war bereits zu Bett gegangen und sein Blick war verloren hinter den wässrigen Trinkeraugen.
Ich zog den Träger meines Nachthemdes hoch, der mir über die rechte Schulter geglitten war. Diese rechte Schulter, die noch die Spuren der letzten Nacht und der Nacht davor zeigten.
Auch diesmal holte er aus und ich schloss die Augen. Für einen Moment sah ich meine Tochter, sah, wie sie immer geweint hatte als kleines Kind, wenn der Vater sie und mich schlug. Sie war lange tot nun, beinahe zwei Jahre. Sie hatte es selbst getan mit einem Dolch. Mitten ins Herz hatte sie sich getroffen. Die Kinderseele war verwundet worden und die Seele der Erwachsenen, die sie hatte werden wollen, war nicht stark genug, das Alte zu vergessen.
Der Schlag kam nicht.
Ich öffnete die Augen und sah, wie er blicklos an mir vorbeiglotzte. Wo war er nur? Woran dachte er? An sie?
Ich wagte nicht, mich zu regen. Ich hielt den Atem an. Was würde heute geschehen?
Ein wenig wankte er, wie er da stand. Der Alkohol nahm ihm das Gleichgewicht und ich bemerkte den scharfen Geruch, der von ihm ausging. Mich ekelte und gleichzeitig war ich voller Mitleid.
Unendlich langsam drehte er den Kopf zu mir.
„Warum sie und nicht Du?“ flüsterte er.
Ich wagte nicht, zu antworten. Was auch hätte ich sagen sollen?
Hätte ich sagen sollen: „Du hast sie dahin getrieben? Du bist schuld!“
Sein wässriger Blick war traurig und als ich ihn erwiderte hielt er einige Zeit stand. Dann verzerrte sich sein Gesicht und der schiefe Mundwinkel zog sich unter Spannung gerade.
Jetzt würde er es wieder tun. Wahrscheinlich härter als je zuvor und noch ehe er ausholen konnte, griff ich nach dem Dolch, mit dem meine Tochter sich das Leben genommen hatte und der immer an meiner Seite war. Ich hielt ihn in der Hand, am Griff mit der ganzen Faust umklammert.
Er holte aus und verlor das Gleichgewicht. Weinen schüttelte ihn und er lag auf mir, als wäre er mein Liebhaber. So lag er lange und ich fragte mich, ob mir nicht auch Tränen kommen wollten. Doch sie waren versiegt.
Endlich raffte er sich auf, trat dabei grob mit seiner Handfläche in meine Magengrube. Er kniete über mir und wieder verzerrte sich sein Gesicht. Es war darin all die Qual der letzten Jahre zu sehen und auch der Hass. Der Hass auf mich, die für ihn nur noch einen Zweck hatte. Opfer seiner Wut zu sein - seiner Wut auf sich selbst und sein Versagen.
Dann holte er aus und schlug mich ins Gesicht. Ich schrie nicht. Ich hob nur den Dolch und stieß zu.