Bernds Chick to happiness

AutorTom

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Das ist Bernd. Bernd ist ein stinknormaler Mittvierziger. Der klassische Rewe-Familienvater.


Bei ihm gibt es das volle Programm: 40h Bürojob, Reihenhaus am Stadtrand, Verheiratet, 2 Kinder. Gabi und Uwe. Ja, seine Frau steht auf altdeutsche Namen. Seine Frau heißt übrigens Florentina. Die Gags könnt Ihr euch selbst ausdenken… dMir ist das zu naheliegend.


Bernd lebt also den Traum. Den Traum eines jungen Mannes Anfang 20. 43 Lenzen und verrottend in der Buchhaltung eines spießigen Vorstadtunternehmens. Aber was soll auch aus dir werden, wenn du BWL studiert hast…


Doch Bernd war nicht immer so. An der Uni war er der Macher. In amerikanischen Netflix-High-School-Serien wäre er der Quaterback. Blondes, geschmeidiges Haar wandte sich sanft um seine durchtrainierten Schultern. Und was war ein deutscher High School Liebling Ende der 90er? Natürlich, er war Zauberer. Als „Muscle Magic Bernd“ wetzte er in jeder Pause von Auftritt zu Auftritt. Als Kostüm schmiegte sich ein Übergrößen-Kaputzenpullover vom Kopf bis zu den Kniekehlen. Stets die Kapuze bis unter die Augen gezogen. Das sollte ihn mysteriös und geheimnisvoll erscheinen lassen. Was? Das ist beides das selbe? Nicht für Bernd. So beliebt er in der Schule auch war, so limitiert war seine Intelligenz. Er adaptierte sämtliche Wörter, die er beim nächtlichen fernsehen aufschnappte. Was sie letztendlich bedeuteten war reine Nebensache. Aus irgendwelchen Gründen fanden die Mädels der Uni Bernd ebenfalls mysteriös und geheimnisvoll. Ja, das selbe Problem wie bei unserem Kleinstadt-Copperfield. Dort scheint der Pachtvertrag mit der Intelligenzzentrale abgelaufen zu sein. Offensichtlich ohne widerruf.


Interessanterweise gab es genau einen Studenten seiner Stufe, den die Intelligenz nachhaltig geküsst hatte. Dieser hat in den USA Karriere gemacht und schrieb für eine erfolgreichen Sitcom, dessen Name mir leider entfallen ist. Dort nahm er sich Bernd als Vorbild und erfand einen Frauenschwarm mit Zaubertricks als Basis seiner Anmachversuche Wer findet sowas denn Ende der 2000er noch attraktiv oder gar witzig? So ein Blödsinn.


Jedenfalls war Bernd eines Tages des zauberns leid. Genug Münzen hinter Ohren hervorgeholt. Vorbei die billigen Kartentricks und keine Fesselspiele mehr! Na gut, beim letzen gab es tatsächlich noch das ein oder andere Comeback, wenn auch unter anderen Vorraussetzungen. Oder über, je nach dem.


Einige Tage wandelte Bernd ratlos umher, gefangen im Schoße der Umtriebigen. Wie treffe ich den Zahn der Zeit und hebe mich trotz dessen ab? Soll er etwa Fußballer werden? Vielleicht wird er eines Tages der neue Jens Jeremis. Nein, das war Ihm zu unrealistisch. Niemand könnte Jerejens (ja, so nannte er ihn wirklich!) jemals das Wasser reichen. Doch dann traf es Ihn wie ein Blitz. Wie Jeremis das Tor der Gegner. Er wird Rockstar. „Cooler als Campino bin ich allemal“ dachte er sich. Und was soll ich sagen… er behielt recht.


Er begab sich also auf eine epische Reise quer durch den Campus, stets auf der Suche nach seinen neuen Bandkollegen. Die Suche gestaltete sich in etwa so schwierig wie der Versuch der Blues Brothers, die Band wieder zusammen zu führen. Doch es gelang ihm, ganz ohne Drogentod eines Hauptdarstellers.


Er hatte seine Crew gefunden. Musikalisch auf Jimi Hendrix Level, doch ansonsten ähnelte das gemüht der Jungs eher einer schalen Milchtüte. Die perfekte Gruppe also, um als Bandleader hervorzustechen und die Groupies an sich zu reißen.


Schnell war auch der Name klar: ‚ChickenBells‘. Ganz klar. ‚Chicken‘, weil Bernd damit die Chicks anlocken wollte. Das war schließlich stets sein antrieb. Und ‚Bells‘, zu deutsch ‚Glocken‘ muss ich in Verbindung mit den Chicks nicht weiter ausführen.


Auch für das Wiedererkennungsmerkmal wurde gesorgt. Sie zogen sich auch an wie Hühner, ähnlich wie ‚Okillydokilly‘. Eine Band, in der alle Mitglieder aussehen wie Ned Flanders. Google it!


Tatsächlich waren die ‚Chells‘, wie die Fans sie liebevoll nannten, nicht ganz ohne Erfolg. Das musikalische Talent gepaart mit Bernds doch recht sanft anmutender Stimme erzeugte einen Sound, der den Puls der Zeit traf. Von kleineren Auftritten bis hin zu ersten Clubauftritten rockte sich das hühnchentastische Glockenquartett in die Herzen der Studierenden.


Ihr größter Hit „Sei meine Hells Bell“ landeten sie sogar in den Newcomer Charts des örtlichen Radiosenders ‚Rockantenne Schwatzingen‘.





Hier ein Auszug:





Sei meine Hells Bell:





„Ich war wie ein Bruder zu dir,


alles was du wolltest,


all das gab ich dir.


Durch die Hölle und zurück,


ich ging mit dir ein langes Stück.


Doch dann warst du nicht mehr hier.


Allein sitz’ ich vor meinem schalen Bier.


Ich will dich zurück, doch ich hab nur mein dickes Stück.


Nichts als mein langes, dickes Stück.





Komm mit mir durch die Hölle,


ich spiel’ die Glocken für dich.


Doch mein bestes Stück,


das willst du nicht zurück.


Zum Sound von AC/DC lernte ich dich kenn’.


jetzt lässt du mich stehen, nichts mit uns.


Du lässt mich verbrenn’ “






Ein wahrer Poet, dieser Bernd. Wirft man einen genaueren Blick zwischen die Zeilen, liest man heraus, das Bernd tief im inneren doch nicht dieser beinharte Frauenschwarm ist, für den alle ihn hielten. Letztendlich will auch er nur die eine finden. Die eine, die ihn auf den rechten Weg führt und mit ihm in den Sonnenaufgang reitet. Doch es ist nicht irgendeine. Es ist DIE EINE. Einmal dürft Ihr raten, wer gemeint war. Nein, nicht Heidi Klum…


Seine heutige Frau Florentina. Ihr erinnert euch, die rassige Italienerin mit einem fable für altdeutsche Namen. Florentina war die eine, die seine frühere ‚Muscle Magic Bernd‘ Phase abstoßend fand. Was will sie mit einem Typen, der aussieht wie Mickey Mouse in


‚der Zauberlehrling‘. Insgeheim war sie auch der Grund für Bernd, die zaubernde Kapuze an den magischen Kleiderhacken zu hängen. Wenn ich euch nun sage, dass Rock schon immer Florentinas Leidenschaft und AC/DC ihre absolute Lieblingsband war, fällt es euch wie Schuppen von den Augen. All die Chicks, all die Zauberassistentinnen, all das nur um der einen zu gefallen. Doch diese eine schien er am Ende nicht zu gefallen. Doch jetzt hatte er sie! Eine Rockballade als heimliche Liebeserklärung, welche dann auch noch im Radio läuft. Das muss der Schlüssel zu ihrem Herzen sein. So leicht machte es ihm Florentina jedoch nicht. 5 Alben und 12 EPs später waren es die Fans satt, immer wieder die gleichen AC/DC Anspielungen zu hören. Nach und nach sprangen die Chicks ab und die Glocken der ‚ChickenBells‘ klangen immer leiser und dumpfer. Doch Bernd blieb eisern dran, denn Florentina ist stets auf seinen Konzerten.


Bis zum Schluss, dem letzten Auftritt auf einer Verbindungsfeier, stand sie vor der Bühne und sang jeden Song mit. Nach diesem Konzert nahm Bernd die Hühnchenkapuze ab, verabschiedete sich vom Publikum und machte Florentina vor versammelter Mannschaft überraschend einen Heiratsantrag. Überwältigt von ihren Gefühlen verließ sie den Raum fluchtartig. Nach einer Romcom-esken Suche nach dem Glück fand Bernd sie spät in der Nacht auf einer Parkbank. Da war Florentina klar, er ist es. „All das hat er aufgenommen, nur um jetzt mit mir hier zu sein und ein einfaches ‚Ja‘ von mir zu hören.“ Und das sollte er auch bekommen. Nach einer beispiellosen Nacht waren die beiden nun verlobt und Bernd bekam das, was er wollte. Er konnte mit Florentina in den Sonnenaufgang reiten.
 



 
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